zurück
Würzburg
Erfahrungsaustausch: Wie Klimaaktivisten Polizeigewalt erleben
Mit Demonstrationen endet am Samstag in Würzburg die "Kritische Einführungswoche". Bei den Veranstaltungen ging es auch um zivilen Ungehorsam. Sind Straßenblockaden geplant?
Das Bündnis 'KeinHektarmehr' demonstriert gegen die Rodungen für einen Steinbruch in Thüngersheim. Ein 'Systemwandel' forderten auch Aktivisten bei der 'Kritischen Einführungswoche'.
Foto: Thomas Obermeier | Das Bündnis "KeinHektarmehr" demonstriert gegen die Rodungen für einen Steinbruch in Thüngersheim. Ein "Systemwandel" forderten auch Aktivisten bei der "Kritischen Einführungswoche".
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:02 Uhr

Es ist eine Szene, die einem den Atem stocken lässt. Zwei Polizisten halten bei einer Klima-Demonstration einen jungen Mann mit Gewalt am Boden, sein Kopf liegt unter einem Einsatzwagen. Plötzlich rollt das Fahrzeug los. Im letzten Moment ziehen die Beamten den jungen Mann weg. Aus der umstehenden Menge sind erschrockene Schreie zu hören. Was, wenn die Polizisten nicht rechtzeitig reagiert hätten?

Der Vorfall ereignete sich im Mai in Wien. In Würzburg, im Kulturzentrum "Kellerperle", sind am Donnerstagabend Video-Aufnahmen davon an die Wand projiziert. Sie stehen am Ende eines Zusammenschnitts von verschiedenen Handyfilmen. Diese zeigen, wie Polizeibeamte Aktivisten bei Sitzblockaden in den Schwitzkasten nehmen und gewaltsam wegtragen. Bei einigen Bildern geht ein Raunen durch die Zuschauerreihen. 

Alternative zur klassischen Erstsemesterwoche mit Besäufnissen

Rund 50 Menschen, die meisten von ihnen in den Zwanzigern, sind in das Kulturzentrum im Studentenhaus gekommen, um sich über Repressionen gegen politische Aktivsten zu informieren. Auch der Münchner Klimaaktivist Anselm Schindler ist da und spricht über seine Erfahrungen mit der Polizei. Er ist der junge Mann aus dem Video.

Die Bilder zu sehen, lässt ihn immer noch nicht kalt. "Das geht nicht spurlos an einem vorüber." Ob er glaube, dass ihn die Polizei absichtlich unter das Auto gelegt habe, wird Schindler von einem Besucher gefragt. "Ganz zufällig" passiere so etwas nicht, meint Schindler. In jedem Fall sei das Vorgehen der Beamten "sehr brachial" gewesen. Die Gerichtsverhandlung in dieser Sache steht noch aus.

Der Abend, den verschiedene linke Gruppierungen auf die Beine gestellt haben, gehört zum Programm der "Kritischen Einführungswoche" für Studenten in Würzburg. "Die Idee ist, ein Alternativprogramm zur klassischen Erstsemesterwoche zu bieten, die normalerweise daraus besteht, dass sich Jugendliche in größeren Gruppen betrinken", sagt Thomas Palmai, einer der Sprecher der Projektwoche. "Wir bieten politische Inhalte, die auch kritisch damit umgehen, was in unserer Gesellschaft gerade vor sich geht."

Zum Abschluss der Woche sind am Samstag in Würzburg gleich drei Demonstrationszüge geplant: Uunter dem gemeinsamen Motto "#unverhandelbar" soll es um Menschenrechte, Klimagerechtigkeit und Gleichstellung gehen.

"Polizeigewalt ist Teil des Kapitalismus."
Anselm Schindler, Klimaaktivist

An der Organisation der "Kritischen Einführungswoche" und der #unteilbar-Demo sind rund 25 Gruppen wie die "Seebrücke Würzburg", "Keinhamehr" und die "Antifa Würzburg" beteiligt. Was haben sie für gemeinsame Interessen? Jährlich seien sechs Millionen Menschen durch die Folgen des Klimawandels zur Flucht gezwungen, sagt Palmei. Das hänge unmittelbar mit unserer CO2-Bilanz und unserer Wirtschaft zusammen: "Diese Punkte lassen sich sehr gut zusammenführen. Das haben wir als gemeinsamen Nenner."

Die Kritik am Verhalten der Polizei gegenüber Demonstranten ist der rote Faden des Abends in der Kellerperle. Es geht um Prügel, Beleidigungen und Schikane. "Polizeigewalt ist Teil des Kapitalismus", findet Anselm Schindler. "Die Spaltung in Arm und Reich ist nur mit Gewalt aufrechtzuerhalten." Umso mehr Menschen dagegen auf die Straße gingen, umso mehr Reibereien werde es auch geben. Zu den Vorwürfen befragt, teilt die Pressestelle des Polizeipräsidiums Unterfranken mit, dass sie sich nur zu konkreten Fällen äußern werde. 

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Heiligt der Zweck die Mittel?

Auch eine junge Frau der Gruppierung "Ende Gelände" Würzburg, die den Abend in der Kellerperle mitorganisiert hat, berichtet von Repressionen gegen Aktivisten. Ihren Namen möchte sie aus Angst vor einem Angriff auf ihre Person nicht nennen. Der "gezielte Regelübertritt" gehöre zum Konzept des zivilen Ungehorsams dazu, sagt sie. "Auch Rassismus und Apartheid waren gesetzlich verankert. Und wenn sich Menschen dagegen gewehrt haben, verhielten sie sich illegal." 

Motivation für Aktionen wie die Besetzung von Kohlebaggern oder Straßenblockaden sei, dass "wir vor einer ökologischen und humanitären Katastrophe stehen", so die Klimaaktivistin. Das legitimiere den zivilen Ungehorsam. Für die Würzburger Demonstration am Samstag seien dennoch keine Blockaden geplant. Das habe man der Polizei zugesichert, bestätigt KEW-Sprecher Thomas Palmai. "Und was wir sagen, das machen wir."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Corbinian Wildmeister
Beamte
Demonstranten
Demonstrationen
Fahrzeuge und Verkehrsmittel
Humanitäre Desaster
Klimaschutz
Polizei
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
Polizeigewalt
Polizistinnen und Polizisten
Sitzblockaden
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • T. N.
    Naja ,ich nenn das ,,rekrutieren´´der Erstsemester unter den Vorwand des Klimaschutzes.
    Auch ich habe die Doku im ZDF info gesehen. Sollten sich mal die Leute die für den Klimaschutz sind anschauen. War sehr interessant,hätte aber im ZDF mal gezeigt werden sollen. Aber da hätten es ja zuviele gesehen und vielleicht hätten sie dann eine andere Meinung zu den Klimademos in dieser Form!!!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. S.
    Wir haben einen Hinweis zu Ihrem Kommentar: Bitte belegen, an welcher Stelle wir Linksextremismus gutheißen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. S.
    @finoska
    Danke!

    Diese Meinungsmache ("Berufsdemonstranten", "Links-Grünen-Terroristen", ...) gilt bei manchen Leuten hier als Ausdruck ihrer Besorgtheit.
    Das ist nur das übliche Betriebsgeräusch im Forum.
    Gehört eben dazu.

    Falls hier tatsächlich Erstsemester mitlesen ...
    ... dann kennen sie bestimmt längst die Würzburger Wahlergebnisse.

    z.B.:
    https://www.wuerzburg.de/wahlen/Wahl-2019-05-26/09663000/html5/Europawahl_20_Gemeinde_Stadt_Wuerzburg.html

    https://www.landtagswahl2018.bayern.de/ergebnis_wahlkreis_erststimmen_stimmkreis_gesamt_aktuell_906.html

    Vielleicht haben manche gerade deshalb Würzburg als Studienort ausgewählt.
    .

    Herzlich Willkommen - und alles Gute zum Semesterbeginn!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. R.
    Herzlich Willkommen in Würzburg, liebe Erstsemester! Ich kann euch beruhigen: ein Großteil der Würzburger denkt anders, als die einschlägig bekannten "Kommentatoren" unter diesem Artikel. Sie sind nur eine Minderheit, also belanglos. Es sind immer dieselben, schaut euch die Anzahl der Kommentare an. Wer soviel Zeit hat, immer nur meckert und nicht selbst aktiv wird, dem ist nicht mehr zu helfen. Tolle Veranstaltung!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. F.
    Viel Zeit haben vor allem die als "Aktivisten" benannten Berufsdemonstranten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Die Erstsemester haben aber auch vielleicht anderes zu tun, als Ihren glorreichen Kommentar zu lesen.

    Und wer sich darüber moniert, dass man Dinge beim Namen nennt, nämlich dass linksautonome Gruppen versuchen, Studenten zu beeinflussen oder die Umweltbewegung zu unterwandern, ferner selbst mit Gewalt gegen Polizisten vorgeht, der entlarvt sich ganz schnell selbst ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Man kann die Vorgehensweise der Wiener Polizei durchaus verurteilen, aber Polizeigewalt (allgemein) als Teil des Kapitalismus zu bezeichnen, ist eine bodenlose Frechheit!

    Wenn es eine wirkliche Polizeigewalt gegeben hat, dann im Sozialismus, der Wunschgesellschaftsform mancher Veranstalter.

    In der DDR durfte man noch nichts mal ein staatskritisches Plakat hochhalten, da wurde man gleich von VP und Stasi einkassiert.

    Und das hier die linksautonome Antifa Mitveranstalter ist, schlägt dem Fass dem Boden!

    Wer bitte hat sich 2017 während des G 20 Gipfels in Hamburg mit der Polizei brutale Straßenschlachten geliefert!?

    Rechtsextreme!?

    Mitnichten!!!

    Es waren Linksautome, die jetzt der Polizei (überzogene) Gewalt vorwerfen!

    Dessen sollte sich bewußt sein, den diese "Veranstalter" vor ihren Karren spannen wollen.

    Im übrigen kam am Donnerstag in ZDF-Info eine sehr interessante Doku darüber, wie linke Gruppierungen versuchen, die Umweltbewegungen zu unterwandern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. S.
    Wird auch von den Demonstranten berichtet, welche die Polizei als Nazis, oder Bullenschweine beschimpfen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. E.
    Schon alleine die Tatsache, angebliche Missstände und den "zivilen Ungehorsam" inkl. der Übertretung von Gesetzen zu rechtfertigen mit dem Satz: "auch die Apartheid in Südafrika war gesetzlich verankert" zu begründen, lässt schon sehr tief blicken!
    Die Bundesrepublik von der Rechtsstaatlichkeit auf eine Stufe zu stellen mit dem Apartheid-System Südafrikas - das disqualifiziert und verunmöglicht jede sachliche Auseinandersetzung
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. B.
    Unter einer Tarnbezeichnung wie "...aktivisten", Kabarettist, Comedien, etc.,
    so meinen jene Leute, kann man sich alles erlauben. Den Rechsstaat ausnützen, demontieren und alles beleidigen was nicht der Chaotennorm entspricht, das geht nicht.
    Mit einer Selbstverständlichkeit wird der Polizei ein unrechtes Handeln unterstellt.
    Ohne Chaoten gibt es keine chaotischen Demonstrationen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. L.
    Über solche Chaoten zu berichten, das muss wirklich nicht sein. Schade für jeden Buchstaben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Ich bin sogar sehr froh darüber, DASS über diese Veranstaltung informiert wurde. Aber dass es nicht EINE kritische Frage gab, lässt mich erschaudern. Qualitätsjournalismus muss Distanz wahren und kritische Fragen stellen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Geht das Unrecht, die Gesetzesbrüche und die Gewalt nicht eher von diesen Links-Grünen-Terroristen (nein, das sind keine Aktivisten) aus?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. S.
    Ein Sammelsurium von linken Gruppen hat die Veranstaltung organisiert wird berichtet - es werden Gruppen wie die Antifa genannt die bekannterweise vor Gewalt auch nicht unbedingt zurückschrecken... - sicherlich waren hier weitere, möglicherweise gewaltbereite Linksextremisten anwesend.

    Es war sicherlich keine "Kuschelrunde" von Demokraten wie im Artikel suggeriert wird! - ich bitte die Mainpost zukünftig reflektierter zu berichten wenn es um Veranstaltungen von (teilweise) Extremisten geht!

    Man stelle sich den Aufschrei der Medien vor, wenn es sich hier um rechte Gruppierungen handeln würde, die so eine Veranstaltung anbieten!

    Extremismus - egal ob von rechts oder links oder von religiöser Seite hat in unserer Gesellschaft nichts verloren!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. L.
    Polizeigewalt sei Teil des Kapitalismus. Wer solch einen Unsinn von sich gibt, weist eine riesige Bildungslücke auf. Wie war das noch mal mit Polizeigewalt an der innerdeutschen Grenze? Wie viel Menschen wurden dort getötet? Wie viele Menschen wurden im Oktober vor 30 Jahren in Leipzig und anderswo in der so herrlichen „DDR“ verhaftet und drangsaliert? Sehr geehrter Herr Schindler: Holen Sie den Geschichtsunterricht nach. Das ist dringend notwendig. Und vorher sollten Sie sich nicht mehr öffentlich äußern. Zu Ihrem eigenen Schutz vor peinlichen Wissenslücken.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten