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Würzburg
Corona: Wann die Befreiung von der Maskenpflicht möglich ist
Ein Ende der Maskenpflicht ist derzeit nicht in Sicht, zumindest solange Medikamente und ein Impfstoff gegen das Coronavirus fehlen. Wo gibt es jetzt schon Ausnahmen?
Seit etwa zwei Monaten muss in Geschäften und dem öffentlichen Nahverkehr ein Mundschutz getragen werden. Bayern war das erste Bundesland, das eine Maskenpflicht einführte. 
Foto: Daniel Reinhardt, dpa | Seit etwa zwei Monaten muss in Geschäften und dem öffentlichen Nahverkehr ein Mundschutz getragen werden. Bayern war das erste Bundesland, das eine Maskenpflicht einführte. 
Andreas Jungbauer
 und  Moritz Baumann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:56 Uhr

Seit über zwei Monaten ist der Mund-Nasen-Schutz, wie es juristisch korrekt heißt, zum ständigen Begleiter im Alltag geworden – im Supermarkt, im Bus, im Restaurant. Und das bleibt wohl auch erstmal so.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits Ende Mai deutlich gemacht, dass er nichts von der Idee hält, die Maskenpflicht aufzuheben, bevor ein Medikament oder ein wirksamer Impfstoff gefunden ist. "Es gibt derzeit keine wirksamen Schutzmaßnahmen außer Distanz halten, Hygienemaßnahmen und der Schutzmaske", so Söder. Doch es gibt Ausnahmen, auch im Freistaat.

Die Bayerische Infektionsschutzverordnung sieht ausdrücklich eine Befreiung für Personen vor, "die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist".

Ärztliches Attest kann Ärger ersparen

Im Fall einer Kontrolle, so teilt es das Bayerische Gesundheitsministerium mit, müsse man die "Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit überzeugend darlegen". Wer ein formloses Attest in der Tasche hat, ist wohl auf der sicheren Seite. Doch ein ärztlicher Nachweis ist nicht zwingend erforderlich. Laut der Bayerischen Landesärztekammer reicht beispielsweise auch ein Behindertenausweis aus.

Warnt vor einer allzu leichtfertigen Ausstellung von Mundschutz-Attesten: Christian Pfeiffer, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes.
Foto: Thomas Obermeier | Warnt vor einer allzu leichtfertigen Ausstellung von Mundschutz-Attesten: Christian Pfeiffer, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes.

Dr. Christian Pfeiffer, Allgemeinarzt aus in Giebelstadt (Lkr. Würzburg), ist von Patienten bereits gebeten worden, eine solche Bescheinigung auszustellen. Doch der unterfränkische Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands ist streng. Es reiche nicht, dass einen die Maske stört oder man sich unwohl fühlt, sagt Pfeiffer. Es sei auch kein Argument, dass man im Sommer unter der Maske schwitzt. Solche Befindlichkeiten rechtfertigten keine Ausnahme.

"Es gibt derzeit keine wirksamen Schutzmaßnahmen außer Distanz halten, Hygienemaßnahmen und der Schutzmaske."
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 

Die Grenze zu "Unzumutbarkeit" sei jedoch, wie der Allgemeinmediziner einräumt, nicht immer trennscharf zu bestimmen. In einigen Fällen hätte der ein oder andere Kollege vielleicht anders entschieden: "Man hat hier einen ärztlichen Ermessensspielraum", sagt Pfeiffer. “Das muss ganz individuell geprüft werden.”

Darauf pocht auch das Gesundheitsministerium in München. "Eine pauschale Bewertung verbietet sich", betont ein Sprecher. Und Blanko-Atteste, wie sie beispielsweise von zwei Ärzten in Hessen und Baden-Württemberg ausgestellt werden, verstoßen nach Einschätzung der Bayerischen Landesärztekammer gegen die Berufsordnung für Ärzte. 

Eine Befreiung vom Mundschutz kann laut Pfeiffer bei Patienten mit einer Lungenerkrankung geboten sein. Gerade bei dickerem Maskenstoff falle den Betroffenen das Atmen wegen des Luftwiderstands schwerer. Noch unangenehmer könne es werden, wenn Erkrankte unter der Maske einen Sauerstoffschlauch tragen müssen. Bei Asthma und chronisch-obstruktiver Bronchitis komme es auf den Grad der Erkrankung an. Die Diagnose allein sei nicht ausreichend, so der Mediziner. Da bräuchte es weitere Untersuchungen.

Kein Attest ohne persönliche Untersuchung

"Es gibt durchaus auch psychische Faktoren – wenn Patienten beispielsweise wegen der Maske Panikattacken bekommen. Aber auch das muss man als Arzt kritisch hinterfragen", sagt Pfeiffer. Prinzipiell würde er in seiner Praxiskein Attest ausstellen, ohne den Betroffenen persönlich gesprochen und untersucht zu haben. Dazu, so der Giebelstadter Arzt, ist er gemäß dem ärztlichen Berufsrecht verpflichtet.

Wer gegen die Maskenpflicht verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss in Bayern mit einer Strafe von 150 Euro rechnen. In Supermärkten, Geschäften und Restaurants entscheidet der Inhaber unter Berufung auf das Hausrecht, ob er ein Attest akzeptiert oder nicht. Wer sich eine Befreiung selbst erstellt oder sogar fälscht, muss laut Gesundheitsministerium gegebenenfalls mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.

Nachfragen ergeben, dass Mundschutz-Atteste bislang beim Einkauf in Läden und Supermärkten in Mainfranken noch selten zum Einsatz kommen. So berichtet Marco Trabold, Inhaber mehrerer Edeka-Märkte in der Region, von einem einzigen Fall in den vergangenen Wochen. Wenn die ärztliche Bescheinigung echt sei, dürften Kunden auch ohne Mundschutz einkaufen.

Handelsverband im Bezirk: Echtheit der Atteste überprüfen

Damit liegt er auf der Linie, die der Handelsverband Bayern (HBE) seinen Unternehmen empfiehlt. Laut Bezirksgeschäftsführer Volker Wedde sollten sich Ladenbetreiber für einen Verzicht auf den Mundschutz ein Attest des Kunden vorlegen lassen. Und sie sollten "die Seriosität überprüfen, zum Beispiel anhand von Stempel und Unterschrift". Ansonsten könne der Geschäftsinhaber auch den Zutritt verweigern. 

Betroffene – mit echten oder dubiosen Attesten – berichten von unterschiedlichen Erfahrungen. Während die einen nach Vorzeigen des "Dokuments" maskenfrei einkaufen durften, wurden andere des Ladens verwiesen. Die Skepsis gegenüber den Mundschutz-Attesten scheint zuletzt gewachsen. Wobei die "Maskenlosen" den größten Groll nicht beim Verkaufspersonal erzeugen, sondern bei anderen Kunden. Sie müssen sich rechtfertigen und manche Anfeindungen oder Pöbeleien anhören.

Pandemiebekämpfung durch Maskenpflicht

Über die Wirksamkeit des Mundschutzes wurde kontrovers diskutiert – auch weil zunächst kaum Forschungsergebnisse vorlagen. Mittlerweile empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Tragen der Maske an öffentlichen Orten, beispielsweise in Bussen und Geschäften, und stützt sich dabei auf eine selbst in Auftrag gegebene Meta-Studie. Dafür werteten Forscher 172 bereits veröffentlichte Studien aus. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass ein Mund-Nasen-Schutz das Infektionsrisiko um mehr als 80 Prozent senken kann: Ohne Mund-Nase-Schutz betrug das absolute Infektionsrisiko in den Studien 17,4 Prozent, mit Mund-Nase-Schutz fiel es auf 3,1 Prozent.
  • Die Meta-Studie im Original 
Ein deutsches Forscherteam hat die Stadt Jena, wo sehr früh eine Maskenpflicht eingeführt wurde, genauer unter die Lupe genommen. In ihrem Diskussionspapier, das zunächst nicht von anderen Wissenschaftlern begutachtet wurde, heißt es, im Vergleich zu anderen Städten und Landkreisen hätten sich in Jena im Tagesvergleich 60 Prozent weniger Bürger nachweislich mit Covid-19 infiziert.
Laut einer Studie aus China schützt die Maske auch im eigenen Haushalt vor Ansteckung. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ist rund 80 Prozent geringer, wenn ein krankes Familienmitglied - schon bevor die ersten Symptome auftreten - eine Maske trägt. 
Quelle: u.a. WHO, Bundesregierung
 
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  • A. J.
    Guten Abend „hentinger“! Wie kommen Sie zur Unterstellung, wir würden „Fake News“ verbreiten? Sie selbst benennen ja die zugrundeliegenden Zahlen: Das Infektionsrisiko sinkt laut Studie von 17,4% auf 3,1 % - und das ist eben ein Minus von mehr als 80%. Nichts anderes besagt der Artikel - so wurde es auch in großen internationalen Medien veröffentlicht. Weitere Details in der von der WHO beauftragten Studie: https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)31142-9/fulltext
    Gruß aus der Redaktion, Andreas Jungbauer
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  • R. Z.
    Wir zitieren hier einen Artikel aus dem Ärtzeblatt, der auch entsprechend verlinkt ist: Hier werden die Zahlen exakt so angegeben wie im Artikel. Daneben zitiert der Artikel weitere Studien bzw. Artikel dazu, die die Wirksamkeit bestätigen.

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitale Medien
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  • R. Z.
    Das Ärzteblatt beruft sich auf die WHO-Studie und gibt selbst die im Artikel zitierte Zahl - 85 Prozent niedrigeres Infektionsrisiko - an, die sie wiederum selbst zitieren.

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • R. Z.
    An keiner Stelle wurde davon ausgegangen, dass das Infektionsrisiko ohne Mund-Nasen-Schutz bei 100 Prozent liegt. Das Ärzteblatt gibt die Zahlen der WHO-Studie in leicht verständlicher Form wieder, weshalb hier der Artikel aus dem Ärzteblatt verlinkt wurde - und zwar explizit, ihr Kommentar bezieht sich auf die Online-Version des Artikels, nicht auf die Print-Version.

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • R. Z.
    Das Alltagsmasken nicht den Träger, sondern andere schützen, wurde an diversen Stellen immer wieder betont, unter anderem hier: mainpost.de/10437607

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitale Medien
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  • A. H.
    gute Antwort, aber ich fürchte, das war vergebliche Mühe: wers anders (im Bericht) nicht geglaubt hat, wird's vmtl. auch so nicht glauben
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  • R. W.
    Moment mal!
    Ein einschneidender Eingriff in die persönliche (Mode-) Freiheit wie die Verpflichtung zum Tragen einer Maske darf immer nur zeitlich begrenzt mit einem festen Ablaufdatum festgelegt werden. Und auch nur aus wichtigem Grund.
    Es wundert doch sehr, dass die ansonsten so spitzfindige Medienwelt es noch nicht aus der Politik heraus gepresst hat, wann diese zeitlich festzulegende Frist endet. Freilich mit Option auf Verlängerung wenn Bedarf besteht, doch ein bisheriges Ablaufdatum habe ich noch nie gefunden.
    Ob es Herrn Söders persönlichem Empfingen entspricht am liebsten so lange warten zu wollen, bis ein Medikament oder ein wirksamer Impfstoff gefunden ist, spielt keine Rolle oder ist er inzwischen der liebe Gott??
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  • J. G.
    Ich kenne einige aus meinem Freundes- und Kollegenkreis, die Asthma haben. Für die ist es kein Vergnügen, wenn die einen Anfall haben. Zum Glück habe ich sowas nicht und das wünsche ich auch keinem. Für die ist ein Mundschutz quasi ein No-Go. Das sollte man auch bedenken.
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  • P. S.
    Wenn ich die Hinweise des bayerischen Gesundheitsministeriums richtig verstanden habe, reicht es sogar z. B. Asthma-Beschwerden glaubhaft zu versichern. Also muss nicht immer ein Attest sein...
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