
Pulverdampf hüllt die Bühne ein, schwere Rösser stieben im Galopp über den Sand, die Ritter messen sich in hasardischen Schwertkämpfen. "Endlich wieder Geyer", entfährt es einer Zuschauerin in der Pause. Endlich kehrt der Bauernkrieg von 1525 zurück auf die Festspielbühne vor der Ruine des Giebelstadter Geyer-Schlosses. Nach zwei Jahren Corona-Pause und einem Ausritt ins Komödienfach feiert der erste Teil der Trilogie um Ritter Florian Geyer, den berühmtesten Sohn des Ortes, Premiere. Und obwohl die Episode schon 2016 erstmals bei den Geyer-Festspielen zu sehen war, ist doch vieles ganz anders als damals.
Unter dem Eindruck der Ideen von Martin Luther und anderen Vordenkern der Reformation begehren die Bauern im Frühjahr 1525 gegen die Unterdrückung und Ausbeutung durch Klerus und Adel auf. Ritter Florian Geyer schlägt sich auf die Seite der Aufständischen, nachdem er vergeblich Reformen gefordert und sich mit Fürstbischof Konrad von Thüngen (Rüdiger Scheer) und seinen Höflingen entzweit hat. Unter Geyers Führung gelingt es den Bauern, erste militärische Erfolge zu erzielen.

Soweit die Rahmenhandlung, um die herum Autor und Regisseur Renier Baaken seine opulente Inszenierung aufgebaut hat. Sie lebt von atemberaubenden Stuntszenen, einer vielköpfigen Statisterie und Nebenhandlungen, die immer wieder zum Schmunzeln einladen, etwa wenn sich die Mätressen des Fürstbischofs (Sandra Leber und Renate Schaumann) in den Haaren liegen oder ein Kölner Kaufmann im rheinischen Dialekt seine Reliquienschätze feilbietet.
Autor Renier Baaken befreit Florina Geyer vom Pathos des Volkshelden
In seiner Bearbeitung hat Baaken den Geyer vom Heldenpathos befreit, stellt ihn nicht als draufgängerischen Kriegshelden, sondern als bedächtigen Diplomaten dar, der Gewalt erst als letztes Mittel akzeptiert. Damit hat sich das Stück weit von Nikolaus Feys völkisch durchdrungener Vorlage entfernt und erinnert mehr an Gerhart Hauptmanns "Florian Geyer". Auch der Treueschwur von Geyers Gefolge – "Der deutschen Zwietracht mitten ins Herz" – ist diesem Drama entnommen. Tatsächlich spielen die historischen Wahrheiten für Renier Baaken nur eine Nebenrolle. "Wir machen hier keine Geschichtsstunde, sondern unterhaltsames Sommertheater", sagt er.

Der Atem stockt, wenn der beutegierige Truchsess von Waldberg (Gerhard Leber) mit seiner massigen Kaltblutstute im fliegenden Galopp über die Bühne fegt oder Erzbösewicht Wilhelm von Grumbach (Stefan Ebert) einen Schwerthieb gegen seinen Schwager Florian Geyer führt und diesen, wie es scheint, nur um Haaresbreite verfehlt. Eine beachtliche Leistung von Regisseur Baaken und Stuntchoreografin Rai Beinhölzl steckt hinter solchen Momenten – und eine gehörige Probearbeit der Laienspieler. Wenn dann auch noch Pyrotechniker Matthias Keller den Pulverturm in die Luft jagt und Gaukler Feuerfontänen übers Publikum speien, wird klar: Die Geyer-Saga hat auch nach drei Jahren Pause nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.
Die neue Geyer-Saga ist kürzer und temporeicher
Im Vergleich zur Uraufführung 2016 hat Baaken sein Stück auf knapp zwei Stunden Spielzeit eingekürzt, um ihm mehr Tempo zu verleihen. Nach der Premiere ist er zufrieden mit dem Ergebnis. "Diese Schnelligkeit gefällt mir sehr, es fetzt richtig, ich hab ein gutes Gefühl dabei", sagt er.

Und was sagt das Publikum? "Wenn man öfter da ist, begreift man irgendwann die Geschichte", scherzt eine Zuschauerin. Susanne Knorr aus Bieberehren hat ihre beiden Enkel zur Aufführung eingeladen. "Die nehmen das Mittelalter gerade in der Schule durch und ich hab gesagt, das müsst ihr euch anschauen", erzählt sie. "Die Action find' ich richtig gut", meint Anna Friedrich aus Ochsenfurt, "aber der Sexismus, der in dem Stück zum Ausdruck kommt, hat mir weh getan."

Rüdiger Scheer, Vorsitzender der Festspielgemeinschaft, ist zufrieden. "Das Stück erzählt zwar eine abgeschlossene Geschichte, macht aber auch die Handlungsstränge für die nächsten Teile auf", sagt er, "mal gucken, was im nächsten Jahr passiert". Am bitteren Ende kann aber auch er nichts ändern. In der Schlacht bei Ingolstadt am 4. Juni 1525 wird das Bauernheer von den Truppen des Fürstbischofs vernichtend geschlagen. Wenige Tage später stirbt Florian Geyer im Gramschatzer Wald durch Mörderhand. Aber das kommt erst im dritten Teil an die Reihe, 2025, wenn sich der Bauernkrieg zum 500. Mal jährt.