Die Zahl der Corona-Neuinfektionen bleibt deutschlandweit hoch – allen Lockdown-Maßnahmen zum Trotz. Auch in Unterfranken lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch mit 118,8 noch deutlich über dem angepeilten Zielwert von 50. Für viele Kliniken in der Region heißt das: Entspannung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. "Die große Herausforderung bleibt die Versorgung der Intensivpatienten", sagt Dr. Matthias Held, Lungenspezialist und Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Drohen dabei Engpässe in der Region?
Der Blick in das Intensivregister, in dem bundesweit die Kapazitäten erfasst werden, zeigte für diesen Mittwoch, 13. Januar: In Bayern waren 466 Intensivbetten frei und insgesamt 2924 belegt. In Unterfranken waren laut Register am Vormittag noch 61 Intensivbetten frei und 396 belegt. Im Regierungsbezirk wurden demnach mit Stand Mittwoch 77 Covid-Patienten intensivmedizinisch behandelt.
Uniklinik: Zahl der Nicht-Corona-Intensivpatienten steigt
Allerdings sind diese Zahlen nur eine Momentaufnahme, die Situation auf Intensivstationen kann sich nach Angaben von Experten stündlich ändern. Zudem werden im Register Intensivbetten unterschiedlicher Versorgungsstufen erfasst. Gemeldet werden könnten beispielsweise auch Betten zur intensivmedizinischen Überwachung, in denen aber keine invasive Beatmung möglich wäre, sagt Josefine Astl, Sprecherin des Rhön-Klinikums in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld).
Im Rhön-Klinikum sind derzeit 41 der 43 Intensivbetten belegt – drei davon mit Covid-Erkrankten. Nach einem deutlichen Anstieg der Corona-Fälle nach Weihnachten durch Ausbrüche in Pflegeheimen habe sich die Lage im Moment stabilisiert, so Astl. Die Mitarbeiter könnten das Patientenaufkommen stemmen.
Ähnlich sieht es im Klinikum Würzburg Mitte (KWM) aus. Dort stehen grundsätzlich 20 Intensivbetten mit Beatmungskapazität zur Verfügung. "Stand Montagabend waren alle belegt", sagt der Ärztliche Direktor Dr. Matthias Held. Dennoch sei das Klinikum handlungsfähig gewesen: Im Notfall hätten Patienten auf die Normalstation verlegt werden können.
Auch in der Würzburger Universitätsklinik sind momentan mehr als drei Viertel der Intensivbetten belegt – 13 Corona-Patienten werden hier intensivmedizinisch betreut. Entspannt habe sich die Lage auf den Intensivstationen nicht, sagt der Ärztliche Direktor Professor Jens Maschmann. Der Grund: Die Zahl der Patienten mit anderen akuten schweren Erkrankungen habe zugenommen.
Von Entwarnung will auch Professor Hauke Rensing, Chefarzt Anästhesie und Operative Intensivmedizin im Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt, nicht sprechen. Im Vergleich zur Weihnachtszeit sei die Corona-Situation an der Klinik zwar ein wenig besser. Nichtsdestotrotz könnten die Zahlen schnell wieder steigen. Insgesamt sind im Leopoldina- Krankenhaus laut Rensing derzeit 41 der 48 Intensivbetten belegt, zwei davon mit Covid-Patienten.
Fast überall in der Region ist der Anteil der Corona-Erkrankten auf den Intensivstationen somit relativ gering. In den Landkreisen Main-Spessart und Haßberge etwa wurde laut Intensivregister an diesem Mittwoch nur jeweils ein Covid-Patient intensivmedizinisch behandelt. Trotzdem ist die Auslastung der Intensivstationen dort hoch, die Betten sind belegt. Warum?
Die Nachfrage bei mehreren unterfränkischen Kliniken ergibt: Bei den Intensivpatienten handelt es sich häufig um Menschen mit schweren Lungen- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfällen. Hinzu kommen beispielsweise Schwerverletzte nach Unfällen oder Patienten, die große operative Eingriffe hinter sich haben.
Covid-Erkrankte müssen oft wochen- und monatelang intensiv versorgt werden
Oder eben schwere Covid-19-Fälle. Und dies sind bei weitem nicht nur hochbetagte Senioren mit Mehrfacherkrankungen, sagt Lungenspezialist Matthias Held. Das Alter der Covid-Intensivpatienten liege im Klinikum Würzburg Mitte derzeit von 44 bis 76 Jahren. Auch litten nicht alle Betroffenen unter Vorerkrankungen. In der Uniklinik Würzburg werden aktuell ebenfalls Corona-Intensivpatienten behandelt, die nur knapp über 40 Jahre alt sind. Der Altersdurchschnitt der Corona-Intensivpatienten im Rhön-Klinikum und im Leopoldina-Krankenhaus indes liegt derzeit bei über 70 beziehungsweise 75 Jahren.
Das Problem in allen Krankenhäusern: Eine Corona-Infektion verläuft oft zäh, wer schwer erkrankt, muss teils sehr lange intensivmedizinisch betreut werden. 20 Tage sind es im Schnitt im KWM, das Rhön-Klinikum spricht sogar von bis zu drei Monaten. Die Folge: Die Intensivbetten werden so schlicht länger benötigt als bei vielen anderen Intensivpatienten.
Das ermuntert viele Leichtfertige, sich nicht an die Beschränkungen zu halten. Vielleicht wird manchen nun doch bewusster, dass diese Krankheit auch für jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen eine Gefahr darstellt.
Geht's noch? Was hätten's denn gern noch in den Medien?