"Ich bin sehr froh, dass wir wieder miteinander reden", sagt die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm über ihr Verhältnis zu Jürgen Weber. Der Alt-OB und WL-Stadtrat wird heute 75 Jahre alt. Weil er an seinem Urlaubsort gerade nicht zu erreichen ist, hat diese Redaktion mit einigen seiner langjährigen Weggefährten gesprochen.
Als Jürgen Weber 1972 das erste Mal in den Stadtrat gewählt wurde, war Willy Brandt Bundeskanzler. Heute ist das längst Geschichte, aber Jürgen Weber gehört immer noch dem Würzburger Stadtrat an.
Über zwei Jahrzehnte prägte Weber die Stadt: In den 80er Jahren als Bürgermeister und Kämmerer, von 1990 bis 2002 als Oberbürgermeister. In dieser Zeit setzte er zum Beispiel Akzente in der Verkehrsberuhigung und machte die Alte Mainbrücke und Domstraße zur Fußgängerzone.
Auch Grün in der Stadt war ihm schon als OB wichtig: Dass im Gewerbegebiet Ost heute so viele Bäume stehen, geht auf seinen Vorschlag zurück. In die Wege geleitet hat Weber mit seinem Baureferenten Christian Baumgart auch den Umbau des Alten Hafens und des Kulturspeichers. "Ich habe gerne mit ihm zusammen gearbeitet", erzählt Baumgart. "Was mich immer beeindruckt hat, ist seine uneingeschränkte Liebe zu Würzburg. Der hat er viel untergeordnet."
Jürgen Weber ist in der Sanderau aufgewachsen und hat nach der Schule in Würzburg Jura studiert. Schon früh hat er sich in der katholischen Jugendarbeit engagiert. "Das hat in mir die Leidenschaft geweckt, mich auch in der Politik für die Mitmenschen einzusetzen und mich um deren Sorgen zu kümmern", sagte Weber einmal in einem Interview mit dieser Redaktion über die prägende Zeit. Dabei lernte er Mitte der 60er Jahre auch seine Ehefrau Inge Pflüger kennen, mit der er drei Töchter und acht Enkelkinder hat.
Auch Parteifreundschaften wurden damals geschlossen. "Über die kirchliche Jugendarbeit wurden wir Freunde", erzählt Barbara Stamm. "Jürgen war damals schon ein zielstrebiger Mensch, der nach realisierbaren Lösungen suchte", erinnert sich der spätere langjährige Würzburger Bürgermeister Adolf Bauer, der Weber ebenfalls aus dieser Zeit kennt.
Diese Zielstrebigkeit, gepaart mit großem politischen Geschick, brachte Jürgen Weber in der Kommunalpolitik schnell voran: Als 26-Jähriger kam er für die CSU in den Stadtrat, mit 30 war er CSU-Fraktionsvorsitzender, mit 32 hauptamtlicher Bürgermeister und dann Kämmerer. Doch Weber wollte mehr.
Jürgen Webers Triumph und Barbara Stamms Trauma
Er wollte OB werden und als ihn seine CSU 1989 nicht zu ihrem Kandidaten machte, trat er mit einer eigenen Liste an. Dass Weber die Wahl dann 1990 haushoch gewann, ist Webers größter politischer Triumph. Und eine traumatische Niederlage für die CSU-Kandidatin. "Das war menschlich sehr schwer für mich", berichtet Barbara Stamm auch noch heute über einen harten Wahlkampf, in dem aus Freunden Feinde wurden.
"Wir haben uns zwar die Hand gegeben, aber nicht mehr miteinander geredet," sagt Stamm über die Zeit danach. 15 Jahre lang dauerte es, bis sie Weber bei einer Veranstaltung öffentlich verziehen hat.Seitdem gehen die beiden wieder normal miteinander um.
Doch auch Weber erlitt eine traumatische Niederlage: 2002 verlor er die Wahl gegen die unbekannte CSU-Stadrätin Pia Beckmann. Seitdem macht er als Stadtrat seinen Nachfolgern das Leben nicht immer leicht. "Seine Anhänger bewundern ihn für sein Wissen und sie mögen ihn, weil er nahe dran ist an den Leuten. Er hat Gegner, die halten ihn für konfus, ignorant und provinziell", schrieb der Journalist Wolfgang Jung in einem Portrait über den damals 67-Jährigen 2013. Die Beschreibung trifft es gut.
Weber kann ein hartnäckiger Streiter um die Sache sein. Dann konnte er auch "unhandlich werden" beschreibt das Christian Baumgart. Adolf Bauer weiß, dass Weber im Eifer des Gefechts aufbrausen kann, "aber er meint es nie böse". Und Willi Dürrnagel, der mit Weber 1972 in den Stadtrat zog, sagt, dass "er immer für seine Meinung gekämpft hat, aber auch andere gelten lassen konnte".
Auch die Autorin dieser Zeilen erinnert sich an Auseinandersetzung mit OB Weber. Wenn er sich über einen Artikel ärgert, greift er oft direkt zum Telefon. Aber er bleibt immer fair, nimmt Kritik nicht persönlich und ist nicht nachtragend.