Urnenbeisetzungen unter ausgewählten Bäumen sind kein bloßer Trend mehr, sondern fester Bestandteil der Bestattungskultur in Deutschland geworden. Kein Grabstein, keine Blumenpflanzung – in einer repräsentativen Online-Umfrage des Rheingold-Insituts zu Waldbestattungen im Auftrag der FriedWald GmbH gaben 92 Prozent der 1300 Teilnehmer gaben an, nach alternativen Bestattungsformen zu suchen.
Immer mehr Menschen entscheiden sich nicht dafür, sich auf dem örtlichen Friedhof beerdigen zu lassen. Aber, sagt Christine Bender, Geschäftsführerin des Bezirksverbandes für Gartenbau und Landespflege in Unterfranken: "Der Friedhof ist weit mehr als ein Ort der Trauer und der Toten. Er ist der Ort für die Hinterbliebenen, ein Ort für Kommunikation und er spendet Trost.". Das Angebot von Baum- und Rasenbestattungen dürften die kommunalen Friedhofsbetreiber deshalb nicht privaten Organisationen überlassen, meint Bender. "Sie sollten versuchen den Wünschen der Grabbesitzer entgegenzukommen."
"Wir müssen den Wandel mitgehen", sagt auch Manuel Kneuer, Bürgermeister von Gochsheim. Das Angebot in der kleinen Gemeinde im Landkreis Schweinfurt ist vielfältig: "Unsere Renner ist die Bestattung in den Rosenbeeten", sagt Kneuer. "Die Pflege der Rosen übernimmt nämlich die Gemeinde." Dazu hat der Gochsheimer Friedhof mittlerweile einen muslimischen Bereich. Das bislang einzige Grab dort ist nach Mekka ausgerichtet. "Das werden im Laufe der Jahre sicher mehr", ist sich der Bürgermeister sicher.
Wie hat sich die Bestattungskultur in Deutschland verändert?
Im Jahr 2022 wurden laut der Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen bundesweit 78 Prozent aller Bestattungen in Form einer Urnenbestattung durchgeführt. Der Anteil der Sargbestattungen ging auf 22 Prozent zurück. Zehn Jahre zuvor hatte der Anteil der Sargbestattungen noch bei 36 Prozent gelegen, Urnenbestattungen machten einen Anteil von 64 Prozent aus. Noch vor 60 Jahren betrug der Anteil der Urnenbestattungen lediglich 10 Prozent.
Warum entscheiden sich immer mehr Menschen für eine Feuerbestattung?
Der Preis spielt eine entscheidende Rolle bei der Wahl der Bestattungsart. So liegen im Krematorium "Feuerbestattungen Giebelstadt GmbH" im Landkreis Würzburg die Kosten für eine Einäscherung laut Leiter Johannes Chwalik bei 400 bis 600 Euro. Im Vergleich dazu kann ein Erdgrab das Vierfache kosten, wobei die Friedhofsgebühren bundesweit stark variieren.
Was bedeutet der Wandel für die Ortsfriedhöfe?
Der Bedarf an Friedhofsfläche für Bestattungen nimmt ab, große Familiengrabanlagen werden zunehmend aufgegeben. "Im Trend sind kleine, pflegeleichte oder pflegefreie Urnengrabstätten, bei denen noch Platz für eine Kerze oder Blumenschmuck ist", sagt Christine Bender, die sich seit vielen Jahren mit den Herausforderungen der Bestattungskultur beschäftigt. Auch die Nachfrage nach pflegefreien Grabformen steige.
"Die Anzahl der anonymen Bestattungen nimmt zu", sagt Markus Haberstumpf, Bürgermeister von Waldbrunn (Lkr. Würzburg). In seiner Gemeinde mit knapp 3000 Einwohnern gebe es kaum noch Bestattungen im Sarg. Urnengräber, also ein Platz in der Urnenwand oder auf dem Urnenfeld, würden dagegen stark nachgefragt.
Warum entscheiden sich viele Menschen für eine Waldbestattung?
Angehörige nicht zu belasten, das ist laut der repräsentativen Umfrage des Rheingold-Instituts für viele Menschen ein Grund, sich im Wald bestatten zu lassen. Hinzu komme eine Sehnsucht nach Natur und Ruhe, sagt Marktforscherin Sabine Loch: "Der Wald ist ein Ort, an dem es keine Hierarchien gibt. Hier sind alle gleich. Das gefällt den Menschen."
Auch Geld spiele für viele eine Rolle: So gaben 88 Prozent der Umfrage-Teilnehmer an, sich eine Bestattung in einem Friedwald eher leisten zu können als die Bestattung auf einem Friedhof.
Wie viele alternativen Bestattungs-Standorte gibt es in Unterfranken?
In Unterfranken gibt es laut Bayerischem Innenministerium insgesamt 14 Naturfriedhöfe (Stand November 2022), darunter die drei "FriedWald"-Standorte Zabelstein (Lkr. Schweinfurt), Rieneck (Lkr. Main-Spessart) und am Schwanberg (Lkr. Kitzingen). An den drei Standorten haben bisher 5200 Menschen ihre letzte Ruhe gefunden.
Seit fünf Jahren betreibt die Gemeinde Nordheim (Lkr. Kitzingen) den ersten bayerischen Friedweinberg. Dort kann die Asche Verstorbener unter Rebstöcken in biologisch abbaubaren Urnen beigesetzt werden. Seit Ende 2018 gab es Jahre im Nordheimer Friedweinberg über 80 Urnenbeisetzungen. 100 Ruhestätten haben Menschen aus ganz Deutschland reserviert.
Weitere Naturfriedhöfe in Unterfranken sind unter anderem der RuheForst Rhön in Zeitlofs (Lkr. Bad Kissingen), der RuheForst Maintal in Theres (Lkr. Haßberge), der RuheForst Südspessart in Stadtprozelten (Lkr. MIltenberg) und der Ruhewald Greußenheim (Lkr. Würzburg).
Wie viele kostet ein Urnengrab oder eine Baumbestattung im FriedWald?
Für viele Angehörige spielt die Grabnutzungsgebühr eine entscheidende Rolle: In Waldbrunn zum Beispiel kostet eine Einzelgrabstätte - ob Urne oder Sarg - 900 Euro (Doppelbelegung), ein Familiengrab kommt auf 1350 Euro (vier Belegungen) für eine Ruhefrist von 15 Jahren.
Einen Platz am Gemeinschaftsbaum im FriedWald gibt es ab 590 Euro, hinzu kommen Beisetzungskosten in Höhe von derzeit 450 Euro. Die Preis für einen Einzel- oder Partnerschaftsbaum liegen mit 2890 Euro und mehr wesentlich höher. Die Gebühren beziehen sich auf eine Ruhezeit von 20 Jahren.
Wie bleibt der Ortsfriedhof auch in Zukunft erhalten?
Städte und Gemeinden tragen eine besondere Verantwortung für den Erhalt des Kulturguts Friedhof als Teil ihrer kommunalen Daseinsvorsorge, meint Christine Bender. Der Friedhof sei auch ein Ort der Erholung. Bäume könnten Schatten spenden, dazu gebe es Sitzmöglichkeiten. In Großstädten wie Berlin und Hamburg gibt es bereits Cafés auf Friedhöfen, berichtet die Bezirksgeschäftsführerin für Gartenbau und Landespflege. Für sie ist ein Grab nicht nur die letzte Ruhestätte, sondern auch ein Ausdruck persönlicher Wertschätzung und ein Andenken an den Verstorbenen.