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Würzburg
Dubiose Maskenatteste: Wann sie richtig teuer werden
Manche Menschen haben gesundheitliche Probleme mit dem Mund-Nasen-Schutz. Andere geben solche nur vor und erschleichen sich Atteste. Derlei Fälle gibt's auch in Unterfranken.
Wo sich gewöhnlich viele Menschen drängen, gilt noch immer eine Maskenpflicht – in Würzburg aktuell auf der Alten Mainbrücke. 
Foto: Johannes Kiefer | Wo sich gewöhnlich viele Menschen drängen, gilt noch immer eine Maskenpflicht – in Würzburg aktuell auf der Alten Mainbrücke. 
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:32 Uhr

Manchmal sind es schlechte Kopien, manchmal selbst ausgefüllte Blanko-Vordrucke aus dem Internet. Und manchmal auch Dokumente mit offiziellem Briefkopf einer Praxis und ärztlicher Unterschrift: Immer wieder tauchen vor allem bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen dubiose Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht auf. In der Regel dann, wenn Kontrolleure den fehlenden Mundschutz monieren.

Die meisten Fälle in Unterfranken registrierte die Polizei in den vergangenen Monaten in Würzburg, wo die meisten Kundgebungen stattfanden – so zum Beispiel bei Protesten der "Eltern stehen auf"-Initiative. Weitere Schwerpunkte sind Schweinfurt und Aschaffenburg. Laut Polizeisprecher Michael Zimmer wurden seit März 2020 Ermittlungsverfahren in einer "hohen zweistelligen Zahl" eingeleitet.

Falsches Attest ist eine Straftat

Der Verdacht lautet auf "Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse" nach Paragraf 279 Strafgesetzbuch. Es drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Zu einer Verurteilung kam es nach Kenntnis der Staatsanwaltschaft Würzburg bisher allerdings nur in vier Verfahren. In einem Fall musste ein Mann aus Würzburg 830 Euro für ein "Fantasie-Attest" berappen.

Warum aber werden die Verfahren in vielen Fällen eingestellt? Häufig geht es um den Nachweis der ärztlichen Untersuchung. Hat sie stattgefunden und rät ein Arzt tatsächlich aus medizinischen Gründen von der Maske ab? Ist dies nicht sicher auszuschließen, sei das Verfahren einzustellen, sagt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach.

Gerichtliche Auseinandersetzungen um Befreiung für Schüler

Und es gibt sie, die "echten" seriösen Maskenatteste, wie ein Blick in die Schulen zeigt. Von knapp 150 000 Schülerinnen und Schülern in Unterfranken sind laut Regierungssprecher Johannes Hardenacke derzeit 531 aufgrund anerkannter ärztlicher Bestätigungen vom Maskentragen befreit. Teilweise aber haben Gerichte die Anträge von Eltern, ihre Kinder aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht in der Schule zu befreien, auch abgelehnt.

Für die Polizeibeamten ist es nicht immer leicht, bei ihren Kontrollen am Rande von  Demonstrationen die Echtheit von Attesten sofort zu erkennen. Grundsätzlich aber habe man darin Erfahrung, sagt Sprecher Michael Zimmer. Schließlich sei die Polizei täglich bei Personen- und Verkehrskontrollen gefordert. Die Dokumentenprüfung gehöre als fester Bestandteil zur Ausbildung der jungen Kolleginnen und Kollegen.

Trotzdem hat die Polizei eigens eine Handreichung zur Kontrolle ärztlicher Atteste samt wesentlicher Kriterien formuliert. "Bei einem augenscheinlich gefälschten Attest oder einer Kopie aus dem Internet werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet", sagt Zimmer. Die Polizei ermittele im Verdachtsfall dann sowohl gegen den Nutzer des fragwürdigen Attests wie auch den Aussteller.

Ärzte können sogar ihre Approbation verlieren

Für Ärzte, die wissentlich falsche Bestätigungen herausgeben oder dies ohne direkten Patientenkontakt tun, können die Folgen gravierend sein. Neben einer Geld- und Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren kann sogar die Approbation, also die Berufserlaubnis, entzogen werden. Im Raum steht eine Straftat nach Paragraf 278 Strafgesetzbuch: das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse.

Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat bislang laut Sprecher Thorsten Seebach gegen mindestens drei Ärzte ein Verfahren eingeleitet. Sie alle haben ihre Praxen nicht in der Region, deshalb seien die Verfahren an anderen Staatsanwaltschaften abgegeben worden. Auch die jeweiligen Ärztekammern werden in solchen Fällen informiert. Sie können dann berufsrechtliche Maßnahmen ergreifen. Bekannt geworden war im Juni 2020 der Fall einer Ärztin aus Baden-Württemberg, die auch so genannte Corona-Rebellen in Mainfranken mit Gefälligkeitsattesten versorgt hatte.

 
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  • R. D.
    Die Strafen für diesen Betrug sind viel zu gering. Im schlimmsten Fall könnte so ein Betrüger an einer schweren Krankheit oder sogar am Tod eines Menschen Schuld sein und der Arzt macht sich ebenfalls schuldig.
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  • C. L.
    "Für die Polizeibeamten ist es nicht immer leicht...." - der Job ist rundherum nicht leicht. Viele Beamte werden sich wohl überlegen, ob sie so diesem Staat weiter dienen wollen.
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  • J. N.
    Manchmal machen die Polizisten es sich aber auch leicht. Sagen einfach, das Attest ist für sie nicht aussagefähig, weil es keine ausreichend deutliche Diagnose enthält. Wie sollte es das auch - Polizisten sind ja in der Regel nicht medizinisch ausgebildet, wie sollen sie die Fachtermini also verstehen?
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  • W. S.
    Aus diesen Zeilen scheint mir 'leidvolle' eigene Erfahrung zu sprechen. Schon ärgerlich, wenn man keine Kosten und Mühen gescheut hat, ein so praktisches Attest stets von einem viele hundert Kilometer entfernten Arzt *ähem* zu organisieren, und dann funktioniert das nicht immer!
    Die Alternative wäre, dass die medizinisch ungebildeten Beamten ganz automatisch ein Verfahren anstrengen, um das Attest fachlich prüfen zu lassen oder zumindest eventuelle bereits bekannte Querulantenbezüge des stolzen Attestpräsentierers abzuchecken.
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  • J. N.
    Ja, da sprechen allerdings leidvolle eigene Erfahrungen.
    Allerdings hat mein behinderter Sohn (bei dem ich "keine Kosten und Mühen gescheut habe", ihn so aufwachsen zu lassen, dass er sich nicht wie ein Mensch zweiter Klasse fühlen muss) ein völlig legales, medizinisch begründetes Attest. Und trotzdem wird er immer wieder mit diesen kriminellen Attesterschleichern in einen Topf geworfen und unter Generalverdacht gestellt.
    Weil die Damen und Herren Kontrolleure ihm einfach nicht zuhören, und weil sie sein Attest nicht lesen (können?).
    Das ging schon bis vors Gericht, wo der Bußgeldbescheid natürlich dann mit Pauken und Trompeten abgeschmettert wurde. Die Staatsanwaltschaft muß sich dann nämlich die Mühe machen, die Unterlagen zu lesen. Auf Kosten des Steuerzahlers.

    Und, glauben Sie mir: wir wären glücklich, wenn mein Sohn gesund wäre und kein Attest brauchen würde. Denn mit ihm tauschen wollen Sie nicht.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • G. K.
    @attheendoftheday

    Das mag schon stimmen, aber mir scheint allmählich, daß nicht nur die Bauern und die Winzer ewig jammern... Feuerwehrleute haben es auch nicht leicht und riskieren bei ihrem Beruf oft genug ihr Leben. Berufskraftfahrer/innen haben täglich ein erhebliches Risiko im Straßenverkehr. Sogar die ALDI-Kassierer/innen leben derzeit nicht ungefährlich, denn bei den vielen Kontakten und den eher mäßigen Schutzmaßnahmen gibt es auch an ihrem Arbeitsplatz ein großes Infektionspotential
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