Es ist heiß an diesem Samstagnachmittag. Sehr heiß. Am Giebelstädter Flugplatz steht die Hitze, über der Landebahn sieht man die Luft flimmern. Kein Baum weit und breit, der Schatten spenden könnte. Ausgerechnet heute warten auf dem Streetfood Festival Dutzende, meist heiße und oft fettige Spezialitäten auf die Besucher, die sich trotz der Hitze aus dem Haus gewagt haben.
Im Vergleich zum Vorabend, wo das Konzert der Münchner Freiheit noch Tausende Fans auf den Platz gelockt hatte, sind es jetzt deutlich weniger. Verstärkt wird der Eindruck noch dadurch, dass die einzelnen Stände und Foodtrucks heuer deutlich weiter auseinanderstehen. Auf der riesigen Fläche wirken die kleinen Grüppchen etwas verloren.
Veranstalter Bobby Gerhardt bleibt dabei jedoch ganz gelassen: „Dass bei der Hitze nicht so viele Leute kommen, ist uns schon auch klar“, meint er. „Das ist so immer noch besser als wenn es regnet oder gewittert.“ Zudem ist Gerhardt überzeugt davon, dass sich der Platz in den kühleren Abendstunden schnell füllen wird. „Wenn wir als Gradmesser nur mal die 15 000 Zusagen auf Facebook nehmen, da haben wir schon 4000 mehr als im vergangenen Jahr“, erklärt er. Damals hatte das erste Giebelstadter Streetfood-Festival rund 25 000 Besucher angelockt.
Von der oberflächlichen Gelassenheit darf man sich jedoch nicht täuschen lassen: Für den Veranstalter steht bei dem Mega-Event in Giebelstadt einiges auf dem Spiel. Denn die Beschaffenheit des Flugplatzgeländes erfordert massive Vorleistungen vom Veranstalter: Für den Strom während des Wochenendes sorgen Dieselaggregate, 4000 Liter Treibstoff fressen sie an den drei Veranstaltungstagen.
Die Wasserversorgung musste im Vorfeld eigens zum Platz gelegt werden. Dazu kommen Hunderte Meter Bauzäune und Kosten für Sicherheitsleute, die seit den Anschlägen von Würzburg und Ansbach noch einmal spürbar gestiegen sind. Auf dem Platz selbst merkt man freilich nichts von der finanziell riskanten Lage. Die Stimmung ist gelöst, auch die meisten Foodtrucker und Standbesitzer sind bei guter Laune.
Über den verhaltenen Besucherandrang wundert sich niemand: „Bei der Hitze würde ich selbst auch nicht kommen“, schmunzelt der Mitarbeiter eines Trucks. Zu beneiden sind gerade die Burgerköche in ihren engen Fahrzeugküchen wahrlich nicht. Der Schweiß glänzt schon von weitem auf der Stirn, die kleinen Ventilatoren führen einen aussichtslosen Kampf gegen die drückende Hitze im Innenraum.
Ein Donut-Stand ist gar komplett verwaist. Wo die Besitzer sind? „Die sind in ihrem Hotel geblieben, die fangen erst am Abend an“, erzählt ein Mann vom Nachbarstand. „Hat ja schließlich keinen Sinn, wenn die Schokoglasur schon zerlaufen ist bevor der Donut beim Kunden in der Hand ist.“ Ein echter Glücksfall ist der Nachmittag dagegen für den Frozen Joghurt-Stand, vor dem sich schon eine kleine Schlange gebildet hat.
Am Abend bewahrheitet sich die Prognose von Gerhardt dann tatsächlich: Es wird immer voller auf dem Gelände. Damit rückt auch weniger die Temperatur, sondern die vielen spannenden Spezialitäten in den Vordergrund: Einer der interessantesten Stände gehört Birungi Maku Juliet. Sie ist in Uganda geboren und aufgewachsen, lebt aber schon seit einigen Jahren in Deutschland. Sie hat sich ganz der authentisch- zentralafrikanischen Küche verschrieben.
Zugeständnisse an den oft wenig experimentierfreudigen deutschen Gaumen macht sie bei ihren Gerichten nicht. „Bei mir gibt es die Gerichte genau so, wie sie auch die einfachen Leute in Uganda essen würden. Ich richte mich überhaupt nicht nach dem deutschen Geschmack“, stellt sie fest. Der eine oder andere Kunde geht ihr damit womöglich durch die Lappen. Viele Besucher beäugen den Stand neugierig und schauen sich das Ganze aus sicherer Entfernung an. Interessant klingen sie ja schon, die exotischen Namen wie Sumbusa, Kabalagala oder Matooke ne bijanjaro. Viele ziehen dann aber doch lieber weiter.
Auf Nachfrage würden wahrscheinlich fast alle beteuern, dass man hier sei, um mal etwas Neues auszuprobieren. Am Ende übertrumpft aber dann doch oft der Bacon-Burger die Wurzelzubereitungen und Hühnchengerichte aus Uganda. Schade eigentlich, denn gerade die Sumbusa, mit pikant gewürztem Hackfleisch gefüllte Teigtaschen, gehören zu den wohl ausdrucksstärksten Gerichten, die es an diesem Wochenende in Giebelstadt zu genießen gibt.
Nur wenige Schritte neben dem afrikanischen Stand kann man Spezialitäten aus einem ganz anderen Teil der Welt verköstigen: Dechen, gebürtige Tibeterin, hat hier ihren Stand aufgebaut, der mit typisch tibetischen Fähnchen und Farben Besucher anlockt.
38 verschiedene Trucks oder Stände haben sich insgesamt auf den Weg nach Giebelstadt gemacht – 20 weniger als letztes Jahr. Ist das Festival also schon im zweiten Jahr in der Krise? „Wir haben die Zahl ganz bewusst verkleinert und umso mehr auf die Qualität geachtet“, beteuert Veranstalter Gerhardt. „Wir hatten Anfragen von 180 Trucks, die alle gerne gekommen wären“, betont er.
Aber was steckt wirklich hinter dem ungewöhnlichen Schritt, das Festival nach dem großen Erfolg im Vorjahr zu verkleinern? Hinter den Kulissen tobt in diesem Jahr ein harter Konkurrenzkampf im Bereich der Streetfood-Events. Das Thema wurde zum Hype, viele wollen jetzt auf den Zug aufspringen.
„Die Zahl der Festivals in dem Bereich hat sich dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr sicher versechsfacht“, beobachtet Gerhardt. „So wie das jetzt gerade ist, wird das nicht ewig weitergehen. Der Markt ist übersättigt. Langfristig können nur die Veranstaltungen überleben, die wirklich Qualität bieten. Und so eine Veranstaltung wollen wir sein.“