Bis Freitagvormittag waren in Stadt und Landkreis Würzburg 112 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Neun Bewohner eines Würzburger Seniorenheims sind mittlerweile am Virus gestorben, denn ältere Menschen mit Vorerkrankungen gehören zur Risikogruppe und sind besonders gefährdet. Auch das Kommunalunternehmen (KU) des Landkreises betreibt sieben Pflegeheime: am Hubland, in Kürnach, Estenfeld, Bergtheim, Aub, Ochsenfurt sowie Eibelstadt.
KU-Vorstand und Geschäftsführer der Senioreneinrichtungen, Alexander Schraml, und seine Stellvertreterin Eva von Vietinghoff-Scheel, die auch Geschäftsführerin und Betriebsleiterin der Senioreneinrichtungen ist, erklären im Interview, wie die Bewohner in den Pflegeheimen geschützt werden, warum Angehörige manchmal wütend sind und welchen Stellenwert Pflegekräfte eigentlich haben sollten.
Alexander Schraml: 441 Bewohner leben zum Stand 16. März in unseren Häusern. Die Zahl ändert sich fast täglich wegen der Aufnahme von Kurzzeitpflegebewohnern oder der Abwesenheit auf Grund von Krankenhausaufenthalten.
Eva von Vietinghoff-Scheel: Es gilt ein strenges Besuchsverbot, Ausnahmen werden nur wenige gemacht. Beispielsweise, wenn ein Bewohner im Sterben liegt oder es ihm ohne den Besuch eines Angehörigen signifikant schlechter geht. Es wurden alle Bestände an Gesichtsmasken, Desinfektionsmitteln und ähnlichem überprüft und rechtzeitig alles nachbestellt. Wir hoffen natürlich auf zügige Lieferungen. Die Mitarbeiter wurden alle noch einmal entsprechend sensibilisiert. Es finden keine Veranstaltungen mehr in den Häusern statt und die Bewohner sollen soweit wie möglich auf ihren Wohngruppen bleiben.
Schraml: Die Bestellung von Desinfektionsmitteln und Gesichtsmasken läuft leider nicht so reibungslos, wie wir uns das wünschen. Auch wir merken Lieferengpässe. Unsere Qualitäts- und Hygienebeauftragten sind jedoch in ständigem Kontakt mit unserem Einkauf und auf der Suche nach guten Alternativen, so dass bisher keine Beeinträchtigung der Versorgung der Bewohner gegeben ist.
Schraml: Einige Angehörige sind leider nicht sehr verständnisvoll in Bezug auf das Besuchsverbot. Die Telefonate kosten viel Zeit und Geduld, dabei werden diese strengen Maßnahmen doch gerade für die älteren Menschen durchgeführt. Zum Glück steigt das Verständnis im Laufe eines Telefonats.
von Vietinghoff-Scheel: Den Bewohnern geht es trotz des Besuchsverbots gut. Einige Bewohner freuen sich sogar über die Ruhe, die im Haus herrscht.
von Vietinghoff-Scheel: Wir merken natürlich die Krankheits- insbesondere Grippewelle auch unabhängig von Corona. Dazu kommen vielleicht noch Mitarbeiter, die außerhalb unserer Pflegeheime in Kontakt mit Corona-Patienten waren und unter Umständen zu Hause bleiben müssen. Und in Einzelfällen kommt auch noch das Betreuungsproblem mit den Kindern dazu. Zur Zeit sind aber alle Schichten in unseren Häusern besetzt und wir hoffen, dass dies so bleibt.
Schraml: Wir haben in unseren Pflegeheimen keinen Coronafall und versuchen, unsere Bewohner so gut wie möglich weiter zu schützen. Unsere Mitarbeiter sind sensibilisiert und sehr vorsichtig, sie leisten momentan noch mehr als sowieso schon.
Schraml: Es gelten die erforderlichen Hygienemaßnahmen, ein Pflegeheim ist ja schon grundsätzlich sehr gut auf Infektionen, wie zum Beispiel das Norovirus, vorbereitet. Die Qualitätsmanagementbeauftragten verfolgen zudem die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts und wir profitieren natürlich auch vom Know-How unserer Main-Klinik Ochsenfurt.
von Vietinghoff-Scheel: Bei einigen Angehörigen hört man die Dankbarkeit heraus, bei einigen leider immer noch nicht. Ob es zu einer steigenden Wertschätzung führt, können wir noch nicht sagen. Es wäre auf jeden Fall sehr schön. Unsere Pflegekräfte leisten Tag für Tag so wertvolle Arbeit, das kann nicht genug angesehen und honoriert werden.
Schraml: Es sollte immer herausgestellt werden, dass es sich um tolle Berufe handelt! Die Bürokratie sollte nicht weiter zunehmen und die Politik sollte mehr in den Dialog mit der Pflege treten, welche Vorgaben sinnvoll sind und welche nicht. Es gibt leider immer noch Vorgaben, die keinen Sinn ergeben und die Arbeit erschweren und nicht erleichtern.
von Vietinghoff-Scheel: Unabhängig von einer Ausnahmesituation sollte allen bewusst sein, dass Pflegekräfte gebraucht werden und die gesamte Gesellschaft den Pflegekräften Dankbarkeit und Wertschätzung entgegenbringen sollte. Leider sind viele Menschen nicht so dankbar, wie es eigentlich wünschenswert wäre. Dabei bringt Dankbarkeit so viel! Vor allem auch Zufriedenheit bei einem selbst.
Geht gar nicht, pflegen, auf Infektionsschutz achten und zwischendurch ans Telefon gehen. Sollte das nicht der Fall sein, dann müßten die Behören durchgreifen. Und zwar pronto!