Wenn Oberbürgermeister Christian Schuchardt an diesem Montagmittag die neue Kaiserstraße eröffnet, ist dies das Ende einer fast 20 Jahre andauernden Geschichte. Nachdem sich nämlich bei einer Hauptversammlung der Aktionsgemeinschaft Kaiserstraße (AKG) mit ihrem rührigen Vorsitzenden Anton Dotzel die städtischen Vertreter wieder einmal Schelte abgeholt hatten, meldete sich der damalige Oberbürgermeister Jürgen Weber zu Wort. Sofort nach dem Abschluss der Umgestaltung der Juliuspromenade solle die Kaiserstraße „zeitnah“ ebenfalls umgestaltet werden. Das Baureferat werde damit beauftragt, „umgehend mit den Planungen zu beginnen“, kündigte Weber an. Das war im Mai 1998.
Doch die lange Zeit zwischen Ankündigung und Fertigstellung nur der Stadtverwaltung in die Schuhe zu schieben, wäre falsch. Denn als kurz nach Jürgen Weber Stadtbaurat Christian Baumgart verkündete, dass eine Grundbedingung für die Neugestaltung auch eine finanzielle Beteiligung der Hausbesitzer sei, verflog die Euphorie bei so manchem Hauseigentümer ebenso schnell wieder, wie sie gekommen war. Bis dato hätten die Betroffenen in diesem Punkt nämlich „äußerste Zurückhaltung“ gezeigt, monierte deshalb Baumgart auch damals.
Geschäftsleute waren oftmals nur Mieter
Das blieb auch so, war gut ein Jahr später bei der nächsten Versammlung der AGK zu hören. Denn die an der Umgestaltung interessierten Geschäftsleute waren oftmals nur Mieter. Die Vermieter aber, so war damals laut Zeitungsbericht unterschwellig zu vernehmen, seien vielfach nur an der kurzfristig zu erzielenden Rendite interessiert. Es blieb schwierig – und die Pläne vorerst in der Schublade.
Die Straße wandelte sich. Alteingesessene Häuser wie die Dresdner Bank, die Galerie Franz Xaver Müller, ebenso die Galerie von Radegundis Villinger-Schmeller oder die Modehäuser Kasper und Kissel, sie zogen weg oder schlossen. Ein Strukturwandel fand statt, Filialisten rückten nach. Während es im Jahr 2003 in der Innenstadt durchschnittlich 30 Prozent Filialbetriebe gab, waren es in der Kaiserstraße schon 70 Prozent geworden. Und: Schneller als in der übrigen Stadt wechselten die Inhaber. Für viele Würzburger war die Kaiser- eine Ramschstraße geworden.
Ein erneuter Vorstoß der AGK
Ein erneuter Vorstoß der AGK mit Anton Dotzel im Jahr 2003 erbrachte nichts Neues. Angesichts der klammen Finanzsituation der Stadt hätten damals die Hausbesitzer den 500 000 Euro teuren Straßenumbau zu 70 Prozent bezahlen müssen. Das aber sahen diese nicht ein. Nur ein Viertel der Hausbesitzer habe sich dazu bereit erklärt, hieß es damals aus dem Rathaus. Deshalb habe die Stadt entsprechende Pläne auch nicht weiterverfolgt. Auch ein zweiter Vorstoß der Stadt im Jahr 2005, bei dem jeder Hausbesitzer nur noch 5000 Euro für eine „kleine Lösung“ hätte berappen müssen, scheiterte an mangelnder Beteiligung der Hausbesitzer. Die AGK blieb aber hartnäckig.
Den Wind aus den Segeln genommen
Hoffnung keimte auf, als Pläne laut wurden, am Hauptbahnhof die Würzburg Arcaden zu bauen. In deren Windschatten hofften viele Geschäftsleute der Straße, wieder Fahrt aufnehmen zu können. Doch wurde ihnen mit dem Bürgerentscheid gegen die Arcaden im Herbst 2006 gleich wieder der Wind aus den Segeln genommen. Im August 2006 starb auch der rührige „Chef“ der AKG Anton Dotzel nach längerer Krankheit.
Im November 2007 wurden im Haushalt der Stadt dann „für die Herstellung eines einheitlichen Oberflächenniveaus“ in der Kaiserstraße 400 000 Euro eingestellt. So viel guter Wille beeindruckte offensichtlich. Im April 2008 berichtete nämlich Stadtbaurat Christian Baumgart im Umwelt- und Planungsausschusses plötzlich von einer „erstaunlichen Zustimmung“ bei den Hauseigentümern der Kaiserstraße für die Pläne der Stadt, die Straße aufzuwerten. Die Stadt kündigte an, die Straße mit Hilfe eines Ideenwettbewerbs komplett neu zu gestalten, mit einer Absenkung der Bordsteine, einem hochwertigen barrierefreien Straßenbelag und einer neuen Straßenmöblierung. Auch das Beleuchtungskonzept solle überarbeitet sowie Konzepte für eine eventuelle Begrünung erarbeitet werden. Besonderes Anliegen der Kaisersträßler sei es außerdem, wieder eine Straßenbahnhaltestelle zu bekommen. Die haben sie trotz Stadtratsbeschluss aber bis heute nicht.
Die frühere Großzügigkeit der Kaiserstraße
Im Mai 2008 wurde der Wettbewerb ausgelobt, Anfang August die Sieger präsentiert: Es waren die Würzburger Landschaftsarchitekten und Ingenieure Ulrike Juritza und Joachim Kaiser. „Durch eine klare Strukturierung wollen die Planer die frühere Großzügigkeit der Kaiserstraße wieder erreichen, zudem soll ein durchgehendes Lichtband im Boden die Straße als Stadteingang in Szene setzen“, hieß es damals. Das prämierte Büro wurde beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Anliegern und der Stadt an der Entwicklung der Kaiserstraße mitzuarbeiten.
2014 begannen die ersten Sondierungen wie die Kampfmittelsuche. Seit 2013 kümmert sich Würzburg macht Spaß-Geschäftsführer Wolfgang Weier als Quartiersmanager um die Interessen der Unternehmer und Anlieger. Im April 2015 begann das große Graben, die Kanäle wurden saniert. Im Dezember desselben Jahres stimmte der Stadtrat den Plänen der Verwaltung für die Neugestaltung der Straße zu. Neben den Fußgängerbereichen vor den Geschäften sollte nun auch der Gleisbereich komplett erneuert werden, die Schienen beider Gleise ersetzt und für Oberflächenbelag Granitpflaster verwendet werden. Auch das geplante unterbrochene Lichtband, das den Stadtslogan „Würzburg– Welterbe–Weingenuss–Wohlgefühl“ im Morsecode ergibt, wird beschlossen.
Drei Standorte für jeweils eine Bank
Einzig die Festlegung, wie und in welcher Farbe die Straße künftig „möbliert“ werden wird, stellten die Stadträte hinten an. Dies beschließen sie erst im Oktober 2017. So hat die rund 300 Meter lange Straße nun auf der Ostseite drei Standorte für jeweils eine Bank, eine Mülltonne und eine Litfaßsäule, jeweils an beiden Endbereichen sowie in der Mitte. An drei weiteren Stellen auf der Westseite stehen zusätzliche Mülltonnen. Anstelle „farbenfroh“ wie zuerst angedacht, wurde die komplette Konstruktion nun dunkelgrau.
Für den Einbau des Granitpflasters anstelle von Betonplatten hatten sich die Anlieger in einer Versammlung im Juli 2014 ausgesprochen, auch wenn das die Kosten für die Aufwertung um rund 300 000 Euro verteuerte. Immerhin müssen die Anlieger die Hälfte dieses Betrages anteilig aus eigener Tasche berappen. Insgesamt kostete die Sanierung der Straße 5,4 Millionen Euro. Rund 2,8 Millionen Euro konnten laut Regierung von Unterfranken als zuwendungsfähig anerkannt und der Stadt für die Maßnahme ein Zuschuss von knapp 1,7 Millionen Euro in Aussicht gestellt werden. Als erste Rate bewilligte die Regierung von Unterfranken der Stadt Würzburg schon im März 2017 1,5 Millionen Euro.
Einweihung mit großem Fest
An diesem Montag nun wird die „neue Kaiserstraße“ mit einem großen Fest eingeweiht. Es beginnt ab 11 Uhr am Kaisergärtchen Musikalisch wird das Duo „Race“ für Stimmung sorgen und das Duo „Schenk Spaß“ für Abwechslung. Um 12 Uhr werden Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Stadtbaurat Christian Baumgart die Kaiserstraße dann offiziell eröffnen.
Am Freitag, 27. April wird am Kaisergärtchen eine Stele zum Gedenken an die große Anzahl von Geschäften, Firmen, Kanzleien und Praxen in jüdischem Besitz, die sich in der Kaiserstraße befanden, eingeweiht. Auf der Stele sind die Standorte und die Branchen dieser Firmen verzeichnet. Online kann man sich dazu über die Geschichte der Straße, der jüdischen Geschäftsinhaber und ihrer Firmen erkundigen.
...schöner mit dem Durchgangs-Fahrzeugverkehr?
Zumindest fällt jetzt der bis dato verstärkte Parkplatz-Suchverkehr weg
Über die Optik der Gestaltung, fehlende Bäume - die gab's ja früher auch nicht - usw. kann man sicher geteilter Meinung sein, aber im Großen und Ganzen gefällt mir die Straße jetzt besser als vorher.
MfG
Ansonsten: So lange, wie das gedauert hat ist das Ergebnis doch äußerst bescheiden, "Würzburg-like" halt....
Da war die alte Kaiserstraße schöner.