Keine 24 Stunden nach dem Urteil kommt Ronald Stahl zurück ans Justizzentrum nach Würzburg. Dort standen bis Mittwoch der 21-jährige Niclas H. und seine drei einstigen Kumpels vor Gericht. Der Jugendrichter und seine Schöffen kamen zu der Überzeugung, dass im April 2017 der stark betrunkene Niclas H. mit den drei anderen ebenfalls Betrunkenen an Bord Stahls Tochter Theresa überfahren hatte. Die 20-Jährige starb Tage später an den Verletzungen. Der Fahrer wurde nun wegen fahrlässigen Vollrauschs zu einer Geldstrafe von 5000 Euro und einem weiteren Jahr Fahrverbot verurteilt, seine drei Mitfahrer wegen unterlassener Hilfeleistung zu Geldstrafen zwischen 1000 und 2000 Euro. Für viele Prozessbeobachter kein angemessenes Urteil – so auch für Ronald Stahl.
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Es ist nicht das erste Pressegespräch, das der 51-Jährige an diesem Tag führt. Nachdem er am Mittwochmittag noch wortlos und den Tränen nahe das Gericht verlassen hatte, sucht er nun die Öffentlichkeit. Nicht weil es ihm Spaß macht, sagt er, sondern weil "ich mich meiner toten Tochter verpflichtet fühle".
Das Gespräch findet in Stahls Mini-Van statt. An der Seite prangt ein großer Aufkleber mit einem Pfeil – das Symbol der Aktion "Gegen Alkohol am Steuer". Theresas Familie hatte die Initiative kurz nach ihrem Tod ins Leben gerufen, um darauf aufmerksam zu machen, was Alkohol am Steuer anrichten kann. Was ging dem Vater bei der Urteilsverkündung durch den Kopf? "Dass da noch was kommen muss", antwortet er mit fester Stimme. Dieses milde Urteil gegen "einen Sturzbesoffenen" habe eine fatale Signalwirkung: "Man muss nur genug trinken und kann sich alles erlauben. Es ist ein Freifahrtschein", findet Stahl.
Theresas Mutter sieht das genauso. "Als das Urteil fiel, habe ich mich gefragt, wo da die Strafe ist", erzählt Elke Stahl, die die dritte schlaflose Nacht hinter sich hat, am Telefon. Und: Sie habe auch Zweifel, dass man mit dem Urteil dem alkoholabhängigen Unfallfahrer einen Gefallen getan hat. Auch der könne so nicht mit seiner Tat abschließen, weil er quasi "keine Strafe verbüßen" muss.
Im Mini-Van spürt man, dass es in Ronald Stahl brodelt. Auf die vier Verurteilten sei er nach dem Urteil zwar "nicht mehr und nicht weniger wütend". Er habe sich auch keine bestimmte Strafe für sie erhofft, aber "ein Urteil, das ich verstehen kann", sagt er, noch immer fassungslos. Selbst Richter Bernd Krieger hatte eingeräumt, dass man schon "einige Semester Jura" studieren müsse, um das Urteil zu verstehen. Später, erzählt Stahl weiter, hätten sich der Vorsitzende und seine Schöffen "persönlich bei uns entschuldigt", dass aus ihrer Sicht kein härteres Urteil möglich war.
Staatsanwaltschaft denkt über neues Gutachten zur Schuldfähigkeit des Angeklagten nach
Bemerkenswert dabei ist nicht nur, dass neben der Familie Stahl auch die Staatsanwaltschaft noch am selben Abend in Berufung gegangen ist, sondern dass sich die Direktorin des Amtsgerichts, Helga Twardzik, am Donnerstag gedrängt sieht, das Urteil in einer ausführlichen Pressemitteilung zu erklären. Das Gericht, schreibt sie, habe aufgrund des psychiatrischen Gutachtens nicht ausschließen können, dass Niclas H. "zum Zeitpunkt des Unfalls" aufgrund seines Rausches schuldunfähig war. So sei eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung nicht in Betracht gekommen. Was blieb war ein "fahrlässiger Vollrausch".
Schon im Prozess habe der Richter "den Gutachter ziemlich zerpflückt", findet Theresas Vater. Unterdessen erwägt die Staatsanwaltschaft ein neues Gutachten. "Wir warten die Urteilsbegründung ab. Unter Umständen werden wir ein neues Gutachten zur Schuldunfähigkeit des Angeklagten fordern", so Staatsanwalt Thorsten Seebach am Donnerstag auf Anfrage.
Viel Unterstützung für Aktion "Gegen Alkohol am Steuer"
Dem Richter macht Ronald Stahl jedenfalls keinen Vorwurf. Die Gesetzgebung sei Schuld. Elke Stahl hofft, dass sich die Gesetze ändern, "damit künftige Fälle gerechter beurteilt werden".
In den zurückliegenden 24 Stunden haben Theresas Angehörige "viele Reaktionen erreicht, die Kraft und Mut gegeben haben", sagen die Eltern. Ronald Stahl freut sich, dass "über Nacht über 300 E-Mails" eingegangen seien, in denen Menschen Aufkleber mit dem Pfeil und dem Schriftzug "Gegen Alkohol am Steuer" bestellt haben. Rund 40 000 dieser Aufkleber sind laut Stahl bereits im Umlauf.
Hinweis: Der Autor dieses Textes steht mit der Familie des Opfers in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis.
Eine Entschuldigung, ein Rausreden bzw. eine Schuldunfähigkeit darf es bei solchen Taten nicht geben!
einer darf ungestraft 2ooo Schweine krepieren lassen
schlimm genug
aber jetzt soll auch noch ein verursacher eines unfalls mit Todesfolge
und fahrerflucht frei gesprochen werden
hoffe die Eltern der tochter erhalten alle Unterstützung die es gibt
damit dieser Fahrer nicht mit einer Geldstrafe davon kommt
wünsche den Eltern weiterhin viel kraft
Bei "Volltrunkenheit "hätte der Autofahrer weder sein Auto gefunden, seinen Autoschlüssel nicht bedienen, den Motor nicht starten und seinen Heimweg nicht finden können.
Er hat diese Funktionen nicht bewusstlos machen können. Also war er dabei insoweit bei "Verstand" und damit nicht schuldunfähig.
Folge des Urteils kann sein, das in ähnlichen Fällen sich Unfallverursacher entsprechend rausreden können.
kann aber erst eingesetzt haben, NACHDEM er schon mit dem Auto zum Weinfest gefahren war und sich ein paar hinter die Binde gegossen hatte.
Nur: mMn fing das Problem schon in dem Augenblick an, als er mit dem Auto hingefahren ist und sicher nicht definitiv vorhatte, nur Limo zu trinken. Denn da war er (vmtl.) noch nicht unzurechnungsfähig und hat sich einfach einen feuchten Kehricht um irgendetwas anderes als seine werte Selbstbespaßung gekümmert.
Alleine schon dafür gehört ihm (zumindest bis zu einer erfolgreich absolvierten MPU) die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen wg. Mangels an charakterlicher Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges. Eigentlich müsste man da ja mMn schon vor der Erteilung jeder Fahrerlaubnis ansetzen - aber was in den USA der Schusswaffenbesitz, ist offenbar in D die Lizenz zum Heizen!
(Jedes Jahr über 3000 Verkehrstote, aber selbstgebackenen Kuchen darfst Du nicht mehr mitbringen wg. Bakteriengefahr... wers verstehen kann, verstehe es!)
ich habe vermutet, dass der Gut'ste zu den Zeitpunkt noch nicht vorgeglüht hatte, wo er losgefahren ist, denn sonst müsste man mit dem Beginn der Tat vor dem Beginn des Vorglühens ansetzen.
Dopeys haben im (öffentlichen) Straßenverkehr nix verloren, und wer es doch tut, gehört sofort und dauerhaft aus selbigem gezogen.
Es ist unendlich traurig, schlimm, und fürchterlich, wenn ein Mensch unverschuldet, durch das Komplettversagen eines anderen Menschen um's Leben kommt.
Da gibt es nichts zu rechtfertigen, nichts zu entschuldigen, nichts zu rechtfertigen.
Jeder Mensch am Steuer eines Fahrzeugs ist dazu befähigt, Menschenleben auszulöschen.
Nicht immer sind Alle in der Lage, Dieses nachvollziehen zu können.
All Diejenigen, die hier danach plärren, den Unfallverursachenden aufs Härteste
was die menschliche Vorstellungskraft hergibt,
zu bestrafen,
All Diejenigen müssen sich auch selbst fragen,
ob sie auf Milde und Barmherzigkeit hoffen würden, für den Fall, selbst einmal einen Fehler zu begehen,
oder ob sie selbst,
für sich,
absolute Härte und Gnadenlosigkeit einfordern wollten.
Niemand wird wieder lebendig,
wenn das Leben eines Anderen nachhaltig zerstört wird.
Theresa möge in Frieden ruhen, und die Angehörigen mögen, irgendwann, ihre Wut und Trauer überwinden.
Das Urteil ist schwachsinnig, auch wenn es der sogenannten Gesetzgebung entspricht!
Es geht auch um die feige Fahrerflucht!