Wäre Giebelstadt 2015 von einem Radiosender nicht zur „coolsten Gemeinde Mainfrankens“ gekürt worden und hätte infolgedessen innerhalb weniger Wochen ein Konzert für 10 000 Menschen auf die Beine stellen müssen, läge ein Teil des Geländes vielleicht noch im Dornröschenschlaf: Die Rede ist vom Flugplatz Giebelstadt.
Die Freifläche vor den alten Hangars, ein über zwei Hektar großes Areal, entwickelt sich seit dem Auftritt der Band „Glasperlenspiel“vor zwei Jahren mehr und mehr zum begehrten Veranstaltungsort. Nach demKonzert des Volksrock-Stars Andreas Gabalier mit 15 000 Zuschauern im Juli 2016 sind für diesen Sommer gleich vier große Veranstaltungen geplant.
Ein Konzert mit der HipHop-Band „Fanta 4“, zwei Festivals – eines für Ska-, Punk- und Hardcorefans, das andere für Anhänger elektronischer Musik – sowie ein Streetfood-Festival: Auf dem Flugplatz ist 2017 viel los. Großen Anteil daran hat die Hertlein GmbH. 2015 hatte der Würzburger Tourneeveranstalter die Gemeinde Giebelstadt beim Ausrichten des „Glasperlenspiel“-Konzerts unterstützt und war so auf das Gelände aufmerksam geworden.
Im folgenden Jahr organisierte Hertlein mehrere Open Airs für Andreas Gabalier; eines sollte im Naherholungsgebiet bei Erlabrunn stattfinden. Das Areal erwies sich als ungeeignet, als Alternative bot sich Giebelstadt an. Dem Konzert folgte ein Kooperationsvertrag zwischen der Betreibergesellschaft des Flugplatzes und der Hertlein GmbH, der den Weg für weitere Großveranstaltungen frei machte.
„Das Areal ist gut für Konzerte aller Art geeignet“, sagt Wolfgang Thiel, Projektleiter bei Hertlein. „Es gibt Platz für verschiedene Bühnen, für Camping, viele Parkplätze; gleichzeitig haben die Besucher kurze Wege.“ Auch das Flair des ehemaligen Militärflugplatzes sei toll, so Thiel, ebenso wie die Tatsache, dass das Gelände befestigt ist und man somit relativ wetterunabhängig sei.
Im Gegenzug müsse man viel an Logistik mitbringen, unter anderem acht mobile Stromaggregate für das Fanta 4-Konzert, zu dem 10 000 Besucher erwartet werden, sowie drei Kilometer Mobilzaun für die Campinganlage beim Punkrock-Festival „Mission Ready“. „Es kommen allein zehn 40-Tonner mit Material für die Bühnen sowie für die Licht- und Tonanlage – so ein Aufwand ist nur möglich, weil wir drei Veranstaltungen direkt hintereinander geplant haben“, erklärt Thiel. Das Material bleibt so lange auf dem Gelände, das von Event zu Event umgebaut wird.
Mit den Festivals, die beide zum ersten Mal stattfinden, möchte man bei Hertlein etwas Neues in der Region etablieren. Beim „Mission Ready Festival“ betont Thiel den überregionalen Charakter: „Beim Ticket-Vorverkauf hat sich ein Einzugsgebiet von bis zu 300 Kilometern herauskristallisiert; die Besucher kommen bis aus Tschechien.“ Das „Madville“ lock Fans aus einem Umkreis von etwa 100 Kilometern. Thiel rechnet mit 5000 („Mission Ready“) und bis zu 7000 („Madville“) Besuchern.
Zu den Headlinern des „Mission Ready“ zählen die Folk-Punk-Band „Flogging Molly“ und die Punkrock-Coverband, „Me First And The Gimme Gimmes“. Bei „Madville“ treten mit „Kollektiv Turmstraße“, Monika Kruse und Ellen Allien Künstler auf, die in ganz Europa und auch in Japan gebucht werden. „Bei ihnen müssen wir, gerade weil wir das Festival zum ersten Mal veranstalten, um Vertrauen werben“, so Thiel.
Hilfreich seien die Kontakte der Würzburger Diskothek Airport, die Hertlein bei der Organisation des Festivals als Partner unterstützt. „Das Airport hat in der Szene einen guten Namen“, sagt Thiel. Sein Fazit: „Wir haben viel in die Festivals investiert und hoffen, sie nachhaltig hier etablieren zu können.“
Was sich der Projektleiter für die Zukunft wünscht? „Dauerhafte Einrichtungen auf dem Platz, die bei Live-Veranstaltungen das Leben erleichtern würden – fest stehende Zäune zum Beispiel“, sagt Thiel. Man könne die Infrastruktur verbessern, „vor allem im Hinblick auf Strom.“ Der Wunsch nach Festinstallationen sei da, bestätigt Annette Barreca, Geschäftsführerin der Flugplatz-GmbH, Mittel gebe es aber noch keine. „Falls sich die Fläche weiterhin für Veranstaltungen bewährt, möchte ich nach Lösungen suchen.“
Doch wie viele Großveranstaltungen vertragen der Ort und seine Bewohner? „Theoretisch würde das Areal auch Platz für bis zu 30 000 Besucher bieten“, sagt Barreca. „Das wäre aber eine andere Hausnummer – und von den aktuellen Parkplätzen und Zufahrtswegen her nicht mehr gedeckt.“
Auch für Thiel stellt sich die Frage: „Lösen die Veranstaltungen Belastungen für Giebelstadt aus?“
Um dies zu klären, wurde nach dem Gabalier-Konzert Resümee gezogen: Sowohl die Besucher, als auch der Künstler und seine Crew seien zufrieden gewesen, war man sich beim Konzertveranstalter und im Rathaus einig. Auch von den Giebelstadtern seien keine negativen Stimmen gekommen, so Barreca.
Kritik gab es lediglich am Verkehrskonzept. Um künftig kilometerlange Staus wie bei Gabalier zu vermeiden, „muss sich der Veranstalter Gedanken machen“, so Barreca. Für einen reibungsloseren Ablauf würden zum Beispiel mehr Einweiser bei den Parkplätzen sorgen: So könnten verschiedene Parkflächen gleichzeitig bestückt werden.
„Wir überarbeiten das Konzept in engem Dialog mit der Polizei“, sagt Thiel. „Die Verkehrsführung soll generell geändert werden; außerdem finden alle Veranstaltungen an einem Samstag statt, wodurch wir den Berufsverkehr umgehen.“ Auch der Aspekt „Sicherheit“ spiele bei der Planung der Events eine große Rolle und werde durch ein umfangreiches Konzept abgedeckt.
Mit einigen dieser Themen beschäftigt sich auch Veranstalter Bobby Gerhardt. Mit seinem Streetfood-Festival macht er zum dritten Mal Station in Giebelstadt. „Das Gelände bietet sich für Open-Air-Geschichten an“, sagt Gerhardt und betont den „guten Draht ins Rathaus“. „Man fühlt sich hier sicher, es gibt genügend Parkplätze, Fluchtwege und ein gutes Sicherheitskonzept.“ Dadurch, dass bei seinem Festival ein „Kommen und Gehen“ herrsche, gäbe es kein Verkehrsproblem.
Bei der Suche nach einem geeigneten Ort in und um Würzburg für sein Festival wurde Gerhardt 2015 durch den Tipp eines Würzburger Kochs auf den Flugplatz aufmerksam. „Wir haben einige Gelände in der Stadt angefragt, sind aber gescheitert“, so Gerhardt. Das Bürgerbräu-Gelände in der Zellerau erwies sich als zu klein, die Talavera als ständig besetzt.
Die Sommermonate auf dem Flugplatz sind gut verplant – gibt es auch Ideen für den Winter? Die Flugplatz-Geschäftsführerin träumt von einem „Winter-Wunderland“, mit einer großen Eisbahn, im Januar vielleicht, nach der Weihnachtsmarkt-Saison. „Alles noch Gedankenspiele“, sagt Barreca und lacht.