
Gut, dass die Staatsanwaltschaft schnell Berufung gegen die milden Urteile im Eisenheim-Prozess eingelegt hat. Denn mit dem Ausgang fühlte sich außer den Verurteilten wohl niemand richtig wohl. Theresa Stahls Angehörige nicht, die Staatsanwaltschaft nicht, Prozessbeobachter nicht, selbst der Richter nicht. Warum? Weil sie als ungerecht empfunden wurden. Weil es die Öffentlichkeit empört, das – jedenfalls gefühlt – mit einer Geldstrafe und einem Fahrverbot ein ausgelöschtes Leben aufgewogen wird. Und weil sich für den juristischen Laien die Frage aufdrängt, ob ein Alkoholrausch ein Persilschein für alles sein kann.
- Lesen Sie auch: So äußern sich Theresas Eltern zum Urteil
In diesem Fall stellt sich allerdings noch eine weitere Frage: die nach der Macht der Gutachter. Der Angeklagte konnte für seine eigentliche Tat nur deshalb nicht bestraft werden, weil ein psychiatrisches Gutachten ihm zum Unfallzeitpunkt Schuldunfähigkeit bescheinigte. Ein Gutachten, das zwar Zweifel hervorrief, dem Staatsanwaltschaft und Gericht dennoch folgen mussten. Im Zweifel für den Gutachter?
Dass Gutachter Verfahren entscheiden ist keine Seltenheit. Erst kürzlich kam es im Schweineskandal von Gelchsheim auch wegen eines psychiatrischen Gutachtens nicht einmal zur Anklage. Auch hier war der Aufschrei in der Öffentlichkeit groß. Hans-Jochen Schrepfer, Verteidiger im Eisenheim-Prozess, ist es "völlig egal, was die Öffentlichkeit will". Für ihn zähle nur das Gesetz. Richtig. Doch ein gerechtes Urteil sollte auch das Vertrauen des Volkes, in dessen Namen Recht gesprochen wird, nicht untergraben.
Hinweis: Der Autor dieses Textes steht mit der Familie des Opfers in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis.
als vielmehr die verheerende "Vorbildwirkung":
wer auch immer über diesen Prozess und das "Ergebnis" liest, kann zu dem Schluss gelangen, mit dem "richtigen" Anwalt bzw. Gutachter in der Hinterhand ist es kein Problem, selber Auto zu fahren, auch wenn man beabsichtigt Alkohol zu trinken und sich ggf. im volltrunkenen Zustand ans Steuer zu setzen - egal was dann passiert.
Und das geht gar nicht, wenn wir anarchische Zustände im Straßenverkehr vermeiden wollen.
Entweder ist es möglich, bei konsequenter Anwendung der bestehenden Gesetze zu einer angemessenen Ahndung zu gelangen, oder die Gesetzeslücke muss umgehend und "publikumswirksam" geschlossen werden, z. B. in der Art, dass die Anreise zum Genuss von Alkohol mit dem eigenen Auto schon als bedingter Vorsatz zu einer Straftat aufgefasst werden kann bzw. muss, so dass das Urteil ähnlich ausfällt als wäre die Tat im unberauschten Zustand begangen worden.
Das "das Volk" sich empört ist für mich auch völlig verständlich.
Aber ebenso verstehe ich den Richter, der nun mal nach Recht und Gesetz urteilen muss - und nicht nach dem Gefühl oder was Volkes Stimme schreit. Das ist zwar manchmal sehr unbefriedigend, aber Recht und Gesetz ist ein sehr wertvolles Gut. Schlimm wird´s in Ländern, bei denen die Justiz sich von verschiedenen Seiten beeinflussen lässt.
Gut ist ja in Deutschland auch, dass man, wenn man Zweifel hat, in Berufung gehen kann. Und gut, dass das so auch geschehen ist - Danke an die Staatsanwältin (im Erlabrunn-Prozess war das anders, das hat nach einem schmutzigen Vergleich gerochen, dem die Staatsanwalt zugestimmt hat -aber das ist ein anderes Thema)
Noch ein Letztes:
Könnte man im Fall der Berufung nicht ein zweites Gutachten in Auftrag geben, wenn Zweifel am vorhandenen Gutachten bestehen