Wir sind am Montag mit 17 Corona-Patienten in die Woche gestartet, vier davon werden auf den Intensivstationen behandelt. Echte Entspannung hat das Wochenende nicht gebracht. Zwar konnten drei Patienten entlassen werden, gleichzeitig kamen aber vier neue aus dem Landkreis Main-Spessart hinzu. Und vier Menschen sind leider gestorben.
Die Verstorbenen waren alle hochbetagt und hatten mehrere Begleiterkrankungen. Trotzdem trifft einen die hohe Zahl. Wir haben für die Patienten und Angehörigen die Möglichkeit geschaffen, dass sie sich verabschieden konnten. Das war wichtig. Zwei der Angehörigen waren am Montagmorgen noch einmal hier und haben mit mir gesprochen. Sie waren trotz aller Trauer dankbar, weil sie das Gefühl hatten, dass ihre Familienmitglieder gut aufgehoben waren und niemand sie allein gelassen hat.
Das zeigt aber: Covid ist kein Kinderspiel, daran sterben Menschen. Und in diesem Fall sind es eben nicht nur abstrakte Zahlen in den täglichen Nachrichten, sondern vier Senioren, die wir hier betreut haben und die leider diesen Weg gegangen sind.
Insgesamt ist die Lage für uns im Moment unsicher, weil wir nicht wissen, was in den nächsten Tagen aus den umliegenden Landkreisen auf uns zukommt. Deshalb müssen wir immer von Vormittag zu Nachmittag, von halbem Tag zu halbem Tag schauen, prüfen, anpassen, reagieren. Zudem kommt es vermehrt auch innerstädtisch in Würzburg zum Austausch. Zum Beispiel werden wir einen Patienten aus der Uniklinik übernehmen, der eine Lungen-Vorerkrankung hat und auf der Intensivstation weiter behandelt werden muss. Dass die Kliniken in Würzburg so miteinander kooperieren, ist etwas sehr Positives. Das funktioniert nicht in allen Städten in Deutschland.
Einzelne Mitarbeiter sind mit Corona infiziert – arbeiten dürfen sie nicht
Ein ganz anderer Austausch hat für mich ebenfalls positive Folgen: Eine niedergelassene Physiotherapeutin hat darauf aufmerksam gemacht, dass auch im ambulanten Bereich Angebote zur Nachbehandlung für Corona-Patienten bestehen. Ein Beispiel ist die Atem-Physiotherapie, die unbestritten wichtig für Lungenpatienten ist. Bei uns im Klinikum werden Covid-Erkrankte deshalb von Anfang an physiotherapeutisch betreut, trotz Isolation.
Neben der Mobilisierung und dem Erhalt der Muskeln kann Physiotherapie Lungenkranken etwa dabei helfen, Hustenreiz zu lindern, Schleim zu lösen oder die Atmung bei Luftnot beeinflussen. Deshalb sind Therapeuten, die Hausbesuche bei isolierten Patienten machen, wertvoll und hilfreich.
Was generell in Gesprächen mit Mitarbeitern auffällt: Immer mehr leiden unter den eingeschränkten Kontakten. Nicht jeder hat das Glück, privat mit anderen Menschen zusammen zu leben, oft ist das Gefühl der Isolation groß. Und viele tun sich sehr schwer mit der Reduktion auf Covid im Beruf und im Privaten – alle haben ein großes Bedürfnis, auch mal über andere Themen als Corona zu sprechen.
Sorgen bereiten uns wie allen Kliniken natürlich Corona-infizierte Mitarbeiter. Denn auch bei uns sind Kollegen an Covid erkrankt, allerdings nur einzelne. Dabei gilt: Wer positiv getestet ist, wird ohne Kompromisse nach Hause geschickt, da soll definitiv keiner arbeiten. Bisher sind es zum Glück Einzelfälle – trotzdem fehlt einfach jeder Mitarbeiter.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist auch für die Behandlung von Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er dienstags, donnerstags und samstags Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch