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Würzburg
Fleiß und Mut, Tatkraft und Demut: Vier Würzburger Oberbürgermeister sagen, was man für den Job mitbringen muss
Was sind wichtige Eigenschaften eines Oberbürgermeisters? Jürgen Weber, Pia Beckmann, Georg Rosenthal und Christian Schuchardt antworten unterschiedlich.
Die ehemaligen Oberbürgermeister Jürgen Weber, Pia Beckmann und Georg Rosenthal sowie Noch-OB Christian Schuchardt erklären, was sie für wichtige Eigenschaften eines Stadtoberhaupts sind. 
Foto: Foto Georg Wagenbrenner, Thomas Obermeier, Silvia Gralla | Die ehemaligen Oberbürgermeister Jürgen Weber, Pia Beckmann und Georg Rosenthal sowie Noch-OB Christian Schuchardt erklären, was sie für wichtige Eigenschaften eines Stadtoberhaupts sind. 
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 15.03.2025 02:35 Uhr

Martin Heilig (Bündnis 90/Die Grünen), Judith Roth-Jörg (CSU), Claudia Stamm (parteilos) und Eva von Vietinghof-Scheel möchten am 4. Mai OB von Würzburg werden. Aber was sollte eine Oberbürgermeisterin oder ein Oberbürgermeister für den Job eigentlich mitbringen? Das hat die Redaktion vier Menschen gefragt, die das wissen müssen. Die Würzburger Alt-OBs Jürgen Weber, Pia Beckmann und Georg Rosenthal sowie Noch-OB Christian Schuchardt nennen unter anderem Souveränität, Gestaltungswillen und Menschenkenntnis.

1. Jürgen Weber: Man darf nicht von allen geliebt werden wollen 

Oberbürgermeister Jürgen Weber eröffnet im Mai 2001 das Würzburger Weindorf.
Foto: Norbert Schwarzott | Oberbürgermeister Jürgen Weber eröffnet im Mai 2001 das Würzburger Weindorf.

"Er oder sie muss mit offenen Augen durch die Stadt gehen und die Probleme erkennen", beschreibt Ex-OB Jürgen Weber, was für ihn zu den Aufgaben eines OB gehört. Für ihn sollte ein Stadtoberhaupt also vor allem pragmatisch, tatkräftig und verantwortungsbewusst sein. Zudem sollte sich ein OB als Dienstleister sehen: "Man ist verantwortlich dafür, dass Probleme – kleine wie große – gelöst werden. Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, braucht es." Und welche Eigenschaften helfen dabei, Lösungen zu finden? 

Laut Weber, der von 1990 bis 2002 OB war, sind das: Entscheidungskraft und Gestaltungswillen – aber auch Offenheit. Denn: "Wer offen für die Meinungen anderer ist, nimmt diese bei der Lösungsfindung mit." Hilfreich sei auch, wenn man gegenüber sich selbst kritisch bleibe, sein Tun immer wieder hinterfrage und Verbesserungsmöglichkeiten suche.

Drei weitere Eigenschaften nennt Weber außerdem und erläutert sie: Kontaktfreudigkeit – "Man muss gerne unter die Leut' sein, hätte man früher dazu gesagt" –, Mut zu kämpfen – "Man kann auch mal verlieren, aber man muss es probieren" – und Souveränität – "Man darf nicht von allen geliebt werden wollen".

2. Pia Beckmann: Dem Affen Ego keinen Zucker geben 

Oberbürgermeisterin Pia Beckmann zeichnet 2002 im Ratssaal Kinder aus, die für Kriegsgräber gesammelt haben.
Foto: Theresa Ruppert | Oberbürgermeisterin Pia Beckmann zeichnet 2002 im Ratssaal Kinder aus, die für Kriegsgräber gesammelt haben.

"Man muss klare Ziele für die Weiterentwicklung der Stadt und ihrer Gesellschaft haben und dazu einen entschlossenen Willen, diese umzusetzen", sagt Pia Beckmann. Die 61-Jährige war von 2002 bis 2008 Würzburgs OB. Genauso wichtige Charaktereigenschaften wie Klarheit und Willensstärke sind für sie aber die Fähigkeit zu Selbstreflexion und Demut. Denn laut Beckmann bringt das Amt eine Gefahr mit sich: "Wer es innehat, dem setzt sich der große Affe Ego auf die Schulter." Damit "dieser Affe keinen Zucker bekommt", helfen ehrliche und kritische Gesprächspartner wie Freunde, Partner oder Mitarbeiter, "denen man auf Augenhöhe begegnet".

Sein Ego im Griff zu haben, ist laut Beckmann zum einen wichtig, weil man nicht sich selbst, sondern dem Wohl der Stadt verpflichtet ist. "Deshalb muss man manchmal auch über seinen Schatten springen können und auch über den Schatten seiner Partei." Zum anderen könne ein großes Ego beim Finden von Kompromissen stören. "Als Stadtoberhaupt muss man eigene Ziele verfolgen, aber gleichzeitig die Ziele anderer politischer Gruppierungen akzeptieren, denn diese vertreten ja auch Interessen von Teilen der Stadtgesellschaft."

"Statt in einem Kompromiss eine Niederlage zu sehen, sollte man ihn als die Lösung begreifen können, die alle mitnimmt", sagt Beckmann. "Wenn man so vorwärtskommt, wird das von den Bürgern honoriert."

3. Georg Rosenthal: Spaß an der 60-Stunden-Woche haben und Gegenwind aushalten

Oberbürgermeister Georg Rosenthal mit dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Africa Festivals 2008.
Foto: Theresa Ruppert | Oberbürgermeister Georg Rosenthal mit dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Africa Festivals 2008.

Georg Rosenthal, Würzburgs OB von 2008 bis 2014, nennt Kommunikationsfähigkeit als erste wichtige Eigenschaft. "Denn ein Großteil der Tätigkeit besteht darin, mit der Verwaltung, dem Stadtrat und den Bürgern zu kommunizieren." Um hier erfolgreich zu sein, muss ein Stadtoberhaupt laut Rosenthal "gut im Stoff sein" und "viele Akten lesen".

Der 78-Jährige galt zwar in der Verwaltung als "Arbeitstier", bezeichnet im Gespräch mit der Redaktion aber nicht Fleiß, sondern Gestaltungswillen als weitere wichtige Eigenschaft: "Wenn einem diese Arbeit Freude macht, dann sollte man sich in den relevanten Themen der Stadt gut auskennen."

Rosenthal nennt zudem einen Wesenszug, der für eine Oberbürgermeisterin oder einen Oberbürgermeister noch wichtiger geworden sei: Man müsse Gegenwind gut aushalten können, denn: "Wenn man gestalten und vor allen Dingen etwas verändern will, setzt man sich Widerspruch aus." Dieser wird heute teilweise deutlich aggressiver ausgedrückt als früher – Kommunalpolitiker sind Drohungen, Beleidigungen oder sogar Angriffen ausgesetzt. Rosenthal: "Wer Politik zu seinem Beruf machen will, sollte sich deshalb darüber klar sein, welcher gesellschaftlichen Wirklichkeit er begegnen wird."

4. Christian Schuchardt: "Freude am Menschen" haben und "die richtige Tonspur finden"

Oberbürgermeister Christian Schuchardt beim Anstich des Bierfasses beim Frühjahrsvolksfest 2023 auf der Talavera mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder.
Foto: Patty Varasano | Oberbürgermeister Christian Schuchardt beim Anstich des Bierfasses beim Frühjahrsvolksfest 2023 auf der Talavera mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder.

Für OB Christian Schuchardt ist entscheidend, "Freude an Menschen" zu haben. Diese brauche ein Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin, um offen auf Menschen zuzugehen. Freundlich, zugewandt und verbindlich solle man in diesen Begegnungen sein. "Aber ebenso muss man auch berechenbar und verlässlich sein und seine Positionen klar vertreten."

Als Verhandlungspartner solle man nicht schwach oder nachgiebig agieren, aber auch nicht emotional oder verbissen. Selbst wenn man angegangen oder provoziert wird, solle man "Contenance bewahren". Schuchardt: "Also sich zurückhalten können, um die richtige Tonspur zu finden." Ein OB solle Gespür mitbringen, Menschen und Situationen richtig einzuordnen. "Man muss Chancen sehen und Risiken abschätzen können."

Angesichts der Fülle von Themen sei wichtig, dass ein Stadtoberhaupt Sachkompetenz und Fleiß mitbringt, um sich in die Themen "reinzufuchsen". Genauso wichtig sei aber, dass er oder sie die Relevanz der Aufgaben richtig einordnet. "Man muss erkennen, um welche Details man sich kümmern muss und wo man eher generalistisch vorgeht." Ansonsten bestehe die Gefahr, sich "im Klein-Klein zu verlieren oder eben nur in der großen Linie unterwegs zu sein".  

Veranstaltungstipp: Zur OB-Wahl in Würzburg veranstaltet die Main-Post am Dienstag, 1. April (Beginn: 19 Uhr), eine Wahlarena mit allen Kandidierenden. Die Wahlarena findet im Vogel Convention Center statt, der Eintritt ist frei.

 
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Kommentare
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  • Roland Rösch
    Sehr gut ihre Aufstellung nun lesen sie mal im Archiv nach und werden sehe das nix großes verwirklicht worden ist was da aufgeführt worden ist,außerdem hat man viel Möglichkeiten für Förderung aus München nicht abgerufen . Eine haushaltlosen Zeit gab es ja auch noch . sich mal mit den Ergebnissen . Eine 1300 Jahr Feier ist auch falsch berechnet worden .
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  • Dietmar Eberth
    Ein paar Beispiele:

    Konsolidierung des städtischen Haushalts:
    "Zwei Jahre lang verweigerte die Regierung von Unterfranken die Genehmigung des städtischen Haushalts. Heute aber ist der Haushalt wieder verfassungskonform."
    https://www.welt.de/politik/article727280/Mit-der-Radikal-Kur-aus-der-Schuldenfalle.html
    ✔️

    Troglösung der Autobahn im Zuge des Ausbaus der Bundesautobahn 3 am Katzenberg
    " 570 Meter davon führt die Strecke durch einen Trog, bei dem zuerst die Seitenwände errichtet wurden und dann ein "Deckel" oben darauf gesetzt wurde."
    https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/a3-bei-wuerzburg-wie-es-um-die-arbeiten-steht-und-wann-das-ende-in-sicht-ist-art-10701045
    ✔️

    der Hochwasserschutz am Main
    "Die neue, drei Meter hohe und 100 Meter lange Hochwasserschutz-Mauer am Main.."
    https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/hochwasser-naturfassade-fuer-schutzmauer-art-3544593
    ✔️

    (aj)
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  • Roland Rösch
    Als Oberin hat Frau Beckmann so gut wie nix bewegt in ihrer Amtszeit für Würzburger. Das man Aussage von Frau Beckmann überhaupt was positives zu schreiben abgewinnen kann na ja wär’s glaubt.
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  • Dietmar Eberth
    "Zentraler Aspekt ihrer Amtszeit war die Konsolidierung des städtischen Haushalts. Daneben gab es einige politische Themen, die besondere Aufmerksamkeit in der Bevölkerungen fanden: Die am Bürgerentscheid gescheiterten Würzburg Arcaden [10], die Troglösung der Autobahn im Zuge des Ausbaus der Bundesautobahn 3 am Katzenberg [11], die mittelfristige Sicherung des Theaters, die Renovierung des Hauptbahnhofs, der Hochwasserschutz am Main, die Entwicklung am Mozart-Gymnasium [12], die Erweiterung des Congress Centrums, das 1300-jährige Stadtjubiläum 2004, der Umbau am Alten Hafen samt Modernisierung des Heizkraftwerks zur Nahwärmeversorgung der Stadt [13], die Neugestaltung des Mainufers, das umstrittene Forum am Markt im Zusammenhang mit der Sanierung der dortigen Tiefgarage sowie die Erneuerung der Zellerauer Mitte mit Quartiersmanagement und Sozialem Fokus. "
    https://wuerzburgwiki.de/wiki/Pia_Beckmann

    Können Sie bitte ein paar ihrer Kritikpunkte nennen?
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