Seit dem Messerangriff Ende Juni in Würzburg mehren sich Stimmen, die einen engeren Informationsaustausch von Behörden und psychiatrischen Einrichtungen fordern. So auch bei einer Wahlkampfveranstaltung des Bundestagsabgeordneten Paul Lehrieder (CSU) am Dienstagabend in Würzburg, an der neben Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) der Terrorismusexperte Peter Neumann teilnahm.
Neumann, der im Wahlkampf CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet unterstützt, erklärte mit Blick auf den Messerangriff: "Wir brauchen eine bessere Vernetzung von Psychiatrien und Sicherheitsbehörden." Schuchardt bedauerte, dass es hier "eine Lücke" gebe, "die wir als Kommune nicht schließen können".
Früherer Polizeipräsident: Polizei erfährt nichts von Freilassungen
Der 24-Jährige, der am 25. Juni in der Würzburger Innenstadt drei Frauen getötet und mehrere Menschen teils schwer verletzt hatte, war laut Recherchen dieser Redaktion drogenabhängig, hatte wahnhafte Störungen und war in den vergangenen drei Jahren bereits fünf Mal zur Behandlung in der Psychiatrie, zuletzt kurz vor der Tat in Würzburg. Jedes Mal kam er wieder auf freien Fuß, da er nach Einschätzung des Klinikpersonals keine akute Gefährdung für sich oder andere darstellte.
Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang eine Wortmeldung des ehemaligen unterfränkischen Polizeipräsidenten Gerhard Kallert, der an der Veranstaltung als Zuhörer teilnahm. "In Unterfranken gibt es pro Jahr über 2100 Einweisungen in Bezirkskrankenhäuser, das sind etwa sechs pro Tag", rechnete er vor. Meistens würden die Betroffenen von der Polizei in die Einrichtungen gebracht und würden wenig später wieder entlassen.
"Wenn die Personen aber wieder freigelassen werden, erfährt das weder die Polizei noch das Ordnungsamt", so Kallert weiter, der kurz nach dem Messerangriff altersbedingt in den Ruhestand verabschiedet worden war. Der Datenschutz stehe dem entgegen. Auch ob die Patientinnen und Patienten verordnete Medikamente einnehmen oder nicht, werde nicht kontrolliert. "Man müsste alle paar Monate schauen, wie es den Leuten geht", forderte Kallert.
Neue Täterprofile zu spät erkannt
Experte Neumann wies auf ein weiteres Versäumnis hin. Sicherheitsbehörden hätten "nicht schnell genug neue Tätertypen erkannt": etwa Einzeltäter mit schweren psychischen Vorerkrankungen oder Rechtsextremisten mit Migrationshintergrund und psychischer Vorbelastung, wie der Attentäter des Anschlags im Münchener Olympia-Einkaufszentrum 2016. Dabei seien solche "Phänomene schon seit bis zu sieben Jahren in der Wissenschaft bekannt", so Neumann.
Auf die Frage einer Zuhörerin, welche Rolle Frauenhass bei dem Messerstecher von Würzburg gespielt haben könnte, erklärte der Extremismusforscher: Frauenhass sei "Teil der islamistischen Ideologie", vor allem in den USA beobachte man aber auch, dass "frustrierte Männer, ihren persönlichen Frauenhass in eine Ideologie einbetten". Solche Männer seien oft "sehr aggressiv und gewaltbereit".
Unterdessen ist das Motiv des 24-jährigen Somaliers weiter unklar. Zuletzt hieß es vonseiten der Generalstaatsanwaltschaft München, es gebe keine neuen Hinweise, die den Verdacht eines extremistischen Hintergrunds erhärten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte gegenüber dieser Redaktion: Im Zuge der Ermittlungen werde noch "zu klären sein, ob die von Zeugen bestätigten islamistischen Ausrufe religiösen Überzeugungen oder psychischen Problemen zuzuordnen sind".
Gleiches beim Thema "Frauenhass". Warum tut Hr. Neumann so, als wäre das ein Problem nur von Nicht-Bio-Deutschen? Sogenannte "Incels" tummeln sich in Deutschland zuhauf!
Von einem Experten erwarte ich, neutral die Fakten zu beschreiben, und nicht partei-konform das Unerwünschte wegzulassen. Oder ist so etwas Voraussetzung dafür, in Laschets Zukunfts-Team zu kommen?
Hier darf über Einzelfälle kein Überwachungsstaat eingeführt werden, wie ihn sich manche Sicherheitsfanatiker und selbsternannte Sheriffs v.a. in der Union wünschen. Datenmissbrauch öffentlicher Datensätze hat es ja erst kürzlich wieder gegeben. Ich erinnere mich an Hessen und die Datenherausgabe aus der Polizei heraus.
Finger weg Ihr Populisten. Eine hundertprozentige Sicherheit wird es niemals geben, auch wenn Ihr das immer wieder versprecht und damit nur weitere Ängste erzeugt.