Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht und einige prominente Sportler warten auf den Totimpfstoff gegen das Coronavirus. Was unterscheidet diesen von den Vakzinen, die bislang in der EU zugelassenen sind? Wie wirken die mRNA- und die Vektor-Impfstoffe? Und wie funktioniert eigentlich unser Immunsystem?
Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Impfung geben das Paul-Ehrlich-Institut, das Bundesgesundheitsministerium und Prof. Oliver Kurzai, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie an der Universität Würzburg.
Wie arbeitet das Immunsystem?
Das Immunsystem macht Viren und andere Erreger unschädlich, die in den Körper gelangen. Dazu bilden Immunzellen Abwehrstoffe, die einen bestimmten Erreger anhand von Bausteinen auf der Oberfläche erkennen. Diese Abwehrstoffe, die Antikörper, binden an den Erreger und zerstören ihn oder sie ermöglichen anderen Immunzellen, das zu tun. Wieder andere Immunzellen erkennen virusinfizierte Körperzellen und vernichten sie. Das Besondere: Einige Zellen dieses Systems merken sich bestimmte Merkmale eines Erregers, die Antigene. Kommt dieser Erreger dann irgendwann erneut in den Körper, wird das Immunsystem viel schneller und effizienter aktiv als beim ersten Kontakt.
Was sind Antigene und Antikörper?
Ein Antigen ist ein Baustein eines Erregers, das vom Immunsystem als körperfremd erkannt wird - zum Beispiel das Spike-Protein der Hülle des Corona-Virus. Das Immunsystem reagiert mit der Bildung von Immunzellen und Antikörpern. Daher der Name Antigen: Antikörper generierend - mit Genen, also der Erbsubstanz haben Antigene nichts zu tun.
Was passiert bei einer Impfung?
Die Impfung nutzt die Gedächtnisfunktion des Immunsystems. Impfstoffe präsentieren Antigene - ohne den krankmachenden Erreger selbst. Beim Coronavirus genügt zum Beispiel die Präsentation des Spike-Proteins: Das Immunsystem bildet dann Antikörper, die in Blut und Gewebe zirkulieren sowie Immunzellen, die von Coronaviren infizierte Körperzellen erkennen. Kommt es zu einer echten Infektion, erkennen Antikörper und Immunzellen die Antigene auf dem Virus - und die Abwehr beginnt. Eine geimpfte Person hat damit einen deutlichen Vorsprung bei der Bekämpfung des Coronavirus und kann es unschädlich machen, bevor es die Organe schädigt.
Wie funktioniert ein mRNA-Impfstoff?
Die Impfstoffe von Moderna und Biontech enthalten den Bauplan für das Spike-Protein auf der Hülle des Coronavirus in kleinen Fettpartikeln. Der Bauplan für dieses Antigen wurde im Labor hergestellt und besteht aus mRNA (Abkürzung für "messenger ribonucleic acid", also Boten-Ribonukleinsäure). Die mRNA ist der universelle Bauplan, nach dem Viren, Bakterien und tierische Zellen ihre Bestandteile bauen. Auch menschliche Zellen bauen nach der Impfung anhand der mRNA das Spike-Protein des Coronavirus - und dann reagiert das Immunsystem.
Was ist ein Vektor-Impfstoff?
Beim Impfstoff gegen Ebola, den Corona-Impfstoffen von Astrazeneca und Johnson & Johnson sowie beim russischen Sputnik V ist die genetische Information für das Spike-Protein in eine harmlose, nicht mehr vermehrungsfähige Virushülle eingebaut. Dieser Träger, lateinisch Vektor, bringt – ähnlich wie die Fettpartikel der mRNA-Impfstoffe - den Bauplan für das Spike-Protein in die Zellen, damit die Immunreaktion startet. Der Mechanismus von mRNA- und Vektor-Impfstoffen ist also sehr ähnlich, der Unterschied liegt im Transportmittel.
Was ist ein Protein-Impfstoff?
Der amerikanische Hersteller Novovax hat nach erfolgreichen Studien in den USA Mitte November die Zulassung seines Corona-Impfstoffes in der EU beantragt. Bei diesem wird das Spike-Protein mit gentechnischen Verfahren in Bakterienkulturen hergestellt. Mit dieser Methode wird zum Beispiel auch Insulin für Diabetiker erzeugt. Da Impfstoffe, die nur ein Protein als Antigen enthalten, keine sehr gute Immunantwort hervorrufen, ist im Novavax-Impfstoff ein Hilfsmittel enthalten, das sogenannte Adjuvans, das das Immunsystem aktivieren soll.
Wie funktioniert die Impfung gegen Mumps und Masern?
Impfstoffe gegen Mumps, Masern und Röteln enthalten Erreger, die sich zwar noch vermehren können, aber keine krankmachenden Eigenschaften mehr haben. Für solche Lebendimpfstoffe wurden früher Viren in Hühnereiern vermehrt, heute passiert das meistens in Zellkulturen. Bisher gibt es keine zugelassenen Lebendimpfstoffe gegen das Coronavirus. Das US-Unternehmen Codagenix hat mit einem solchen Impfstoff, der als Nasenspray verabreicht wird, Studien begonnen.
Was ist ein Totimpfstoff?
Totimpfstoffe wie zum Beispiel gegen Tetanus oder Hepatitis B enthalten abgetötete, also nicht mehr vermehrungsfähige Krankheitserreger oder Bestandteile von ihnen. Auch Protein-Impfstoffe gehören zu den Totimpfstoffen. Diese werden mit gentechnischen Methoden hergestellt.
In der EU sind Totimpfstoffe gegen Corona noch nicht zugelassen. Weltweit werden diese aber am häufigsten eingesetzt. Totimpfstoffe aus chinesischer Herstellung sind Coronavac und Sinopharm, daneben gibt es das russische Covivac und das indische Covaxin, die alle inaktivierte Coronaviren enthalten. In der Zulassungsphase für die EU befindet sich das Vakzin des österreichisch-französischen Unternehmens Valneva. Die EU hat bereits Dosen bestellt.
Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Impfstoffe?
Bei mRNA-Impfstoffen ist das Risiko für Nebenwirkungen geringer als bei "klassischen" Vakzinen, da die Herstellung ohne Zellkulturen erfolgt, die zu einer Verunreinigung führen könnten. Anders als bei Protein-Impfstoffen sind auch keine Adjuvantien nötig, die häufig für Nebenwirkungen verantwortlich sind. Außerdem können sie relativ einfach hergestellt und Mutationen angepasst werden.
Vektor-Impfstoffe haben ähnliche Vorteile. Allerdings löst bei ihnen auch das Trägervirus eine Immunantwort aus. Bei weiteren Verabreichungen wirkt der Impfstoff deshalb nicht mehr gut, mehr als zwei Impfungen machen daher keinen Sinn. Bei Johnson & Johnson gibt es inzwischen Hinweise, dass die Immunantwort nicht so stark ist.
Totimpfstoffe haben laut Mediziner Oliver Kurzai aus wissenschaftlicher Sicht keine Vorteile. Aktuelle Studien zeigten, dass sie weniger Schutz vor Virusvarianten bieten.
Ein Lebendimpfstoff wäre eine Impfung mittels Covid-19 Erreger in abgeschwächter Form, damit das Immunsystem diesen dann bekämpfen kann und ihn kennen lernt. Sprich mit einem Lebendimpfstoff wird man wirklich mit dem Erreger infiziert.
Ergänzend würde ich mir noch die Historie zu mRNA- und Vektorimpfstoffen wünschen, da immer wieder behauptet wird, diese seien neu und kamen zu schnell. Oder auch andere Hintergründe wie Zulassungsverfahren, Haftung, etc. - wenn man sich mal etwas mit den Details beschäftigt, wird einem sehr schnell klar, dass dieses vermeintliche hin und her eigentlich ziemlich normal und gut ist.
Die Verunsicherung und Hysterie in Teilen der Bevölkerung ggü. den verschiedenen Wirkprinzipien der Impfstoffe und Ausrollverfahren sind für mich nicht mehr nachvollziehbar. Als hätte man sich früher darum geschert, was man bei einer Impfung in den Arm bekommt oder welche Tabletten man sich täglich in den Rachen wirft...
Ein mRNA Impfstoff ist Stand der Forschung heute. Das oben stehende Schaubild macht klar, wie das Ganze funktioniert. Der Impfstoff liefert lediglich den Bauplan der Virushülle, die der Körper selbst „nachbaut“. Die Körperabwehr reagiert dann auf diese leere Kopie ohne Viren DNA. Super Sache. Da müssen keine echten, wie auch immer deaktivierten Laborviren injiziert werden.
Wer will, kann ja gerne auf den Totimpfstoff warten. Wer lieber einen echten Virus als "Trainingsobjekt" in der Blutbahn will, nur zu. Der Immunisierungsprozess, der da im Körper abläuft, ist im Endeffekt der gleiche. Nur das "Trainingsobjekt" könnte gefährlicher sein.
Und beim nächsten Beinbruch bitte dann Haxn ab! Nix neumodisches Zeugs.