Viel Gewusel im Hof des alten Amtsgerichts in Ochsenfurt: Beim offiziellen Startschuss für den Familienstützpunkt in Ochsenfurt tummelten sich neben zahlreichen Vertretern aus Politik und Bildung auch viele Kinder. Eine Gruppe des Ochsenfurter Kindergartens St. Thekla eröffnete mit einem Willkommenslied die Veranstaltung und zeigte damit gleich, wer beim Familienstützpunkt im Mittelpunkt steht: Kinder, ihre Eltern - und alles, was diese beschäftigt.
Seit einigen Jahren ist im ersten Stock des alten Amtsgerichts die Erziehungsberatungsstelle des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF) untergebracht. Der Familienstützpunkt, dessen Träger ebenfalls der SkF ist, soll diese nun in denselben Räumlichkeiten ergänzen. „Das neue Angebot ist sehr niedrigschwellig“, erklärt Claudia Ruhe vom Amt für Jugend und Familie in Würzburg. Während man die Erziehungsberatung mit einer konkreten Fragestellung aufsuche, wolle man mit dem Familienstützpunkt das Leben als Familie in seiner ganzen Bandbreite ansprechen. Dazu gehören unterschiedlichste Themen wie etwa Stillberatung, der Umgang mit Erziehungsratschlägen von Großeltern oder die Mediennutzung bei Jugendlichen. Wichtig ist Ruhe der positive Ansatz der Anlaufstelle: „Hier soll nicht problematisiert, sondern auch vermittelt werden, welch Glück es bedeutet, mit einem Kind zusammen zu sein.“
Neue Lebensmitte durchs Kind
Ein erstes Angebot gibt es bereits: Ab dem 15. Oktober lädt ein „Babycafé“ Eltern immer montags zum gegenseitigen Kennenlernen und Spielen mit ihrem Baby ein. Einmal im Monat nehmen auch eine Hebamme und eine Mitarbeiterin der Erziehungsberatungsstelle teil und sind Ansprechpartner bei Fragen. Bisher gibt es in Ochsenfurt kein vergleichbares Angebot – dabei ist gerade im ersten Lebensjahr des Kindes der Austausch mit Gleichgesinnten wichtig. „Mütter, die vielleicht immer berufstätig waren, sind plötzlich allein mit ihrem Baby zuhause; durch ein Kind entsteht eine andere Lebensmitte“, so Franziska Ruppert, Leiterin des neuen Familienstützpunkts.
Die Sozialpädagogin war zuvor zwei Jahre im Familienstützpunkt im Würzburger Stadtteil Grombühl tätig und hat bereits einige Ideen für die kommenden Monate. Neben Elternabenden in Kooperation mit den Kitas vor Ort sind auch Angebote geplant, die sich speziell an junge Väter richten. „Es gibt so viele motivierte Väter“, sagt Ruppert, die sich zum Beispiel eine Art „Vater-Kind-Action“, immer samstags in einer Turnhalle vorstellen könnte.
Toleranz für verschiedene Lebensmodelle
Dass Familie verschiedenste Ausprägungen haben kann, betonte die bayerische Familienministerin Kerstin Schreyer (CSU), die sich im Anschluss an die Eröffnung im Goldenen Buch der Stadt Ochsenfurt verewigte. Sie plädierte in ihrer Rede für Toleranz – jeder solle so leben können, wie er wolle: „Vom Modell ‚Vollzeit-Mutter‘ bis hin zu zwei voll erwerbstätigen Eltern – alles ist gut, solange es der Familie damit gut geht“, so Schreyer. Dem SkF als Träger des neu eröffneten Familienstützpunktes dankte sie, weil dort einfach gehandelt werde, „wir müssen nicht erst lange Stuhlkreise machen, bis wir etwas anpacken.“
Als ein „wichtiges Projekt, das der Freistaat auf den Weg bringt“, bezeichnete Christine Haupt-Kreutzer, stellvertretende Landrätin des Landkreises Würzburg, die Familienstützpunkte in Bayern. Die Hauptaufgabe dieser Einrichtungen sieht sie darin, Eltern zusammenzubringen und ihnen einen Austausch zu ermöglichen.
Anlaufstelle für alle Familien
Familien „Mut und Zuversicht geben, an sich zu glauben“, das soll der Familienstützpunkt Ochsenfurt laut Anke Klaus, Vorsitzende des SkF Würzburg e.V.. „Wir wollen Hemmschwellen abbauen und viele Familien möglichst früh erreichen“, so Klaus. Sie sollten durch verschiedene Angebote gestärkt werden, um nicht erst bei Problemen eine Beratungsstelle aufsuchen zu müssen. Die Räumlichkeiten in Ochsenfurt sieht sie als „kleine Wohlfühloase für die Familien vor Ort“.
Mit speziellen Angeboten wie „Wie funktioniert Kindergarten beziehungsweise Schule?“ sollen Familien mit Migrationshintergrund angesprochen werden. Ochsenfurt hatte den Zuschlag für den Familienstützpunkt unter anderem deshalb bekommen, weil die Stadt seit der großen Welle an Geflüchteten im Jahr 2015 als Schwerpunkt für die Arbeit mit geflüchteten Familien gilt. Bürgermeister Peter Juks hob die Bedeutung der neuen Einrichtung für Ochsenfurt hervor und betonte gleichzeitig, dass der Familienstützpunkt eine Anlaufstelle für alle Familien sei.