Tobias Hans ist einer jener Politiker, die schon seit Wochen auf die steigenden Corona-Zahlen hinweisen. „Leute, nehmt Corona endlich wieder ernst“, twitterte der saarländische Ministerpräsident erst vor einigen Tagen.
Nun legte er in einem Interview mit einer dramatischen Warnung nach: „Die Situation ist erschreckend und alarmierend: Schon bald kann es zu einem Kollaps in vielen der 1900 Krankenhäuser in Deutschland kommen“, prognostizierte er im Gespräch mit der „Bild am Sonntag“. Gerade im Moment, wo jeder Intensiv- und Beatmungsplatz dringend benötigt werde, würden Kliniken aus der Versorgung fallen, Stationen geschlossen und Notaufnahmen abgemeldet. „Grund ist fehlendes oder erkranktes Pflegepersonal“, betonte Hans.
Blickt man auf die Zahlen, dann ist die Lage in einigen Bundesländern angespannt – und zum Teil ernster als während der ersten Coronavirus-Welle im März und April. Das Robert Koch-Institut meldete am Wochenende rund 33 000 neue Fälle, in denen Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden sind. Auf Intensivstationen werden 2061 Covid-19-Patienten behandelt. Belegt sind in Deutschland laut Intensivregister aktuell etwa zwei Drittel aller Intensivbetten.
Das hat aber nicht nur mit der Zahl an Covid-Patienten zu tun, sondern auch damit, dass viele Kliniken im Land weiterhin an ihrem Routineprogramm festhalten, also zum Beispiel Magen-Bypässe legen oder Gelenk-Operationen vornehmen.
In Bayern etwa machen Corona-Patienten nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin rund sechs Prozent aller Menschen auf den Intensivstationen aus, Tendenz steigend. Dabei hat sich die Zahl der Covid-Patienten, die auf Intensivstationen in Bayern beatmet werden, nach Angaben der Bayerischen Krankenhausgesellschaft innerhalb eines Monats mehr als vervierfacht – auf 224 Covid-Patienten, wie der Geschäftsführer der Gesellschaft, Siegfried Hasenbein, am Sonntag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in München erklärte.
Auch in vielen anderen Bundesländern sind die Zahlen bei der Bettenbelegung ähnlich. Um mehr Platz in den Krankenhäusern zu schaffen, fordert Saarlands Ministerpräsident Hans Unterstützung für Häuser, die – wie im Frühjahr – auf Routine-Eingriffe verzichten und Betten für Covid-Patienten zur Verfügung stellen.
Sollte die Zahl der Covid-19-Patienten weiter steigen, setzt die Bundesregierung auf eine vom Bundesinnenministerium und den Gesundheitsministerien der Länder ausgearbeitete Notfall-Strategie: Intensivpatienten sollen nach einem „Kleeblattprinzip“ über Deutschland verteilt werden.
Die Bundesrepublik ist demnach in fünf Regionen unterteilt, die sich bei der Übernahme von Patienten unterstützen. Bayern bildet dabei wie Nordrhein-Westfalen eine eigene Großregion. Baden-Württemberg ist einer Ländergruppe mit Rheinland-Pfalz und dem Saarland zugeteilt.
In den unterfränkischen Krankenhäusern werden aktuell 18 Covid-19-Patienten intensiv versorgt. Sechs der Erkrankten müssen beatmet werden. Das zeigt ein Blick ins Intensivregister, in dem bundesweit die Kapazitäten erfasst werden.
Anfang November stehen demnach in der Region 455 Intensivbetten zur Verfügung – 146 davon sind frei. Damit sind die Intensivbetten, wie in ganz Bayern, bereits ohne schwere Corona-Fälle im Schnitt etwa zu zwei Dritteln belegt.
(Mit DPA, Mitarbeit: Susanne Schmitt)