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Würzburg
Für schnellere Impftermine wird getrickst und gedrängelt
Immer wieder versuchen Impfwillige, mit falschen Angaben einen früheren Termin zu ergattern. Aber nicht nur das nervt Impfzentren und Hausarztpraxen in Unterfranken.
Corona-Impfungen mit dem Impfstoff 'Comirnaty' von Biontech/Pfizer sind heiß begehrt. Aber auch um andere Präparate wird in Impfzentren und Praxen gerungen. 
Foto: Sebastian Willnow, dpa | Corona-Impfungen mit dem Impfstoff "Comirnaty" von Biontech/Pfizer sind heiß begehrt. Aber auch um andere Präparate wird in Impfzentren und Praxen gerungen. 
Andreas Jungbauer
 und  Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:47 Uhr

Der Druck in Impfzentren und bei Hausärzten bleibt groß. Drängler versuchen sich einen früheren Termin zu erschleichen, andere wollen ihren Zweittermin verschieben. Wie eine Abfrage bei den unterfränkischen Impfzentren zeigt, werden immer wieder falsche Angaben bei der Registrierung im Impfportal gemacht - für eine bessere Priorisierung.

Vor Ort fehlen dann häufig die Nachweise. Bestätigungen vom Arbeitgeber, Vereinen oder ärztliche Atteste sind aber vorzulegen. Geschehe dies nicht, "erfolgt keine Impfung", heißt es aus dem Landratsamt Main-Spessart. Häufig gebe es Diskussionen und Auseinandersetzungen mit den Abgewiesenen.

"Jeder Einzelfall muss abgewogen werden", so Simon Vornberger für den Landkreis Kitzingen. In einem Fall wurde dort sogar Anzeige wegen Urkundenfälschung erstattet. Auch im Schweinfurter Impfzentrum werden Angaben und Unterlagen der Impflinge genau geprüft. Bei offenkundigen Mängeln werde der Impfwunsch zurückgewiesen, sagt Stadtsprecherin Kristina Dietz. Eklatante Fälle lege man dem Ordnungsamt vor.

Wünsche nach schnellerer Impfung wegen Urlaub oder Hochzeit

Dabei sind Falschangaben nicht immer als solche zu erkennen. Atteste und Bestätigungen konsequent auf Echtheit zu überprüfen, übersteigt die Ressourcen und Kompetenzen der Impfzentren. Hinzu fordern manche Drängler mit Verweis auf einen Urlaub, eine Hochzeit oder berufliche Tätigkeiten unbegründet eine höhere Priorisierung. Täglich erreichen das Würzburger Impfzentrum derlei Anfragen per Mail oder über das Callcenter. "Derartige Wünsche werden von uns abgewiesen", stellt Landkreis-Sprecherin Eva-Maria Schorno klar.

Genervt sind manche Impfzentren von Bitten um Termin-Verlegungen. Dies betrifft vor allem die Zweitimpfungen: Seit der Gleichstellung von vollständig Geimpften mit negativ Getesteten wollen viele schneller ihre Impfung abschließen. Die Impfzentren haben mittlerweile aus dem Gesundheitsministerium die Order erhalten, nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe die Zweitimpfung zu verschieben. Denn der organisatorische Aufwand, um zugesagte Impftermine, -abstände und Impfstoff-Lieferungen aufeinander abzustimmen, ist groß.

Verschiebung der Zweitimpfung nur bei "triftigen Gründen"

Als "triftige Gründe" gelten eine Erkrankung, eine Operation, ein Reha-Aufenthalt oder ein Todesfall in der engeren Familie – nicht aber eine Urlaubsreise. "Die Hotline des Impfzentrums ist derzeit täglich mit Änderungswünschen konfrontiert", bestätigt Nathalie Bachmann, Sprecherin des Landratsamtes Bad Kissingen. Viele wollten ihre Zweitimpfung mit Astrazeneca vorziehen. Allerdings gelte hier für die Impfzentren weiterhin die Vorgabe eines Zwölf-Wochen-Abstandes.

Mindestens sechs Stunden täglich sei man allein mit Fragen zu Termin-Verschiebungen beschäftigt, heißt es aus Würzburg. Allerdings ist die Situation nicht überall gleich angespannt. Lediglich von "Einzelfällen" spricht Melanie Hofmann für den Landkreis Rhön-Grabfeld.

Und in den Hausarzt-Praxen? Dort kennt man in der Regel die Patienten schon länger, falsche Angaben fallen eher auf. "Manche bringen keine Bescheinigungen mit oder nur merkwürdige, die wir nicht akzeptieren können. Solche Patienten müssen wir zurückweisen", sagt Dr. Ralph Brath, Hausarzt aus Bad Kissingen und ärztlicher Leiter des dortigen Impfzentrums. Es handele sich aber nur um eine kleine Zahl.  

Fragwürdige Arbeitgeber-Atteste

Sein Schweinfurter Hausarztkollege Dr. Jürgen Schott kennt sie auch, die Drängler: "Das sind meistens bekannte Patienten, die auch sonst sehr fordernd auftreten". Und wenn es an Einsicht fehlt? "Notfalls bitten wir die Praxis zu wechseln." Dass Patienten auch in den Praxen mit teils zweifelhaften Bescheinigungen auftauchen, bestätigt Dr. Christian Pfeiffer aus Giebelstadt (Lkr. Würzburg), Bezirksvorsitzender des Hausärzteverbandes. Manche Arbeitgeber-Atteste seien fragwürdig. Immer wieder müsse er eine Impfung ablehnen, "weil wir keine Priorisierung sehen". 

Termin-Verschiebungen kommen auch in den Praxen nur im gut begründeten Einzelfall in Frage. Die Zweitimpfung mit Astrazeneca von zwölf Wochen vorzuziehen, hält Pfeiffer nicht für sinnvoll: "Wir impfen nach medizinischen Gesichtspunkten und nicht nach Urlaubswünschen". In seiner Praxis klingele derzeit das Telefon unaufhörlich. Man arbeite am Limit. Er bittet darum, die Praxen nicht zu bedrängen und – trotz mancher Impfenttäuschung: freundlich im Umgang zu bleiben.

 
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  • R. D.
    Das ganze Thema hat sich doch bald erledigt und alle die wollen und nicht wählerisch sind geimpft: 30% sind bereits geimpft, 30% wollen sich nicht impfen lassen und von den verbleibenden sind 50% wählerisch und wollen sich nicht mit Astrazeneca impfen lassen (ihnen ist die Impfung also in Wahrheit gar nicht so wichtig). Die paar verbleibenden Prozent haben wir sicher bald auch geimpft.
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  • R. D.
    Artikel heute in einem großen deutschen Magazin:
    Die Biontech-Hamsterer: Wie Ältere den Jüngeren den Impfstoff wegnehmen.
    Sehr interessant. Wenn mehr bereit wären sich mit Astra impfen zu lassen, würde es schneller gehen.
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  • H. A.
    @Einwohner
    Nein würde es nicht, bei meinem Hausarzt z.B. kommen nur mit Glück 9 Biontech Dosen pro Woche an, sonst nichts. Wenn man dann noch hört das die in Giebelstadt, die für den westlichen Landkreis zuständig sind, schon bei der Prio 3 sind, während man in Würzburg und den nördlichen Landkreisen noch nicht einmal die Prio 2 durch hat, da ist die Wut mittlerweile mehr als verständlich. Wenn man sich mal überliegt das fast 30 Millionen Bürger einmal geimpft sind, heißt es das mehr als die 60% selbst nach einem halben Jahr immer noch auf den ersten Picks warten. Wenn das also so weitergeht warten bis Ende des Jahres immer noch zig Millionen auf ihren ersten Picks. Und da will uns die Politik weismachen das es mit dem Impfen voran geht? Das sind Märchengeschichten aus 1001 Nacht.
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  • U. S.
    Hoffentlich bekommt jeder dieser Fälscher eine spürbare Strafe!
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  • M. S.
    Bei vielen liegen die Nerven mittlerweile blank. Dazu kommt, dass mittlerweile fast jeder jemanden kennt der sich eine Impfung auf fragwürdige Art und Weise erschlichen hat oder eben Glück hatte. Andere treibt die vom Staat verordnete Zweiklassengesellschaft um. Wiederum andere haben Angst ernthaft zu erkranken.

    Ich denke man kann nicht alle in einen Topf werfen und ob man es wirklich verwerflich finden sollte wenn sich jemand nachdrücklich und vielleicht auch mit Tricksereien um seine Gesundheit und seine Freiheit bemüht weiß ich nicht.

    Der Staat sorgt selbst für Ungerechtigkeiten (z.B. durch vorgezogene Betriebsimpfungen für alle obwohl anderenorts erkrankte Mitbürger warten). In so einer Situation kann man es wohl kaum jemanden verübeln wenn jemanden das Hemd näher als die Hose ist.
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  • W. S.
    Corona bringt in Gesellschaft und Individuum das Beste und das Schlechteste hervor. Bin mir sicher, dass die Überschneidung von einstigen Impfverweigerern und noch aktiven Maskenverweigerern (außer beim Erschleichen der Impfung) ist größer, als mancher sich vorstellen kann. Mieser Charakter bleibt mieser Charakter und der diesbezügliche Prozentsatz ist eine Humankonstante
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  • G. P.
    Der Bericht ist ein Spiegelbild unserer Ellbogengesellschaft. Es zählt nur "Ich" alles andere interessiert nicht.
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  • A. H.
    Da kann man nur dankbar sein, dass es wenigstens bisher durch die Priorisierung einigermaßen gesittet zuging!
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  • G. W.
    Die geschilderten Vorkommnisse lassen einen an der Menschheit zweifeln.
    Allerdings haben die euphemistisch als "Wiederherstellung der Grundrechte" bezeichneten Privilegien für Geimpfte da auch mit Schuld. Die Politik war nicht gut beraten, das so schnell und umfassend umzusetzen.

    Andere Seite der Medaille: Es wurden auch Personen geimpft, die trotz richtiger Angaben eine unberechtigte Einladung bekamen. Mir sind zwei solche Fälle in Unterfranken bekannt, Alter unter 40, keine Vorerkrankungen oder sonstige begünstigende Faktoren.

    All dies trägt dazu bei die Stimmung nachhaltig zu vermiesen. Andererseits nimmt niemand mehr das ungeheure Glück wahr, das wir haben, weil überhaupt Impfstoffe in so schneller Zeit entwickelt wurden und Deutschland - trotz allem Gemeckere - deutlich besser dasteht als viele vergleichbare Länder, von armen Ländern ganz zu schweigen.
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  • W. V.
    Mehr als 40 Prozent der Erstimpfungen gehen an Menschen unter 60. Bayern gibt leider keine Impfquote für unter 60 und ab 60 an. Aber andere Bundesländer tun es. Und da kann man nachrechnen. Bei den Arztpraxen ist das Verhältnis 3.780.261 zu 5.237.443 gleich 41,9 Prozent.
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  • M. D.
    Schön, wenn die Arbeit in einem Pflegeberuf auch einmal Vorteile hat: Erstimpfung mit Biontech im März, Zweitimpfung im April. Und das Impfteam kam ins Haus....
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  • G. W.
    Vorteil würde ich das nicht nennen, sondern die Erfüllung der absoluten Mindestanforderung. Das ist nur recht und billig.
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  • G. L.
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