"Ich führe euch weg vom Festland zur Klippe, da ist es zwar gefährlich, aber die Aussicht ist schöner." So warb Hermann Mengler 1996 für einen neuen Weinstil bei den Winzern der "Frank & Frei"-Gruppe. Der Präsident des Fränkischen Weinbauverbands, Artur Steinmann, erinnert sich noch heute gerne an dieses Zitat, das für die immer neuen Qualitätsoffensiven Hermann Menglers stehe. Eigentlich Dr. Mengler, denn die Fachzeitschrift "Vinum" verlieh ihm den "Doc Silvaner", in Franken gilt er als die "Super-Nase". Hermann Schmitt, Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes und Artur Steinmann nennen ihn "Galionsfigur des Frankenweins". Menglers offizieller Titel klingt eher langweilig: "Leiter der Fachberatung für Kellerwirtschaft und Kellertechnik". Zum 1. Juni geht er nach 30 Jahren in dieser Funktion in Rente.
Es gibt kaum Winzer zwischen Saale, Main- und Churfranken, die bei seinem Namen keine leuchtenden Augen bekommen. Denn der Winzersohn Hermann Mengler ging nicht nur Jahrzehnte lang in den fränkischen Weinkellern ein und aus, er hinterließ auch Spuren. Sein Rat ist geschätzt. Nicht nur "Frank & Frei", auch die "Dachmarke Silvaner", das "Silvaner-Forum" und die "Inselweinmacher" hat er mit ins Leben gerufen und nachhaltig geprägt. Er hatte die Idee zum Premium-Wettbewerb "Best of Gold", der jedes Jahr renommierte Weinexperten und Sommeliers nach Franken zieht. Die meisten Winzerinnen und Winzer in Franken dürften Artur Steinmann zustimmen, wenn er sagt: "Ohne seine stetige Beratung, zu der er jederzeit zur Verfügung stand, hätte sich mein Weingut nicht so positiv entwickeln können."
Qualität des Frankenwein gesteigert
Ihm selbst ist so viel Lob eher unangenehm. "Ich würde das nicht überbewerten", sagte der 65-Jährige zu seiner Aufnahme in die Gruppe der 25 wichtigsten Weinpersönlichkeiten Deutschlands in der Fachzeitschrift "Vinum". Er habe oft Glück gehabt, mit der richtigen Idee zum richtigen Zeitpunkt gekommen zu sein. Und er habe immer wichtige Mitstreiter für sein Engagement in Sachen Qualität und Frankenwein gewinnen können. So sei es ausgerechnet der "Rotweinpapst" Paul Fürst gewesen, der erkannt habe, "wenn wir was für Franken tun wollen, müssen wir es mit dem Silvaner machen".
Doch der Qualitätssprung des Silvaners ist untrennbar mit dem Namen Mengler verbunden. "Ich würde sogar sagen, der Qualitätssprung des Frankenweins insgesamt", sagt Robert Haller, Weingutsdirektor beim Bürgerspital in Würzburg und fränkischer Sprecher des Verbands der Prädikatsweingüter (VDP). Hermann Mengler habe sich weit über Franken hinaus in der nationalen und internationalen Weinwelt einen Namen gemacht, sagt Haller.
Start in schwierigen Zeiten
Doch die fränkischen Winzer folgten in ihrer Mehrheit Mengler und seiner Qualitätsoffensive nicht von Anfang an. Das Vertrauen musste er sich erstmal verdienen, so Haller. Dazu habe er nur wenig Zeit gehabt. Denn der Einstieg Hermann Menglers in die Kellerwirtschaftliche Beratung sei in einer schwierigen Zeit erfolgt. Noch im Jahr 1989 sei Franken mit einem Ertrag von 145 Hektoliter pro Hektar Weinberg "Ertragsweltmeister gewesen", erinnert sich Mengler. Da könne keine gute Qualität entstehen. Der Ruf des Frankenweins war angeknackst.
Bevor Mengler 1993 zum Bezirk wechselte, hatte er nach Weinbau-Lehre und Technikerschule in Veitshöchheim Weinbau und Önologie im hessischen Geisenheim studiert. Dann baute er das städtische Weingut Erlenbach (Lkr. Miltenberg) auf, wo er für seine Rotweine Preise und mit Feinkost Käfer und Alfons Schubeck namhafte Abnehmer fand.
Sensibilität statt Dogmatismus
"Hermann Mengler besitzt die Fähigkeit, die Bedürfnisse und Belange eines jeden einzelnen Winzers zu erkennen und schneidet seine Beratung darauf zu", so Manfred Rothe aus Nordheim (Lkr. Kitzingen). Ludwig Knoll vom Weingut am Stein in Würzburg pflichtet dem bei. Niemals würde er eine Stilrichtung dogmatisch vertreten, vielmehr lege er die Saat für neue Perspektiven. "Dabei hilft ihm eine große Sensibilität sowohl dem Wein als auch dem Markt gegenüber." Für ihn und sein Weingut sei er immer auch Freund und Mentor gewesen, so Knoll.
Für Manfred Rothe, der in Franken die Bioland-Winzer vertritt, habe Mengler eine Brücke zwischen ökologischen Winzern und der offiziellen Weinberatung auf der einen und dem Weinbauverband auf der anderen Seite gebaut. Heute seien große und fränkische Spitzenweingüter wie die von Ludwig Knoll, Rudolf May, Daniel Sauer, Wolfgang und Ulrich Luckert ökologisch zertifiziert.
Wenn Wein zur Poesie wird
Auch als einer der Geschäftsführer bei der Qualitätsweinprüfung und Organisator aller fränkischen Weinprämierungen hat Hermann Mengler großen Anteil an der Weinstilistik Frankens. In Gesprächen über Wein verblüfft er mit schier unglaublichem Faktenwissen. Zu jedem Jahrgang, zu jedem Weingut Frankens hat Mengler Fakten und Hintergründe parat. Wenn er aber einen guten Wein bespricht, wird er zum Schwärmer. Fast schon poetisch beschreibt er dann "Bilderbogen an Aromen" oder ist "verzückt von der Harmonie eines betörenden Fruchtextrakts mit der spielerischen Säure".
Und was macht der führende Weinexperte Unterfrankens im Ruhestand? Mengler lächelt. Zunächst einmal werde er seinen eigenen Weinberg, den er ökologisch anbaut, von jetzt einem auf 1,2 Hektar vergrößern. Doch nach der Lese, werde er mit dem Wohnmobil auf Reisen, etwa nach Südfrankreich oder Portugal gehen. Den Ausbau seiner Weine übernehme wie bisher Ludwig Knoll, mit dem er seit vielen Jahren zusammen arbeite.