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Würzburg
Dr. Helds Corona-Tagebuch: Wenn eine Kollegin zur Patientin wird
Covid-19 kann jeden treffen, auch Mediziner und Pfleger. Wie aber behandelt man Kollegen? Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte, berichtet exklusiv.
Wie ist es, als Mediziner eine an Corona erkrankte Kollegin zu behandeln? Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte, beschreibt seine Eindrücke.
Foto: Thomas Obermeier | Wie ist es, als Mediziner eine an Corona erkrankte Kollegin zu behandeln? Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte, beschreibt seine Eindrücke.
Bearbeitet von Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:24 Uhr

Insgesamt haben wir im Klinikum am Dienstagmorgen 13 Patienten in Corona-Isolation, einer davon wird auf der Intensivstation behandelt. Schön ist, dass wir zwei Patienten entlassen können – und drei weitere eigentlich ebenfalls nach Hause gehen könnten. Allerdings gibt es dabei Probleme, die ganz typisch für Covid-19 sind.

Dazu muss man wissen: Sars-CoV-2 wird mit einem PCR-Test nachgewiesen und der ist ultrasensitiv. Das heißt, er weist auch Spuren kleinster Partikel des Virus nach. Für die Diagnostik, wenn man eine Infektion vermutet, ist das sehr gut. Im Klinikalltag kann es aber – etwa bei Entlassungen – zu Schwierigkeiten führen.

Denn wenn wir Patienten nach Hause schicken wollen, die viel Kontakt zu anderen Menschen haben, müssen wir natürlich sicherstellen, dass sie nicht mehr infektiös sind. Und dazu nutzen wir ebenfalls die PCR-Tests. So kann es passieren, dass wir einen Patienten haben, der symptomfrei und nach unserem Verständnis klinisch genesen ist – bei dem aber ein PCR-Test trotzdem scheinbar positiv ausfällt, da noch Genspuren nicht mehr lebensfähiger Viren nachweisbar sind.

Werden Ärzte zu Patienten, ändert sich die Wahrnehmung

Genau das bereitet uns aktuell Sorgen: Wir haben zwei ältere Patienten, die ihre recht schwere Erkrankung gut überstanden haben. Sie wollen nun aber nicht wieder in ihre häusliche Umgebung zurückkehren, sondern in ein Seniorenheim. Allerdings nehmen die Einrichtungen Senioren nur auf, wenn ein Corona-Test negativ ausfällt – und bei unseren beiden Patienten ist er formal positiv. Da müssen wir einen Weg mit den Heimen und Behörden finden und sehr sorgfältig vorgehen. Weder darf man andere Menschen gefährden – noch kann man die Patienten wegen technischer Laborbesonderheiten wochenlang in der Klinik behalten. Das würde die Krankenhäuser unnötig verstopfen. Wir suchen also weiter nach einer Lösung.

Neu hinzubekommen haben wir eine besondere Patientin: eine ärztliche Kollegin. Sie arbeitet in einer anderen bayerischen Stadt, hat im Frühjahr selbst zahlreiche Corona-Fälle behandelt und sich dabei nicht angesteckt. Jetzt aber ist sie nach einem Kontakt im privaten Umfeld erkrankt. Das zeigt ein bisschen, dass Hygienemaßnahmen im Krankenhaus anscheinend ganz gut funktionieren – auf der anderen Seite kann Corona eben doch jeden treffen.

Die Kollegin ist aktuell stabil, sie kommt mit der Isolation gut zurecht, wirkt aber etwas nachdenklich. Wichtig für mich und uns ist, dass man einen Kollegen, der als Patient kommt, wirklich als Patienten annimmt. Man darf etwa im Gespräch nicht voraussetzen, dass alles gleich klar ist. Sicher haben Mediziner und Pfleger ein anderes Hintergrundwissen. Aber sobald man betroffen ist, ändert sich die Perspektive. Das wird jedem bewusst, der selbst in die Patientenrolle kommt: Im Krankenhausbett hat man schlicht eine ganz andere Wahrnehmung.

Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist auch für die Behandlung von Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er in den nächsten Wochen täglich Einblicke in den Klinikalltag unter: www.mainpost.de/corona-tagebuch

 
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