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Würzburg
Neue Hoffnung und Geld im Kampf gegen Krebs: Warum der EU-Forschungsrat auf ein Team der Uni Würzburg setzt
Zum zweiten Mal bereits wird Martin Eilers mit einem Advanced Grant des ERC  ausgezeichnet. Was der Würzburger Biochemiker und sein Team mit den 2,5 Millionen Euro machen.
Biochemiker und Molekularbiologe Prof. Martin Eilers von der Universität Würzburg ist mit seinem Team einer krebserregenden Art von Proteinen auf der der Spur.
Foto: Thomas Obermeier | Biochemiker und Molekularbiologe Prof. Martin Eilers von der Universität Würzburg ist mit seinem Team einer krebserregenden Art von Proteinen auf der der Spur.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:48 Uhr

Wer einen "Advanced Grant" des Europäischen Forschungsrates (ERC) erhält, zählt definitiv zur Forschungsspitze auf dem Kontinent. Der Würzburger Biochemiker und Molekularbiologe Prof. Martin Eilers ist mit seinem Team an diesem Donnerstag bereits zum zweiten Mal nach 2015 mit diesem Preis ausgezeichnet worden. Dotiert ist er mit 2,5 Millionen Euro.

Entstehung von Krebs als Forschungsschwerpunkt

Es ist ein weiterer Meilenstein für die Krebsforschung in Würzburg. Eilers Erkenntnisse könnten in Zukunft die Behandlung verschiedenster Tumore verbessern. Es geht um das grundsätzliche Verständnis, wie Krebs das Immunsystem so häufig unterlaufen kann. Der 62-Jährige hat an der Uni den Lehrstuhl für Biochemie und Molekularbiologie inne, die Entstehung von Krebs ist seit vielen Jahren einer seiner Forschungsschwerpunkte. Spezialisiert hat er sich auf die so genannten MYC-Proteine.

Diese Krebsgene und ihre Proteine spielen, sagt Eilers, bei fast allen Tumoren eine zentrale Rolle. Entsprechend viel wird dazu geforscht, an die 50.000 Studien gibt es bereits. Aber noch versteht die Wissenschaft zu wenig, wie MYC-Proteine genau funktionieren und warum sie das Wachstum der Krebszellen so stark befeuern. Erst mit dieser Kenntnis können gezielte Therapien und Medikamente entwickelt werden.

Die Forscher der Uni Würzburg sind hier Eilers zufolge "weltweit mitführend". Die MYC-Krebsgene hätten es wirklich in sich, erklärt der Professor: Sie treiben das unkontrollierte Wachstum und den Stoffwechsel von Tumorzellen an. "Und sie helfen den Tumoren dabei, sich vor dem Immunsystem zu verstecken." Wie sie das schaffen?

Würzburger Entdeckung: Durchbruch für die Krebstherapie?

Die jüngste wichtige Entdeckung der Würzburger Forscherinnen und Forscher: MYC-Proteine lagern sich zu Hohlkugeln zusammen, die sich schützend um empfindliche Stellen des Erbguts legen. Zerstört man diese Kugeln, sterben die Krebszellen. Das Team um Martin Eilers und seinen Kollegen Elmar Wolf vom Institut für Biochemie und Molekularbiologie ist überzeugt, dass ihre Entdeckung ein "game changer" für die Krebsforschung ist, ein Durchbruch auf dem Weg zu neuen Therapiestrategien.

Dass die Tumorzellen für das Immunsystem sichtbar bleiben, wäre wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Immuntherapie. Sie unterstützt den Körper, die Krebszellen aus eigener Kraft zu bekämpfen und zu eliminieren.

Hinzu kommt: MYC-Proteinen fehlt es Eilers zufolge an "klarer enzymatischer Aktivität", die man unterbrechen könnte. Sie treten sozusagen ziemlich diffus auf. Am Würzburger Biozentrum entwickeln der Biochemiker und sein Team deshalb eine ganz neue Klasse von Medikamenten dafür. Erste vorklinische Studien mit großen Pharmafirmen laufen, sagt Eilers, eine eigene Firma wurde gegründet, "wir arbeiten nicht im Elfenbeinturm".

Von der Anwendung am Patienten ist man zwar noch ein Stück entfernt. Dennoch keimt die Hoffnung, dass mit den Forschungsfortschritten in einigen Jahren neuartige Therapien nicht für Erkrankungen des blutbildenden Systems, sondern auch bei so genannten soliden Tumoren zum Einsatz kommen. "Sie mit Immuntherapien angreifen zu können, das ist unsere Hoffnung und unser Ziel", sagt Eilers, der 2008 von der Uni Marburg nach Würzburg kam.

Blick in ein Labor am Biozentrum der Würzburger Uni: Biochemiker helfen mit ihrer Forschung am menschlichen Erbgut im Kampf gegen Krebs.
Foto: Daniel Peter | Blick in ein Labor am Biozentrum der Würzburger Uni: Biochemiker helfen mit ihrer Forschung am menschlichen Erbgut im Kampf gegen Krebs.

Im Blickpunkt hat er besonders Neuroblastome – Tumore des Nervensystems, vergleichsweise häufig bei Kindern und Jugendlichen – sowie Bauchspeicheldrüsen- und Hautkrebs. Es geht um Grundlagen, von der einmal große Gruppen von Patienten profitieren sollen. Im weiteren Verlauf könnte das Forschungsprojekt auch Eingang in den Würzburger Standort des Nationalen Tumorzentrums (NCT) finden.

Martin Eilers freute sich am Donnerstag jedenfalls riesig über den neuerlichen ERC Advanced Grant: "Das ist vor allem ein Erfolg für unser ganzes Team, für diesen Erfolg haben viele meiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen lange und hart gearbeitet. Und natürlich ist es auch eine Bestätigung für den Forschungsstandort Würzburg, er hat eine hohe Ausstrahlungskraft."

Weitere europäische Forschungspreise für das Team

Das Preisgeld von 2,5 Millionen Euro will der Forscher in vier neue Stellen und die Ausstattung stecken: "Das ist auch eine Chance für Nachwuchswissenschaftler."

Dass das Labor von Martin Eilers an der Uni Würzburg eine der weltweit führenden Adressen auf dem Gebiet der Krebsforschung ist, beweist auch Mitarbeiter Prof. Elmar Wolf: Er war 2017 mit seinem Antrag auf einen mit 1,5 Millionen Euro dotierten "Starting Grant" des ERC erfolgreich. Jetzt erhielt er nun einen "Consolidator Grant "und damit verbunden zwei Millionen Euro für seine Forschung. Auch bei ihm dreht sich laut Uni alles um die Entstehung von Krebs und um die Entwicklung potenzieller neuer Therapeutika.

ERC-Preise für Krebsforschung in Würzburg

Prof. Martin Eilers ist nach Chemie-Professor Holger Braunschweig und Physiker Prof. Laurens Molenkamp der dritte Wissenschaftler der Universität Würzburg, der bereits zum zweiten Mal nach 2015 mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet wird. Damals hatte er mit seinem Team nach Proteinen geforscht, die für Neuroblastome und andere Tumore des Nervensystems verantwortlich sind. 2015 wurde der Biochemiker auch in die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina berufen, seit 2022 ist Eilers Leiter eines Projekts im Exzellenzförderprogramm für etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Deutschen Krebshilfe. Für den ERC Advanced Grant 2022 gingen laut Uni 1647 Anträge ein, 218 wurden bewilligt – 37 gingen nach Deutschland, acht an vier bayerische Universitäten.
Quelle: Uni
 
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  • T. F.
    Ich wünsche Prof. Eilers und Team weiterhin ganz viel Erfolg....
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