Erneute Wende im Fall der Todesfahrt von Eisenheim (Lkr. Würzburg): Beifahrer Marius H. ist wieder auf freiem Fuß – der Mann, der vor dem Unfall im April 2017 seinen betrunkenen Kumpel am Steuer angestiftet haben soll, gezielt die 20-jährige Fußgängerin Theresa Stahl am Straßenrand umzufahren.
Wie die Redaktion aus Justizkreisen erfahren hat, ist er nach drei Monaten Untersuchungshaft am Mittwoch nach Haftbeschwerde seines Verteidigers freigelassen worden. Dies bestätigte Gerichtspressesprecher Rainer Volkert am Freitag auf Anfrage.
Theresa Stahl war in der Tatnacht mit ihrem Freund zu Fuß auf dem Heimweg. Auf einer Verbindungsstraße bei Untereisenheim wurde sie von einem VW Golf erfasst und erlag später ihren Verletzungen. Am Steuer saß der damals 18-jährige Niclas H. mit rund drei Promille Alkohol im Blut.
Anstiftung zum Totfahren?
In erster Instanz im Oktober 2019 wurde der Todesfahrer zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Während dann in diesem September in zweiter Instanz verhandelt wurde, kam es zu einer überraschenden Wendung: Kurz nach Prozessbeginn wandte sich eine Zeugin an die Polizei. Ihre Aussage: Der ebenfalls alkoholisierte Beifahrer habe sinngemäß "Los, fahr sie um!" gerufen, als die junge Frau auf der Landstraße ins Licht der Scheinwerfer geriet. Die Zeugin will dies aus dem Umfeld der insgesamt vier Insassen des Unfallfahrzeugs erfahren haben.
Da nun gegen Beifahrer Marius H. der Verdacht auf Anstiftung zum Mord und gegen Fahrer Niclas H. Mordverdacht im Raum standen, wurde der Prozess für weitere Ermittlungen ausgesetzt. Marius H. kam in Untersuchungshaft, ein Haftbefehl gegen Niclas H. blieb gegen Auflagen außer Vollzug.
Trotz der Freilassung ist der Verdacht gegen Marius H. nicht vom Tisch. Das Landgericht sah nach Angaben von Pressesprecher Volkert aber jetzt keinen "dringenden Tatverdacht" mehr, der für die Fortdauer der Untersuchungshaft nötig wäre. Bei einer Haftprüfung vor vier Wochen war die Freilassung noch abgelehnt worden.
Zwei Gutachten: Wäre die Tat so möglich gewesen?
Unterdessen laufen die Mordermittlungen weiter. Dazu gehört neben weiteren Zeugenvernehmungen auch ein Gutachten. Es soll die Frage beantworten, ob der Tatablauf, wie von der Zeugin beschrieben, überhaupt zeitlich möglich gewesen ist: Reichte bei der Geschwindigkeit des Wagens die Zeit für den Fahrer, um trotz seiner Volltrunkenheit die Bemerkung seines Beifahrers wahrzunehmen und sie in die Tat umzusetzen? Vom Moment, in dem die Fußgängerin ins Scheinwerferlicht kam, bis zum Unfall waren nur wenige Augenblicke vergangen.
Ein vom Gericht in Auftrag gegebenes offizielles Weg-Zeit-Gutachten liege noch nicht vor, so Volkert. Allerdings habe die Verteidigung ein ähnliches privates Gutachten zur Untermauerung ihrer Haftbeschwerde vorgelegt.
Fortsetzung des Prozesses noch ungewiss
"Wann und wie der Prozess fortgesetzt wird, steht noch nicht fest", erklärte der Sprecher auf Nachfrage. Würde ein Angeklagter in U-Haft sitzen, wäre Eile geboten. Durch die Haftentlassung hat die Corona-geplagte Justiz nun aber mehr Zeit. Nach Informationen der Redaktion war zuletzt eine Aufnahme der Verhandlung für Februar geplant – mit bis zu zehn Verhandlungstagen.
Ein Urteil "im Namen des Volkes" wurde bisher nicht gesprochen und vermutlich ist das auch zukünftig nicht der Fall...
Mich verwundert wie die Verantwortlichen für diesen Zustand bei Staat und Justiz mit dem Wissen ruhig schlafen können? Die bisher Angeklagten können es sicher, da scheint es ja keinerlei Schuldgefühl bei den Beteiligten zu geben - im Gegenteil da wird und wurde getrickst, gelogen und mit der Tat angegeben. Das ist einfach unerträglich!