Sie ist eines der weit über die Stadt hinaus bekannten Wahrzeichen Würzburgs: die Frankenwarte auf dem Nikolausberg. Jährlich steigen rund 4000 Besucher die 173 Treppen auf den 45 Meter hohen Aussichtsturm hoch, um den Panoramablick über Würzburg und seine Umgebung zu genießen. Sie erfüllen damit den Wunsch, der vor 125 Jahren in der Urkunde zur Vollendung des Turmes stand: "Der Aussichtsthurm soll eine hervorragende Warte für unser schönes Frankenland bilden und den Besuchern von seiner Höhe aus einen schönen Überblick bis zu seinen fernen Grenzen gewähren." Am 30. Mai feiert derWürzburger Verschönerungsverein, dem der Turm und die dazugehörigen Gebäude gehören, den 125. Jahrestag seiner Fertigstellung.
"Erfinder"der Frankenwarte erlebte die Fertigstellung nicht mehr
Dass es die Frankenwarte überhaupt gibt, ist dem Würzburger Universitätsbuchhändler Veit Josef Stahel zu verdanken, der die Idee hatte, auf der höchsten Erhebung (359,5 Meter über dem Meeresspiegel) im näheren Umkreis von Würzburg einen Aussichtsturm zu errichten. Hierfür erwarb er 1887 das Grundstück der heutigen Frankenwarte. Die Realisierung seiner Idee erlebte Stahel nicht mehr, er starb 1889. Im Jahr 1890 beschloss schließlich der Verschönerungsverein Würzburg (VVW), nicht zuletzt dank vieler Spenden, das Grundstück von Stahels Erben zu erwerben. 1891 stellte Architekt Franz Carl Ostberg einen Plan sowie ein Modell für den Aussichtsturm vor, der 42 Meter hoch sein und eine Wendeltreppe mit 209 Stufen haben sollte. Im Ergebnis war der Turm drei Meter höher und hatte weniger Stufen. Die Würzburger waren Überlieferungen zufolge begeistert und zeigten sich weiter spendenfreudig.
Im April 1893 wurde mit dem Bau der Frankenwarte begonnen
Am 19. April 1893 konnte schließlich mit dem Bau des Turmes begonnen werden. Die Gesamtkosten betrugen 16 215 Mark, wie es in der neuen Broschüre derGeschichtswerkstatt heißt, die zum Jubiläum veröffentlicht wird. In dem Heft mit zahlreichen Abbildungen werden auch alle anderen Immobilien des VVW vorgestellt: Neben der Frankenwarte sind dies das Waldhaus im Steinbachtal, das Handwerkerhaus in der Pleich, die Karl-Richter-Villa an der Ecke Sanderglacisstraße/Ludwigkai, das Bismarck-Wäldchen und die Morelli-Bank und die Schutzhütte am Lindleinsberg.
Am 30. Mai 1894 konnte der Aussichtsturm schließlich mit einem großen Fest eröffnet werden. Am Abend des Eröffnungstages erstrahlte der Turm in bengalischem Licht. In den folgenden Jahren wurde mehrere Wirtschaftsgebäude angebaut und der VVW erwarb auf dem Nikolausberg weiterhin Grundstücke in einer Größenordnung von 415 Hektar, die letztlich alle bepflanzt wurden. Die Wirtschaftsgebäude waren bei den Würzburgern sehr beliebt genauso wie der Aussichtsturm, den in den ersten beiden Jahren 15500 Besucher bestiegen. Die Frankenwarte war also vom ersten Tag an eine Besucherattraktion.
1944 beschlagnahmten die Nazis den Turm für ihren Wetterdienst
1899 folgten weitere Anbauten. Da mehr und mehr Besucher zur Frankenwarte strömten, mussten vor allem die Gastronomieräume mehrfach vergrößert werden. Bis März 1945 wurde die Gaststätte durchgehend betrieben. Die Zeit des Nationalsozialismus in Würzburg hatte auch Auswirkungen auf die Frankenwarte. Noch vor der Gleichschaltung des VVW im Februar 1934 sollte über einen Architektenwettbewerb versucht werden, die äußere Gestalt des Turmes zu verändern. Der Wettbewerb kam aber nicht zustande. Während die Gaststätte bis 1945 in Betrieb war, wurde der Turm im Oktober 1944 mit der Begründung beschlagnahmt, dass er für die Wetterdienststelle des Fliegerhorstkommandos Würzburg benötigt werde.
Nach dem Bombenangriff zogen US-Soldaten in die Frankenwarte
Den Luftangriff des 16. März 1945 überstand die Frankenwarte ohne wesentliche Schäden. Daher wurde der gesamte Gebäudekomplex im Mai 1945 von der US-Armee in Beschlag genommen. In der Folge wurde im Inneren alles verändert und die gesamte Einrichtung ging verloren. Seit Pfingsten 1955 war der Turm wieder für die Allgemeinheit zugänglich.
Im September 1955 gab es auch Pläne den Turm umzugestalten. Auf halber Höhe sollte eine Plattform für ein Turmcafé entstehen. Das führte zu kontroversen Diskussionen und die Pläne waren bald wieder vom Tisch. Nachdem er seinen Traum, auf der Frankenwarte wieder eine Gaststätte zu etablieren, aufgegeben hatte, schloss der 1946 wiedergegründete VVW im Juli 1957 einen Mietvertrag mit dem bayerischen Landessportverband, der die Gebäude als Herberge, Tagungsstätte und Lehrgangsort nutzen wollte. 1967 wurde das Mietverhältnis aufgelöst und die Gesellschaft für politische Bildung e.V. wurde neuer Mieter. Sie betreibt dort bis heute die "Akademie Frankenwarte".
Heftiger Protest gegen einen 200 Meter hohen Sendemast
1981/82 wurde die Aussichtskanzel noch einmal von Grund auf saniert. Aufregung um die Frankenwarte gab es Anfang der 1990er Jahre. Denn die Deutsche Bundespost-Telekom plante auf dem Nikolausberg zusätzlich zu den bereits bestehenden Sendemasten einen 200 Meter hohen "Fernmeldesonderturm" aus Beton. Der hätte das Stadtbild gravierend negativ beeinflusst. Deshalb setzten sich der VVW und viele Würzburger Bürger gegen diese Pläne zur Wehr. Ein Gutachten zeigte schließlich auf, dass die technischen Grundlagen, die für den Bau des Sendeturms ins Feld geführt wurden, völlig veraltet waren. Seitdem herrscht wieder Ruhe rund um die Frankenwarte, die 2013 noch einmal renoviert worden ist.