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Würzburg/Berlin
Ein halbes Jahr nach Silvesterkrawallen in Berlin: Würzburger für Böllerwurf auf Polizisten verurteilt
Ein halbes Jahr nach den Ausschreitungen fiel ein erstes Urteil. Auf der Anklagebank saß ein 23-Jähriger, der nur "aus Versehen" einen Böller geworfen haben will.
Ein 23-Jähriger aus Würzburg stand in Berlin vor Gericht, weil er in der Nacht zum 1. Januar einen Böller auf einen Polizeibeamten geworfen haben soll, der wegen eines Wohnungsbrands im Einsatz war.
Foto: Fabian Sommer, dpa | Ein 23-Jähriger aus Würzburg stand in Berlin vor Gericht, weil er in der Nacht zum 1. Januar einen Böller auf einen Polizeibeamten geworfen haben soll, der wegen eines Wohnungsbrands im Einsatz war.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 12.06.2023 02:26 Uhr

Mit viel Aufmerksamkeit wurde am Dienstag die Verhandlung gegen einen 23-Jährigen aus Würzburg in Berlin verfolgt. Es ging um die Krawalle in der Hauptstadt zum Jahreswechsel. Die Böllerwürfe auf Polizei und Rettungskräfte in der Silvesternacht will die Justiz mit aller Härte verfolgen – und Nasser W. ist nun der erste Verurteilte von weit über 100 Verdächtigen.

Polizist hat Böller rechtzeitig weggekickt

Laut Anklage war ein Böller des 23-Jährigen in der Silvesternacht vor den Füßen eines 36 Jahre alten Polizisten gelandet, der zur Unterstützung der Feuerwehr beim Löschen eines Brandes vor Ort war. Vorangegangen waren Angriffe auf Einsatzkräfte. Der Polizist blieb unverletzt. Er habe den Böller geistesgegenwärtig weggekickt, schilderte der Beamte.

W. sagte vor Gericht laut seinem Verteidiger Christian Korn: Er sei mit seiner Familie unterwegs gewesen und habe nur "aus Versehen" einen Böller in Richtung Polizei geworfen. Der Richter sah das anders – auch, weil das Vorleben des Mannes aus Würzburg kein gutes Bild auf ihn warf: Er ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Diebstahls und Betrugs. Einen Beruf hat der 23-Jährige nicht erlernt. Wovon er lebe? "Jobcenter", gab W. im Prozess zu Protokoll.

Er habe sich vor Ort bei dem Polizisten entschuldigt und gedacht, die Sache sei damit erledigt, so der Angeklagte weiter. Vor Gericht wiederholte er die Entschuldigung. Der Polizist nahm diese jedoch nicht an und erwiderte laut "Tagesspiegel": "In der Nacht ist so viel passiert und Sie waren ein Teil davon."

Ähnliche Vorfälle in Unterfranken

Der Ausgang des Prozesses wurde auch von Polizei und Rettungsdiensten in Unterfranken verfolgt. Denn in der Region gab es ähnliche Vorfälle: In Kitzingen wurden in der Silvesternacht Feuerwehrleute mit einer Rakete beschossen. Zudem waren wenige Tage nach Silvester Polizisten in Ostheim vor der Rhön teilweise massiv angegangen worden, als sie eine Party mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern auflösen wollten. Und in Rimpar (Lkr. Würzburg) waren bereits bei einem Faschingszug 2019 Retter massiv attackiert worden, weshalb die Veranstaltung in diesem Jahr gleich ganz gestrichen wurde.

Laut einer aktuellen Studie des bekannten Würzburger Notfallmediziners Professor Peter Sefrin haben gewalttätige Attacken auf Rettungskräfte im Einsatz stark zugenommen. Die massiven Angriffe an Silvester in Berlin gelten als exemplarisch. Sie richteten sich auch gegen Polizisten, die den attackierten Rettern zu Hilfe geeilt waren.

Urteil: Acht Monate auf Bewährung

Zu den Silvesterkrawallen in Berlin liegen der Staatsanwaltschaft aktuell mehr als 110 Verfahren vor, erklärt die Behörde auf Anfrage. Weitere Fälle würden noch von der Polizei bearbeitet. 18 Anklagen wurde bislang erhoben, in sechs Fällen seien Strafbefehle beantragt worden.

Den 23-Jährigen aus Würzburg verurteilte der Richter wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu acht Monaten Haft auf Bewährung. Zudem legte er fest, dass der junge Mann 50 Sozialstunden in einer gemeinnützigen Einrichtung leisten muss.

Verteidiger Korn hatte Freispruch beantragt. Es sei erkennbar ein generalpräventives Urteil und es stehe Aussage gegen Aussage, so der Anwalt. "Dieser Fall eignet sich nicht als Exempel für die Silvester-Vorfälle", betonte er.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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  • H. S.
    Bei dem Verurteilten wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis er wieder auf der Anklagebank sitzt. Kein Wunder, das die Gerichte überlastet sind.
    Aber wenigstens mal schön zu sehen, wen man mit den gezahlten Steuergelder so mit durchfüttert...
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  • W. H.
    Warum NUR "auf Bewährung"? Der Mann hat sich jahrelang schon als Verbrecher "bewährt". Und nichts daraus gelernt.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Prächtig - bei der Frage "wovon er lebe, ist die Antwort Jobcenter"! Keine Ausbildung, kein Beruf, vorverurteilt wegen Diebstahls und Betrug, lebt quasi von uns die arbeiten und Steuern bezahlen. Irgendwas läuft bei der deutschen Justiz total falsch!
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  • S. K.
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  • R. A.
    Unser System ist krank.
    Es schützt Straftäter und verhöhnt diejenigen, die den Kopf für diese Gesamtgesellschaft hinhalten.
    Ich bezeichne dieses Urteil als lächerlich und den Anwalt als Teil dieser Straftäter.
    Als Anwalt würde ich mir rausnehmen, zu entscheiden, wen ich als Mandant annehme.
    Da er wiederum vom System entlohnt wird und nicht vom Täter, k…t mich das umsomehr an.
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  • H. E.
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  • H. S.
    Na zum Glück hat die Ampel das Bürgergeld mit höheren Beträgen eingeführt, da kann der Verurteilte ja beim nächsten Silvester ein paar Böller mehr Richtung Polizei und Rettungskräfte werfen, völlig unabsichtlich versteht sich...
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  • H. M.
    Ich bin auch der Meinung, dass in diesem Fall keine Bewährung angebracht ist. Aber wenn schon eine Bewährung eingeräumt wird, wäre es meiner Meinung nach gut, wenn die Gerichte als Bewährungsauflage auch die Forderung zu einer Berufsausbildung aussprechen könnten. Das sollte in der Politik zumindest mal diskutiert werden.
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  • R. A.
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  • U. A.
    Dieses Urteil ist ein ein Hohn für diesen und alle bereits im Dienst verletzten oder getöteten Polizeibeamten.
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  • H. A.
    Eine sehr sehr Milde Strafe für einen vorbestraften der es nicht zum ersten mal mit der Justiz zu tun hat. Aussage das es ein unabsichtlicher Wurf war, grenzt schon fast an Hohn den zum Glück niemand das Gericht nicht glaubte. In meinen Augen war das nichts weiter wie ein tätlicher Angriff auf Polizei und Rettungskräfte und hier gehört eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung her, vor allem bei so einer Latte von Vorstrafen.
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  • L. H.
    Die Gemeinnützige Einrichtung tut mir jetzt schon leid, die sich mit diesem "Verurteilten" dann abplagen muss;-(
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  • H. G.
    Bei bereits mehrfach vorbestraften Tätern wie in diesem Fall, wäre eine Haftstrafe ohne Bewährung durchaus sinnvoller.Die Sozialstunden gehen diesem Täter doch am A….. vorbei.
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  • R. D.
    Warum trotz der Strafakte auf Bewährung? Manche brauchen mal einen Denkzettel um vernünftig zu werden. Schlimm genug, dass wir solche Typen durchschleppen müssen.
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  • H. S.
    ...und dem Anwalt gehören auch ein paar Sozialstunden aufgebrummt, am Besten bei Rettungseinsätzen in Brennpunktvierteln!
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  • H. M.
    @Mementomori: Was soll der Unsinn? In unserem Rechtssystem ist vorgesehen, dass jede/r(!) der vor Gericht landet einen Anspruch auf einen Rechtsbeistand hat. Das ist auch gut so! Manche machen den Job gut und manche weniger gut. Aber die Anwälte machen halt einfach ihre Arbeit. Im vorliegenden Fall besteht ja für die Staatsanwaltschaft noch die Möglichkeit der Revision. Falls Sie aber der Meinung sind, dass manche Straftäter keinen Anspruch auf einen Anwalt haben sollten, müssen Sie eine faschistische Partei wählen. Die führt uns dann vielleicht ins Mittelalter zurück! Sie müssen dann aber höllisch aufpassen, nicht selbst vor Gericht zu landen. Falls doch, dann viel Glück!
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  • R. F.
    Auf die juristische Herleitung bin ich gespannt. So viel stumpfer Populismus und so wenig Verständnis vom Rechtsstaat...
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