Als drittstärkste Partei zog die NPD 1966 in den bayerischen Landtag ein. Ein Ergebnis, das schockierte. Das Thema „Rechtsextremismus“ prägte denn auch die politische Bildungsarbeit in der kurz zuvor gegründeten Akademie Frankenwarte. Heute sitzt mit der AfD eine rechte Partei sogar im Bundestag. Das Thema „Rechtsextremismus“ ist damit aktueller denn je. Doch wie lange die Akademie Frankenwarte hierüber noch aufklären kann, ist fraglich. Denn die Einrichtung hat massive Finanzprobleme.
Friedrich-Ebert-Stiftung steigt aus der Finanzierung aus
Rund 1,5 Millionen Euro kostet es im Jahr, die Akademie mit ihren 20 Beschäftigten zu betreiben. Mehr als die Hälfte der Summe wird inzwischen selbst erwirtschaftet. „Wir konnten die Teilnehmerzahl in den vergangenen Jahren erhöhen“, so Akademieleiter Karl-Heinz Spiegel. Gleichzeitig gelang es, Ausgaben zu reduzieren. Dennoch ist der Zuschussbedarf erheblich. Der Freistaat und die Bundeszentrale für politische Bildung helfen mit, die Einrichtung am Leben zu erhalten. Bis zu 40 Prozent des Budgets stammte in der Vergangenheit von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).
Die wiederum finanziert sich, wie jede andere parteinahe Stiftung, aus Bundesmitteln. Wie viel Geld politische Stiftungen erhalten, hängt vor allem vom Wahlergebnis ab. Weil das für die SPD wiederholt schlecht ausfiel, sanken die Bundesmittel. Die Stiftung reduzierte deshalb ihre Zuwendungen nach Würzburg. 2019 will sie, wie bereits vor vier Jahren angekündigt, ganz aus der Förderung aussteigen.
Politische Bildung als „Extremismusprävention“
Das treibt Walter Kolbow, Vorsitzende des Trägervereins „Gesellschaft für politische Bildung“, gewaltig um. Noch sieben Monate bleiben ihm, um eine Finanzierungslücke von aktuell 200 000 zu schließen. „Ich weiß noch nicht, wie, wann und ob das gelingt“, sagt der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete. Auf jeden Fall will der 74-Jährige alles daran setzen, die Akademie zu retten. Denn politische Bildung, sagt er, sei wichtiger denn je. Das sieht auch die Bundesregierung so. Im Koalitionsvertrag nennt sie im Kapitel „Extremismusprävention“ die Stärkung der politischen Bildung als wichtiges Ziel der aktuellen Legislaturperiode.
„Dass Problem ist, dass nicht gesagt wird, wie die politische Bildung gestärkt werden soll“, moniert Kolbow. Rein finanziell wäre es für die Bundesregierung ein Leichtes, Fördergelder freizugeben. Schließlich bescherten steigende Steuern und Sozialbeiträge dem Bundeshaushalt einen Überschuss von 36,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig tragen politische Entscheidungen jedoch dazu bei, dass der politischen Bildung das Wasser abgegraben wird, so Akademieleiter Spiegel.
Spiegel: „Förderkriterien sind kontraproduktiv“
So legte der Bundesrechnungshof fest, dass die Bildungseinrichtungen nur dann Bundesfördergelder über politische Stiftungen erhalten dürfen, wenn sie mindestens zu 80 Prozent mit „Maßnahmen der politischen Bildungsarbeit“ ausgelastet sind. Welche „Maßnahmen“ genau berücksichtigt werden, wird laut Akademieleiter Spiegel restriktiv definiert. So oder so könne die Frankenwarte das Kriterium nicht erfüllen: „Wir liegen bei 60 bis 65 Prozent.“ Was bundesweit sogar ein sehr gutes Ergebnis ist. Spiegel macht keinen Hehl daraus, dass er die Förderkriterien für kontraproduktiv hält: „Das ist der Tod mehrerer Einrichtung der politische Bildung.“
Noch hat Spiegel Hoffnung, dass es weitergehen wird mit seiner Akademie. „Unser Kalender für 2019 ist gut gefüllt“, meint er. Viele langjährige Kooperationspartner setzen darauf, dass sie auch künftig nach Würzburg fahren können, um Seminare abzuhalten. Während Spiegel mit Kolbow über Zukunftsstrategien diskutiert, trifft zum Beispiel ein Bus der Flughafenbetreibers Fraport aus Frankfurt ein. Fraport-Azubis der unterschiedlichen Berufsrichtungen werden bis Freitag auf der Frankenwarte politisch gebildet. Dem neuen Konzept zur politischen Bildungsarbeit von Fraport zufolge soll in Zukunft sogar noch enger mit Würzburg kooperiert werden als bisher.
Hoffen auf stärkere Unterstützung seitens des Freistaats
Karl-Heinz Spiegel hofft, dass der Freistaat die Akademie künftig stärker unterstützen wird. Zum einen finanziell. Zum anderen aber auch dadurch, dass endlich auch in Bayern das Recht auf Bildungszeit eingeräumt wird. Mit Ausnahme von Bayern und Sachsen dürfen sich Arbeitnehmer überall sonst in Deutschland eine Woche lang bei Lohnfortzahlung bilden. Etliche der pro Jahr rund 4800 Teilnehmer an Seminaren auf der Frankenwarte sind dem Akademieleiter zufolge „Bildungsurlauber“.
Wie immer es auch weitergeht mit der Akademie Frankenwarte: Spiegel wird es nicht mehr in Leitungsfunktion erleben. Er ist nun 65 und gibt sein Amt zum Jahresende ab. Ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht. Über die Frage, wie eine neue Leitungsstruktur aussehen könnte, will der Vorstand des Trägervereins am 1. Juni beraten.