Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die steigenden Preise durch die Energiekrise setzen Familien mehr als zuvor unter Druck. Hinzu kommt noch die Unsicherheit, wie es im Herbst mit Corona und der Schule weitergeht. "Viele Eltern sind müde und ausgebrannt", sagt Verena Delle Donne, Leiterin der Erziehungs- und Familienberatung im Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Würzburg. "Immer mehr Familien suchen Hilfe bei Beratungsstellen", berichtet die Diplom-Psychologin und Familientherapeutin im Interview.
Verena Delle Donne: Die Corona-Pandemie mit ihren Risiken, Ängsten und Beschränkungen hat Familien vor große Herausforderungen gestellt und das Familienleben sehr belastet. Viele Eltern berichten, dass ihr Nachwuchs seit Beginn von Corona reizbarer und aggressiver geworden ist und dadurch auch die schulischen Probleme zugenommen hätten. Viele Kinder hatten viel mehr Medienzeit, sie haben sich weniger mit Freunden getroffen und sie haben sich weniger bewegt als vor der Pandemie. Eine sehr große Schwierigkeit war der Wegfall von Betreuungsstrukturen, verbunden mit dem Irrglauben, dass Homeoffice und Homeschooling vereinbar sind.
Delle Donne: Wir - und auch alle anderen Beratungsstellen - haben deutlich mehr Anfragen als vor der Pandemie. Und wir haben mehr schwerwiegende Fälle. Mit dem Krieg in der Ukraine, der Energiekrise und der Inflation sind weitere schwere Themen hinzugekommen, die bei vielen Kindern und Eltern Sorgen und Ängste auslösen.
Delle Donne: Wir spüren bei den Familien eine allgemeine Unsicherheit. Die Familien wissen nicht, wie es im Herbst mit der Schule weitergeht, ob Unterricht stattfindet oder ein neuer Lockdown kommt. Hinzu kommen finanzielle Ängste, die belasten. Werde ich meinen Job behalten? Werden wir die Gasrechnung bezahlen können? Die meisten Familien fühlten sich in der Pandemie allein gelassen. Auch gut funktionierende Familien haben nicht die Kraft, einen erneuten Lockdown mitzumachen. Ein weiteres Problem ist, dass Familien keine Lobby haben.
Delle Donne: Wir bemerken, dass die Schulschließungen etwas mit den Kindern machen. Denn nicht nur durch Corona, sondern auch durch den großen Personalmangel an den Schulen ist vielerorts der Unterricht auch im Sommer immer wieder ausgefallen. Das war früher undenkbar. Schule ist heute nichts mehr Verlässliches. Von heute auf morgen werden Stunden oder sogar ganze Tag abgesagt. Das setzt sowohl Eltern als auch Kinder unter Druck.
Delle Donne: Wir Erwachsene haben immer viel auf die Kinder abgewälzt. Viele Einschränkungen begannen in den Schulen, zum Beispiel die Maskenpflicht oder das tägliche Testen. Meiner Ansicht nach wäre es stimmiger, wenn zuerst die Erwachsenen solche Vorgaben erfüllen, sich selbst täglich testen und eine Maske tragen - und dann die Kinder. Auch für den Online-Unterricht sollte jede Schule bis zum Herbst ein Konzept haben. Einfach Arbeitsblätter an die Kinder zu verteilen, ersetzt nicht den Unterricht.
Delle Donne: Viele Familien wollen sich erst mal nicht eingestehen, dass sie ein Problem haben. Das liegt auch an unserer Gesellschaft: Wir müssen offener über Erziehungs- und Familienprobleme und über psychische Erkrankungen sprechen. Jede Familie denkt erst mal, das sie die Einzige ist, die solche Probleme hat. Wir versuchen viel Öffentlichkeitsarbeit zu machen und auch Lehrerinnen und Lehrer zu schulen, dass sie Familien in die Beratungsstellen schicken.
Delle Donne: Wir beraten sehr breit bei allen Themen rund um das Familienleben. Es kann um Streitthemen zwischen den Eltern, Sorgen bezüglich der Entwicklung eines Kindes oder beispielsweise Schwierigkeiten im Kindergarten gehen. Ein komplexes Thema sind unerkannte psychische Erkrankungen, sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern. Es gibt Eltern, die eine psychische Erkrankung haben, aber noch keine Diagnose. Viele kommen mehr oder weniger gut durchs Leben. Erst wenn sie Familie und Kinder haben, bemerken sie, dass etwas nicht stimmt.
Delle Donne: Sehr häufig handelt es sich um eine Depression. Jede vierte Frau in Deutschland hat in ihrem Leben einmal mit einer Depression zu kämpfen. Das wirbelt den Alltag komplett durcheinander und kann für die Kinder zu einer extremen Belastung werden. Eine Mutter mit Depression kann zum Beispiel nicht immer mir ihrer Aufmerksamkeit beim Kind sein. Es kann sein, dass sie es nicht schafft, ein Pausenbrot zu machen. Auch die Emotionalität fehlt dann oft. Aber auch Angst- und Zwangserkrankungen sowie Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie kommen bei Erwachsenen vor.
Delle Donne: Psychische Erkrankungen bei Kindern sind gar nicht so selten. Untersuchungen zufolge sind gut 17 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen psychisch auffällig. Jungen sind dabei häufiger betroffen als Mädchen. Die Haupterkrankungen sind ADHS, ADS (Hyperaktivität) Depressionen, Angst- und Essstörungen - und einfach die komplette Palette an psychischen Erkrankungen. Kinder von Eltern mit einer psychischen Erkrankung haben ein erhöhtes Risiko, ebenfalls psychisch krank zu werden oder in anderer Weise psychisch auffällig und sozial benachteiligt zu werden.
Delle Donne: Oft kommen verschiedene Faktoren zusammen. Es kann auch sein, dass ein Kind in einer schwierigen Situation lebt, zum Beispiel mit psychisch erkrankten Eltern, aber es dem Kind trotzdem gut geht. Es kann aber auch sein, dass sich das Kind immer weiter zurückzieht. Wir schauen in der Beratung breit auf das Leben des Kindes, wir sehen uns alle Facetten an und ermitteln den Hilfebedarf. Dabei werben wir immer wieder auch für die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, das den Zugang zu intensiveren Hilfen hat.
Delle Donne: Das ist sehr unterschiedlich von Fall zu Fall. Bei manchen Problemen geht es sehr schnell und es genügen ein paar Gespräche. Andere Familien begleiten wir auch über Jahre.
da nerven die Kinder nur ...weil sie nicht ausgelastet sind...
man müsste sich ja um den Nachwuchs kümmern.
ist auch schwierig wenn man kurz vor der 4 das erste "Wunschkind" bekommt
und dann keine Nerven für dieses hat..
das hat die Natur schon so eingerichtet
das man Kinder in jungen Jahren bekommt...
mittlerweile frage ich mich..warum manche überhaupt Kinder bekommen!
so mal schauen..ob ich "nett" genug war
oder ob ich wieder ne nette mail bekomme
Im Kollegen- und Freundeskreis ist das Thema Überforderung leider immer noch tabu.