
Ein gutes Dutzend ehrenamtlich engagierter Menschen versorgt in Würzburg jeden Monat mehr als hundert Tierhalterinnen und Tierhalter, die sich das Futter für ihre Lieblinge nicht leisten können. Durch Geflüchtete, die Haustiere mitgebracht haben, ist der Kreis nach dem russischen Angriff auf die Ukraine stark angewachsen, berichten die Mitglieder der "TierTafel Würzburg e.V.".
Als vierte Ausgabestelle der Tiertafel in Bayern hatte die inzwischen verstorbene Journalistin Gisela Schmidt, lange Jahre Gerichtsreporterin der Main-Post, den Würzburger Verein 2011 gegründet. Wie läuft die Arbeit heute? Ein Gespräch mit der Vorsitzenden Birgit Neugebauer-Keß und Ausgabeleiterin Janina Geis zwischen gut gefüllten Tierfutter-Regalen in der Ausgabestelle des Vereins in der Wöllergasse 2.

Um uns herum sind ein knappes Dutzend Menschen aktiv. Was passiert hier gerade?
Birgit Neugebauer-Keß: Heute ist unser Vorbereitungstag für die nächste Ausgabe. Da wird das Trockenfutter für Hunde und Katzen portioniert und abgepackt. Wir haben eine Liste mit Größe und Gewichtsklassen, danach richtet sich die Menge des Futters für einen Monat. Außerdem werden die eingegangenen Futterspenden erfasst und eingeräumt und die Leckerli-Tüten für die Hunde gepackt.
Neugebauer-Keß: Teilweise wird Tierfutter gespendet. Wir bekommen aber auch Geldspenden, sodass wir pro Monat im Schnitt für etwa 2000 bis 2500 Euro Futter zukaufen können. In den letzten eineinhalb Jahren konnten wir aus finanziellen Gründen nicht alle versorgen und hatten eine Warteliste. Das ist jetzt zum Glück nicht mehr der Fall.
Janina Geis: Wir achten darauf, dass unsere Regale immer so gut gefüllt sind, dass genug Futter für zwei Ausgabetermine da ist. Nach einer Ausgabe sind die Regale mindestens zur Hälfte leer. Es ist keine Vollversorgung, aber in der Regel für jedes Tier genug Futter für vier Wochen. Inzwischen kommen auch immer mehr Anfragen nach einer Übernahme von Tierarztkosten, aber da können wir mit unseren Mitteln natürlich nur bedingt helfen.

Neugebauer-Kess: Wir haben knapp 200 gelistete Nutzerinnen und Nutzer mit etwa 260 Tieren. Unsere Ausgabe findet einmal pro Monat statt, dabei versorgen wir jedes Mal 100 bis 120 Menschen mit Tierfutter. Die meisten haben Hunde oder Katzen, einige Kleintiere sind auch dabei. Sie bekommen von uns einen Berechtigungsausweis, wenn sie die nötigen Nachweise vorlegen. Das Tier sollte möglichst gechipt, geimpft und kastriert sein und muss bereits angeschafft gewesen sein, bevor die finanzielle Notlage eingetreten ist.
Geis: Ihr Tier ist für viele Menschen ein Familienersatz. Wir wollen durch unsere Hilfe vermeiden, dass sie auch noch ihr Tier hergeben müssen, wenn sie in eine sozial oder finanziell schwierige Situation geraten sind und sich die Versorgung nicht mehr leisten können.
Neugebauer-Keß: Wir haben auch Nutzerinnen und Nutzer mit psychischen Problemen. Da ist das Tier oft ein Fixpunkt und hilft ihnen, ihr Leben zu bewältigen. Insgesamt hat der Bedarf in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Neugebauer-Keß: Das war bisher die größte Herausforderung. Die Zahl der Nutzer hat sich dadurch mehr als verdoppelt, es war logistisch und wegen der Sprachbarriere anfangs schwierig. Die Geflüchteten mussten auch erst lernen, dass wir mit unserem Budget sorgfältig umgehen müssen. Wir können nur Futter ausgeben, das wir gespendet bekommen oder zukaufen können. Inzwischen werden wir durch eine Dolmetscherin vom Verein Mrija unterstützt, vorher gab es teilweise lange Warteschlangen.
Geis: Einige denken, dass sie Anspruch auf bestimmtes Markenfutter haben. Wenn man ihnen dann erklärt, dass wir das ehrenamtlich machen und keine Zuschüsse wie zum Beispiel das Tierheim bekommen, verstehen die meisten, dass wir nur ausgeben können, was wir gespendet bekommen. Wir erhalten aber auch positives Feedback: Manche bringen uns selbstgemachte Marmelade oder eine Packung Brötchen, obwohl sie selbst nicht viel haben. Dadurch spürt man die Dankbarkeit.

Geis: Ich bin schon seit 20 Jahren im Tierschutz engagiert. Ich war schon immer ein Tiermensch und bin gelernte Tierheilpraktikerin. Bei der Tiertafel macht man etwas Sinnvolles und kommt mit tollen Menschen zusammen, die dieselben Interessen haben.
Neugebauer-Keß: Mein Antrieb ist, dass es den Tieren an nichts mangelt und einfach zu wissen, dass ihnen gut geht. Wir helfen Menschen, die sich die Versorgung ihrer Tiere nicht mehr leisten können. Das ist aber hauptsächlich ein Dienst am Tier. Und wir freuen uns über jeden tierischen Begleiter, der uns zur Ausgabe besucht und sich ein Extra-Leckeri bei uns abholt. Das ist für uns der schönste Dank.
Infos zur Tiertafel Würzburg gibt es unter Tel. 0176-306 464 44, per Mail an info@tiertafel-wuerzburg.de und online unter www.tiertafel-wuerzburg.de