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Heidingsfeld
Ende einer Ära: Würzburger Traditionsschuhhaus Mechler steht nach 130 Jahren in Familienbesitz vor dem Aus
Die wirtschaftliche Entwicklung zwingt nun auch das Heidingsfelder Schuhhaus Mechler in die Knie. Warum das Unternehmen nach 130 Jahren Geschichte aufhören muss.
Muss nach 130 Jahren seine Türen schließen: das Traditionsschuhhaus Mechler im Zentrum von Heidingsfeld.
Foto: Daniel Peter | Muss nach 130 Jahren seine Türen schließen: das Traditionsschuhhaus Mechler im Zentrum von Heidingsfeld.
Sarah Gräf
 |  aktualisiert: 15.07.2024 20:41 Uhr

Nach knapp 130 Jahren muss Ende Mai das traditionsreiche Schuhhaus Mechler im "Städtle" Heidingsfeld für immer schließen. Nachdem das Geschäft über vier Generationen hinweg in Familienbesitz war, hatte Harald Trautenbach den Laden Anfang 2020 von Marliese Sperber, geborene Mechler, übernommen. Die Covid-Pandemie habe seinem Schuhgeschäft gar nicht mal so sehr geschadet, meint der gebürtige Heidingsfelder. "Das hätte man irgendwo gepackt. Aber dann kam der Ukraine-Krieg und die  Inflation."

Nach der Pandemie sei der große Ansturm ausgeblieben. "Anfang des Jahres hat das Bekleidungsgeschäft hier zugemacht, der Blumenladen ist in die Zellerau gegangen. Weniger Frequenz, weniger Leute auf der Straße, weniger los, das merkt man." Jetzt reiche es einfach nicht mehr aus: Das Schuhgeschäft sei nicht mehr wirtschaftlich und könne sich so nicht über Wasser halten.

130 Jahre unbeschadet überstanden: eine Reise durch die Geschichte des Schuhladens

Beim Besuch der Reporterin ist Marliese Sperber auch im Schuhgeschäft. Sie führte das Geschäft von 1993 bis 2020. Im Schuhladen hätte man die ehemalige Inhaberin aber schon immer angetroffen. "Ich bin da hinten in der Schuhschachtel geboren worden", scherzt sie. 1971 habe sie nach ihrer kaufmännischen Lehre bereits angefangen, maßgeblich am Schuhgeschäft mitzuwirken.

Das Traditionsschuhhaus Mechler in den 1950er Jahren.
Foto: Anton Mechler | Das Traditionsschuhhaus Mechler in den 1950er Jahren.

Stolz auf die lange Familientradition zeigt sie auf ein altes, etwas vergilbtes Bild, das links neben der Kasse im Laden hängt. Man sieht darauf Anton Mechler, der das Geschäft – damals noch in der Mergentheimer Straße – im Jahr 1896 gegründet hat. Mit Schuhwaren, Lebensmitteln und Zigarren starteten die Mechlers damals ins Unternehmertum. Als gelernter Schuhmacher hatte Anton Mechler auch eine Schuhmacherwerkstatt eingerichtet.

Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm die zweite Generation der Familie Mechler den Laden: Richard und Agnes Mechler. Während des Zweiten Weltkriegs trat mit Toni Mechler, dem Vater von Marliese Sperber, die dritte Generation, ins Geschäft ein. Den Krieg habe der Laden damals glücklicherweise relativ unbeschadet überstanden, so Marliese Sperber. Nach dem Krieg konnten die Mechlers deshalb als erstes Schuhgeschäft in Würzburg wieder Schuhe verkaufen – damals über Bezugsscheine.

1956 zog das Familienunternehmen in die Räume in der Wenzelstraße in Heidingsfeld. Seitdem war der Laden, der sich im Laufe der Zeit immer etwas gewandelt hat, nicht aus der Einkaufsstraße in Heidingsfeld wegzudenken. Zwischenzeitlich gab es in dem Geschäft auch eine Fußpflege und bis 1968 sogar noch Lebensmittel.

"Ich habe das mit Herzblut gemacht. Das Geschäft war die Hälfte meines Lebens."
Marliese Sperber, ehemalige Inhaberin des Schuhhauses Mechler 

2020 war es dann trotzdem so weit: Auf ein Leben im Dienste des Familienunternehmens zurückblickend, zog sich Marliese Sperber aus dem geschäftigen Leben als Inhaberin zurück. Nach mehr Zeit für sich und ihre Familie habe sie sich gesehnt. Als sie den Schuhladen nach vier Generationen in Familienbesitz in die Hände von Harald Trautenbach übergab, seien alle mehr als zufrieden gewesen.

Marliese Sperber (geborene Mechler) hatte den Schuhladen im Jahr 2020 nach Jahrzehnten der Familientradition an Harald Trautenbach übergeben.
Foto: Daniel Peter | Marliese Sperber (geborene Mechler) hatte den Schuhladen im Jahr 2020 nach Jahrzehnten der Familientradition an Harald Trautenbach übergeben.

Seit mehr als 30 Jahren kennen sich die beiden schon. Als Lehrling hat der damals junge Einzelhandelskaufmann im Salamander in der Spiegelstraße gearbeitet. Die Mechlers hätten Jahrzehnte mit dem großen Konzern zusammengearbeitet – die Familie und Trautenbach seien alte Bekannte, so Mechler. Man habe gequatscht, sich kennen- und wertschätzen gelernt.

Allzu enttäuscht über das Ende des Ladens ist Marliese Sperber trotzdem nicht. "Es tut mir weh, aber ich bin realistisch. Es nützt nichts." Sie sei zufrieden mit der Entscheidung Harald Trautenbachs und stehe hinter ihm, sagt sie. 

 
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Kommentare
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  • Jochen Bähr
    Sehr geehrter Herr Amend,

    ich weiß gar nicht was man zu Ihrem Kommentar sagen soll - er ist ein Tritt in den Allerwertesten für zig Tausende Klein- und Mittelständische Unternehmer hier in Deutschland. Viele sind froh, wenn Sie über die Runden kommen und für das Alter Vorsorgen können. Sie sprechen hier von einer kleinen Minderheit. Vielleicht möchten Sie über Ihre Aussagen mal nachdenken.

    Mit freundlichen Grüßen
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  • Harry Amend
    Wie gut das es derzeit viele Ausreden gibt um eine Schließung schön reden zu können. Fakt ist das die meisten die ein Geschäft übernehmen bzw. aufmachen den anderen Tag schon nur noch Dollarzeichen in den Augen haben. Zu Deutsch, reich werden Übernacht. funktioniert das nicht verkauft man verjubeln das Geld ohne an die Zukunft in 10 oder gar 20 Jahren zu denken. Genau diese Leute sind es dann die später jammern und die Politik verantwortlich machen, wenn sie nichts mehr haben und merken das man ohne Einkommen nicht unbegrenzt Geld ausgeben kann.
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  • Harald Trautenbach
    Hier wurde oder wird kein Geschäft verkauft. Es wird einfach nur geschlossen.Und das Geschäft sollte lediglich dazu dienen den Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Aber das ist in der heutigen Zeit sehr schwierig. Ich bin seit 35 Jahren in der Schuhbranche tätig und habe das auch aus Freude an dem Beruf gemacht.
    Das das Geschäft einen nicht reich macht, war schon vor der Übernahme klar, das war ja auch nie der Zweck, sondern das eigenverantwortliche Arbeiten. Und auch jetzt, wo wir schließen, jammere ich nicht, sondern werde meinen Weg weitergehen . Das Selbstständigkeit auch ein Wagnis mit offenem Ausgang sein kann war mir von Anfang an bewusst! Alles ist gut!
    Ich finde solche Kommentare, wie Ihrer, schon etwas befremdlich. Einfach was raushauen ohne die Menschen und ihre Situation dahinter zu kennen!
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  • Klaus Fiederling
    nur noch Schließungen - aufgeben wegen Altersgrenze - wie sieht Würzburg in 2 bis 3 Jahren aus, wenn überall traditionelle Geschäfte aufgeben? Immer mehr Handyläden oder Döner-Fressbuden? Würzburg war mal eine sehr gute und schöne Einkaufsstadt bis vor 15 Jahren.
    Die letzten Jahre ging vieles den "Main hinunter"! Armes, altes Würzburg.
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  • Jochen Bähr
    Wie Schade! Wir haben schräg gegenüber gewohnt und unsere Eltern habe uns Anfang/Mitte der 1970er Jahre dort die Schuhe gekauft:)
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