Das wirtschaftliche Umfeld für die Träger der freien Wohlfahrtspflege ist zunehmend angespannt. Bei den Beratungen über den Sozialhaushalt des Bezirks Unterfranken für das kommende Jahr standen denn auch die Schwierigkeiten der Dienstleister im Mittelpunkt der Aussprache.
Die Sozialhilfe ist eine Pflichtaufgabe der Bezirke, die diese stellvertretend für die Kommunen wahrnehmen. Dabei setzen sie auf freie Träger. Der Sozialhaushalt sieht im kommenden Jahr rund 523 Millionen Euro an Ausgaben vor, knapp sieben Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Aus dem Finanzausgleich des Freistaats erhält der Bezirk knapp drei Millionen Euro weniger.
"Bei uns wie auch bei Ihnen stehen die Menschen im Mittelpunkt", ließ Stefan Funk gegenüber den Vertretern diverser Einrichtungen keinen Zweifel daran, dass dies auch vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen mit ihm als Bezirkstagspräsident so bleibt. Der Bezirk werde sich auch weiterhin um geeignete Rahmenbedingungen bemühen, versicherte er.
Gerade diese stimmen nach Ansicht der Vertreter der freien Wohlfahrtspflege, die als beratende Mitglieder den Haushaltsberatungen beiwohnen, nicht mehr. Neben der Inflation und Energiekrise nannten sie den Personalmangel, aber auch falsche Vorgaben der Politik.
Die Bezirksgeschäftsführerin des Paritätischen, Kathrin Speck, sprach von einer aktuell "massiv schwierigen Situation" bei den Trägern. Die finanzielle Situation sei zum Teil dramatisch. Sie betonte: Bei den Zuschüssen des Bezirks handele es sich keineswegs um "Geschenke". Die freien Träger erbrächten Dienstleistungen, für die ansonsten der Bezirk oder die Kommunen einspringen müssten.
Den Bezirksräten sind die Schwierigkeiten bekannt. Es sei ein stilles Sterben von Einrichtungen zu beobachten, hieß es. Es entstünden kaum noch neue Betreuungsplätze, trotz wachsender Nachfrage würden ganze Gruppen geschlossen, bestätigte die Leiterin der Sozialverwaltung, Eva-Maria Löffler.
Gerade für Schwerstbetroffene hat dies Folgen, berichtete Wolfgang Trosbach, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe. Es sei schon vorgekommen, dass mangels Personal Betreute wieder in die Familien zurückschicken musste. Oft gelinge es nur noch mit Hilfe teurer Leiharbeiter, weitere Gruppenschließungen zu verhindern. Die Familien fühlten sich alleine gelassen.
Auch für die Träger hat dies Folgen. Diesen drohe, so Löffler, eine wachsende finanzielle Schieflage: "Wir stehen vor einem immer größer werdenden Dilemma." Sie versprach, mit den Trägern im Gespräch zu bleiben und nach Wegen zu suchen, um "das System am Laufen zu halten".
Die stellvertretende Behindertenbeauftragte Christina Feiler sieht erst den Anfang einer Entwicklung, die sich mit der bevorstehenden Pensionierungswelle der großen Jahrgänge verschärfen werde: "Wir müssen jetzt schon alle Hebel in Bewegung setzen und planen, wie wir uns umstrukturieren."
Neue Berechnungsgrundlage ist eine Belastung
In der Sitzung des Sozialausschusses stimmten die Räte für spürbare Erhöhungen in den Zuschussrichtlinien für Sachkosten- sowie Personalkostenzuschüsse an die Träger. Dies könne jedoch nur ein erster Schritt sein, hieß es von Seiten der freien Träger.
Eine weitere Belastung bedeutet die Umstellung der Berechnungsgrundlage für die vom Bezirk unterstützten Leistungsempfänger, die der Bezirk zum 1. Juli plant. Der Schritt sei unumgänglich, erklärte Löffler. Es gebe hierzu Gerichtsurteile. Im Bund sei die Umstellung bereits erfolgt. Nur Bayern hinke hinterher.
Knappes Geld: Bezirk verzichtet bereits auf Bauvorhaben
Der Bezirk prüft zwar weiterhin Einkommen und Vermögen der Antragsteller, die Leistungsberechtigten zahlen ihre Einnahmen jedoch direkt an die Einrichtungen. Bei den Trägern kommt dies nicht gut an. Sie sehen darin eine Aufgabenverschiebung vom Bezirk zu den Einrichtungen und befürchten, auf unbezahlten Forderungen sitzen zu bleiben.
Derweil verzichten die Träger derzeit auf neue Bauprojekte. Auffallend sind die geringen Ausgaben, die der Bezirk im Vermögenshaushalt für die Förderung von Baumaßnahmen vorsieht. Mit nur 306.000 Euro herrscht weitgehend Stillstand bei Neubauten oder Sanierungen.
2024 fördert der Bezirk nur noch zwei laufende Projekte in Maria Bildhausen im Landkreis Bad Kissingen und in Obermerzbach in den Haßbergen. "Es gibt mehrere Träger, die Projekte in der Pipeline haben", weiß die Leiterin der Sozialverwaltung. Sie erwartet, dass der Projektstau in den nächsten Jahren abgebaut wird: Bis 2036 müssen die Betreiber von Heimen und Pflegeeinrichtungen deutlich höhere Anforderungen des Gesetzgebers erfüllen und Einrichtungen entsprechend umbauen oder ersetzen.