
Die Corona-Pandemie bestimmt weiterhin die Entwicklung im Gastgewerbe: Wie geht es den Betreibern von Restaurants und Hotels in der Region? Konnten sie mit dem Sommergeschäft die Verluste des Frühjahrs ausgleichen – und wie sehen sie sich für Herbst und Winter gewappnet?
"Wenn es einen zweiten Lockdown gibt, sperren wir die Türen danach nicht mehr auf", sagt Horst Becker, Betreiber des Gasthofs "Zum Anker" in Ochsenfurt. Die Gastronomie sei gebeutelt, verdeutlicht der gelernte Koch, der seit über 35 Jahren in der Gastronomie, und davon 25 Jahre als selbstständiger Gastronom tätig ist. "Die Reserven von Kleinbetrieben sind nicht so hoch, dass man eine zweite Durststrecke überstehen könnte." Zum Gasthof "Zum Anker" gehört ein Hotel mit sechs Zimmern, die im Sommer laut Becker normalerweise zu 90 Prozent belegt sind. "Die Auslastung ist in diesem Jahr auf 30 Prozent zurückgegangen", berichtet Becker, "wir hatten im Sommer viele Tagesgäste, zum Übernachten sind aber weniger dageblieben".
Die Tatsache, dass viele Menschen ihren Urlaub zuhause bzw. in Deutschland verbracht haben, habe im Anker zwar zu einem guten Sommergeschäft, insbesondere im Biergarten, geführt, "die Verluste des Frühjahrs konnten wir damit aber nicht ausgleichen", so der Inhaber.
Für das Personal sehr belastend sei das Tragen von Masken. "Es ist fürchterlich, in der Küche, wo eh hohe Temperaturen herrschen, mit Maske arbeiten zu müssen", sagt Becker. "Das ist eigentlich ein No-Go." Seine Frau Claudia Becker arbeitet im Anker im Service, "ihr Schrittzähler kam im Sommer auf 15 bis 18 Kilometer pro Tag – das das ist mit Maske eine Zumutung, da ist man abends komplett durch."

Als "nicht so rosig", beurteilt der Gastwirt die Aussichten für den bevorstehenden Winter: "Wir haben nicht so viel Platz im Gastraum." Statt wie bisher 70 Plätze können durch das Hygienekonzept nur noch zirka 40 belegt werden. Den Fakt, dass man hinsichtlich Corona "nicht weiß, wie’s weitergeht" empfindet Becker als belastend. Abwarten, was kommt und versuchen, die Vorgaben bestmöglich umzusetzen, lautet seine Devise. "Vielleicht stellen wir im Herbst und Winter im Freien im Biergarten Feuerschalen für die Gäste auf."
Gotisches Haus als Glücksfall für Betreiber des "Bären"
Die Ungewissheit, diffuse Ängste, das Gefühl, die Situation nicht in der Hand zu haben, das ist es auch, was Familie Morhard aus Randersacker während der Corona-Zeit am meisten belastet. Stefan und Rita Morhard betreiben den Gasthof Bären seit 1984 und haben nach eigenen Aussagen im Laufe der Krise "viel aufgeholt, aber auch viel geopfert." Mit dem Geschäft im Restaurant sind sie trotz der Corona-bedingten Schließung im Frühjahr zufrieden. "Das Restaurant läuft sehr gut – wenn es so weitergeht, sogar mit mehr Umsatz als im Vorjahr", sagt Rita Morhard.
Der Preis dafür: eine Sieben-Tage-Woche im Mai und Juni sowie ein gestrichener Urlaub im August. Dass das Sommergeschäft so gut lief, führt Morhard unter anderem darauf zurück, dass die Gäste sich sicher gefühlt hätten. "Wir haben einen großen Biergarten und konnten die Abstände gut einhalten." In den kalten Monaten hilft den Bären-Betreibern ihr Anbau: Restaurantgäste, die aufgrund der Abstandsregeln nicht in den Gastraum passen, können nebenan auf das Gotische Haus ausweichen, dessen großes Foyer nun auch als Restaurant genutzt wird. "Das ist ein Glücksfall, auch wenn das Servicepersonal nun weitere Wege hat", sagt Morhard.
Zum Bären gehört auch ein Hotel mit 71 Betten; hier fällt Morhards Fazit anders aus. Zwar hätten sich einige Gäste, die sonst nur über das Wochenende geblieben wären, in diesem Sommer für fünf bis sieben Tage einquartiert, doch: "Wir hatten neun Wochen geschlossen, das kann man nicht aufholen", so Rita Morhard. Hinzu kommen viele Stornierungen für die Wintermonate; häufig ziehen die Kunden ihre Buchung aus Angst vor Corona zurück, so die Inhaberin.
Auch das Tagungsgeschäft im Haus sei zunächst komplett zum Erliegen gekommen. Ende Juni konnten die ersten Tagungen wieder stattfinden – draußen, und unter strengen Hygienevorschriften.
Vor den Wintermonaten hat Morhard großen Respekt: "Vom Personal und den Gasträumen her könnten wir es gut hinbekommen – wenn es nicht wieder einen Lockdown gibt." Sie wünscht sich, dass von Seiten der Politik keine Angst verbreitet wird. "Man geht nur aus, wenn man sich sicher fühlt", so ihre Überzeugung. Gerade ältere Gäste würden sich kaum mehr in Gaststätten trauen.
"Der Anfang war eine Katastrophe", erinnert sich Birgit Linke vom "Vogelhaus" in Sommerhausen an die ersten Monate mit Corona. "Man wusste nicht, wie lange der Lockdown dauert, wie man weiter existiert." Schließlich standen gleich mehrere Bereiche völlig still: Das Vogelhaus, zu dem auch zwei Ferienwohnungen gehören, ist Geschäft für Kunsthandwerk, Restaurant und Kulturstätte – im Gewölbekeller finden normalerweise Konzerte, Lesungen und Theater statt.
Auch das Personalgebilde brach zusammen, ihre drei Angestellten konnte Linke während des Lockdowns nicht weiter beschäftigen. Teils allein, teils mit der Unterstützung von Freunden habe sie sich durch die schwierige Zeit gekämpft, erzählt Linke. "Ich habe versucht, in Bewegung zu bleiben und etwas Gutes anzubieten", beschreibt sie ihr Überlebensmotto. „Es war absolut abenteuerlich."
Um als "Vogelhaus" im Gespräch zu bleiben, bot Linke in der Corona-Anfangszeit Mittagessen "to go" an. Andere Gaststätten schlossen sich an; in einer WhatsApp-Mittagstischgruppe sowie über die Tourist Information in Sommerhausen konnte man erfahren, welches Lokal wann welche Gerichte auf dem Plan hatte.
Absage des Sommerhäuser Weihnachtsmarkts führt zu Stornierungen
Auch wenn das Restaurant-Geschäft ab Juni im Freien "normal bis gut" gelaufen sei: "Der Sommer hat nichts reingeholt", sagt Linke. "Das, was wir im Frühjahr nicht verdient haben, ist unwiederbringlich verloren." In den kalten Monaten kommt nun ein Platzproblem dazu: Die Gaststube im Vogelhaus ist klein, statt 40 Gästen haben aufgrund des Hygiene- und Sicherheitskonzepts nur noch 20 Platz.

Ähnliches gilt für den Kulturkeller: 24 statt 70 Gäste können kommen; wirtschaftliches Arbeiten ist so unmöglich. "Ich muss es trotzdem machen", sagt Linke, "ich habe eine hohe Pacht und muss mindestens meine Miete bezahlen können." Was die Ferienwohnungen angeht, ist Linke mit dem Geschäft von Juli bis Oktober zufrieden. Doch die Absage des beliebten Sommerhäuser Weihnachtsmarktes trifft sie hart: "Es gibt viele Stornierungen – sonst ist an den Dezember-Wochenenden immer alles belegt."
"Jetzt kommt die richtig harte Zeit", sagt Birgit Linke mit Blick auf den Winter. Es sei ein Wunder, dass es das Vogelhaus noch gebe. Doch wie Horst Becker aus Ochsenfurt ist sie sich sicher: "Wenn noch ein Lockdown käme, müsste ich schließen."