
Seit über zwei Monaten ist der Mund-Nasen-Schutz, wie es juristisch korrekt heißt, zum ständigen Begleiter im Alltag geworden – im Supermarkt, im Bus, im Restaurant. Und das bleibt wohl auch erstmal so.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits Ende Mai deutlich gemacht, dass er nichts von der Idee hält, die Maskenpflicht aufzuheben, bevor ein Medikament oder ein wirksamer Impfstoff gefunden ist. "Es gibt derzeit keine wirksamen Schutzmaßnahmen außer Distanz halten, Hygienemaßnahmen und der Schutzmaske", so Söder. Doch es gibt Ausnahmen, auch im Freistaat.
Die Bayerische Infektionsschutzverordnung sieht ausdrücklich eine Befreiung für Personen vor, "die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist".
Ärztliches Attest kann Ärger ersparen
Im Fall einer Kontrolle, so teilt es das Bayerische Gesundheitsministerium mit, müsse man die "Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit überzeugend darlegen". Wer ein formloses Attest in der Tasche hat, ist wohl auf der sicheren Seite. Doch ein ärztlicher Nachweis ist nicht zwingend erforderlich. Laut der Bayerischen Landesärztekammer reicht beispielsweise auch ein Behindertenausweis aus.

Dr. Christian Pfeiffer, Allgemeinarzt aus in Giebelstadt (Lkr. Würzburg), ist von Patienten bereits gebeten worden, eine solche Bescheinigung auszustellen. Doch der unterfränkische Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands ist streng. Es reiche nicht, dass einen die Maske stört oder man sich unwohl fühlt, sagt Pfeiffer. Es sei auch kein Argument, dass man im Sommer unter der Maske schwitzt. Solche Befindlichkeiten rechtfertigten keine Ausnahme.
Die Grenze zu "Unzumutbarkeit" sei jedoch, wie der Allgemeinmediziner einräumt, nicht immer trennscharf zu bestimmen. In einigen Fällen hätte der ein oder andere Kollege vielleicht anders entschieden: "Man hat hier einen ärztlichen Ermessensspielraum", sagt Pfeiffer. “Das muss ganz individuell geprüft werden.”
Darauf pocht auch das Gesundheitsministerium in München. "Eine pauschale Bewertung verbietet sich", betont ein Sprecher. Und Blanko-Atteste, wie sie beispielsweise von zwei Ärzten in Hessen und Baden-Württemberg ausgestellt werden, verstoßen nach Einschätzung der Bayerischen Landesärztekammer gegen die Berufsordnung für Ärzte.
Eine Befreiung vom Mundschutz kann laut Pfeiffer bei Patienten mit einer Lungenerkrankung geboten sein. Gerade bei dickerem Maskenstoff falle den Betroffenen das Atmen wegen des Luftwiderstands schwerer. Noch unangenehmer könne es werden, wenn Erkrankte unter der Maske einen Sauerstoffschlauch tragen müssen. Bei Asthma und chronisch-obstruktiver Bronchitis komme es auf den Grad der Erkrankung an. Die Diagnose allein sei nicht ausreichend, so der Mediziner. Da bräuchte es weitere Untersuchungen.
Kein Attest ohne persönliche Untersuchung
"Es gibt durchaus auch psychische Faktoren – wenn Patienten beispielsweise wegen der Maske Panikattacken bekommen. Aber auch das muss man als Arzt kritisch hinterfragen", sagt Pfeiffer. Prinzipiell würde er in seiner Praxiskein Attest ausstellen, ohne den Betroffenen persönlich gesprochen und untersucht zu haben. Dazu, so der Giebelstadter Arzt, ist er gemäß dem ärztlichen Berufsrecht verpflichtet.
Wer gegen die Maskenpflicht verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss in Bayern mit einer Strafe von 150 Euro rechnen. In Supermärkten, Geschäften und Restaurants entscheidet der Inhaber unter Berufung auf das Hausrecht, ob er ein Attest akzeptiert oder nicht. Wer sich eine Befreiung selbst erstellt oder sogar fälscht, muss laut Gesundheitsministerium gegebenenfalls mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Nachfragen ergeben, dass Mundschutz-Atteste bislang beim Einkauf in Läden und Supermärkten in Mainfranken noch selten zum Einsatz kommen. So berichtet Marco Trabold, Inhaber mehrerer Edeka-Märkte in der Region, von einem einzigen Fall in den vergangenen Wochen. Wenn die ärztliche Bescheinigung echt sei, dürften Kunden auch ohne Mundschutz einkaufen.
Handelsverband im Bezirk: Echtheit der Atteste überprüfen
Damit liegt er auf der Linie, die der Handelsverband Bayern (HBE) seinen Unternehmen empfiehlt. Laut Bezirksgeschäftsführer Volker Wedde sollten sich Ladenbetreiber für einen Verzicht auf den Mundschutz ein Attest des Kunden vorlegen lassen. Und sie sollten "die Seriosität überprüfen, zum Beispiel anhand von Stempel und Unterschrift". Ansonsten könne der Geschäftsinhaber auch den Zutritt verweigern.
Betroffene – mit echten oder dubiosen Attesten – berichten von unterschiedlichen Erfahrungen. Während die einen nach Vorzeigen des "Dokuments" maskenfrei einkaufen durften, wurden andere des Ladens verwiesen. Die Skepsis gegenüber den Mundschutz-Attesten scheint zuletzt gewachsen. Wobei die "Maskenlosen" den größten Groll nicht beim Verkaufspersonal erzeugen, sondern bei anderen Kunden. Sie müssen sich rechtfertigen und manche Anfeindungen oder Pöbeleien anhören.
Pandemiebekämpfung durch Maskenpflicht
- Die Meta-Studie im Original
- Hinweise der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- Hinweise der Bundesregierung
- Meta-Analyse der Weltgesundheitsorganisation
- Studie zur Entwicklung der Infektionszahlen in Jena
- Studie zum Infektionsrisiko in Haushalten
Gruß aus der Redaktion, Andreas Jungbauer
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitale Medien
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitale Medien
Ein einschneidender Eingriff in die persönliche (Mode-) Freiheit wie die Verpflichtung zum Tragen einer Maske darf immer nur zeitlich begrenzt mit einem festen Ablaufdatum festgelegt werden. Und auch nur aus wichtigem Grund.
Es wundert doch sehr, dass die ansonsten so spitzfindige Medienwelt es noch nicht aus der Politik heraus gepresst hat, wann diese zeitlich festzulegende Frist endet. Freilich mit Option auf Verlängerung wenn Bedarf besteht, doch ein bisheriges Ablaufdatum habe ich noch nie gefunden.
Ob es Herrn Söders persönlichem Empfingen entspricht am liebsten so lange warten zu wollen, bis ein Medikament oder ein wirksamer Impfstoff gefunden ist, spielt keine Rolle oder ist er inzwischen der liebe Gott??