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Würzburg
Aufklärung: Was Sie jetzt zur Corona-Impfung wissen sollten
Das Tempo der Impfkampagne zieht an, doch die Verunsicherung bleibt und der Informationsbedarf ist enorm. Mediziner Oliver Kurzai hat Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Eine Krankenschwester zieht den Impfstoff von Hersteller Moderna auf. Er funktioniert wie das Vakzin von Biontech/Pfizer nach dem mRNA-Prinzip. 
Foto: Friso Gentsch, dpa | Eine Krankenschwester zieht den Impfstoff von Hersteller Moderna auf. Er funktioniert wie das Vakzin von Biontech/Pfizer nach dem mRNA-Prinzip. 
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:46 Uhr

Erst die Fragezeichen hinter dem Impfstoff von Astrazeneca sowie dessen Beschränkung. Nun der vorläufige Auslieferungsstopp für das Vakzin von Johnson & Johnson, ebenfalls wegen aufgetretener Thrombosen: Die Verunsicherung bei Impfwilligen wird dadurch nicht kleiner, auch wenn die Impfbereitschaft weiter hoch ist. Aufklärung ist gefragt. Antworten auf aktuelle Fragen gibt Prof. Oliver Kurzai vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Uni Würzburg, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie.

Sind wegen der Thrombose-Fälle generell die Vektor-basierten Impfstoffe wie von Astrazeneca und Johnson & Johnson problematisch?

Die Vermutung, dass diese Nebenwirkungen mit dem Vektor zu tun haben, ist nur eine Hypothese, aber naheliegend. „Es sieht so aus, als ob dieses Problem tatsächlich mit dem Vektorimpfstoff zusammenhängen könnte“, sagt Prof. Oliver Kurzai. Allerdings fehlten noch die wissenschaftlichen Beweise.

Sollte man in der weiteren Impfkampagne noch auf Vektorimpfstoffe wie auch Sputnik V setzen?

Beim russischen Vakzin werden etwas andere Viren als Vektoren verwendet, allerdings stammen sie aus der gleichen Gruppe wie bei den schon zugelassenen Impfstoffen. Nach den bisherigen Erfahrungen wird man genau hinschauen. Aber: Prinzipiell bieten auch Vektorimpfstoffe einen wirksamen Schutz.

Ist das mRNA-Verfahren besser? Sind die mRNA-Impfstoffe verlässlicher als die Vektorvakzine?

Ein direkter Vergleich ist mangels längerfristiger Erfahrungswerte noch nicht möglich. „Gezeigt hat sich aber, dass die mRNA-Impfstoffe bei Covid-19 erstaunlich gut funktionieren. Die Technologie ist erfolgreich“, sagt Kurzai. Mit Ausnahme vereinzelter allergischer Reaktionen habe es hier bisher – anders als bei den Vektorimpfstoffen – praktisch keine schweren Nebenwirkungen gegeben.

Prof. Dr. Oliver Kurzai, Inhaber des  Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie der Universität Würzburg.
Foto: Hans-Knöll-Institut Jena | Prof. Dr. Oliver Kurzai, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie der Universität Würzburg.
Gibt es Unterschiede bei den Nebenwirkungen je nach Impfstoff-Prinzip?

Die typischen und häufigen Nebenwirkungen treten bei beiden Impfstoffen auf: Schmerzen an der Einstichstelle, etwas Fieber, Abgeschlagenheit. Bei den mRNA-Impfstoffen ist dies eher mit der Zweitimpfung, bei Astrazeneca mit der Erstimpfung der Fall. Thrombosen als seltene Nebenwirkungen wurden bei Astrazeneca und Johnson & Johnson festgestellt. Bei den mRNA-Impfstoffen wurden in sehr selten Fällen schwere allergische Reaktionen bekannt.

Was kann ich als Geimpfter gegen leichtere Nebenwirkungen tun?

Fachleute wie Kurzai raten dringend, bis zu 24 Stunden nach der Impfung auf Sport, Sauna und Alkohol zu verzichten. „Das reduziert die Häufigkeit von Nebenwirkungen deutlich.“ Gegen allgemeine Beschwerden lässt sich nicht viel ausrichten, Ruhe und Tee können helfen. Bei Fieber können fiebersenkende Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol genommen werden.

Welche Impfstoffe sind für welche Alters- oder Geschlechtsgruppe besonders geeignet?

Hier gelten die Richtlinien der Ständigen Impfkommission (Stiko). Sie prüft die Impfstoffe und passt die Vorgaben bei Bedarf und neuen Erkenntnissen an – die ständige Aktualisierung der Empfehlungen zu Astrazeneca zeige eigentlich, wie gut das in Deutschland funktioniert, so Kurzai. Entsprechend wird die Impfung von Astrazeneca mittlerweile nur für Über-60-Jährige empfohlen, die anderen Impfstoffe je nach Zulassung ab 16 oder 18 Jahren. Eine Unterscheidung zwischen Frauen und Männern nimmt die Stiko nicht vor. Allerdings sind die Sinusvenenthrombosen hauptsächlich bei jüngeren Frauen aufgetreten.

Wann kommt eine Impfung mit Astrazeneca auch für Unter-60-Jährige in Frage?

Wenn dies der Hausarzt nach einer Risikoabwägung im Einzelfall befürwortet. Kurzai nennt zwei Beispiele: Eine 25-jährige übergewichtige Frau, die die Pille nimmt und Kettenraucherin ist, sollte auf Astrazeneca verzichten, weil sie bereits ein erhöhtes Thrombose-Risiko hat. Bei einem 59-jährigen fitten und gesunden Mann dagegen "gibt es keinen Grund, der gegen eine Impfung mit Astrazeneca spricht".

Der gefragteste und am meisten verbreitete Corona-Impfstoff in Deutschland: Das Vekzin Comirnaty der Hersteller Biontech und Pfizer. 
Foto: Ronny Hartmann, dpa | Der gefragteste und am meisten verbreitete Corona-Impfstoff in Deutschland: Das Vekzin Comirnaty der Hersteller Biontech und Pfizer. 
Wie groß ist das Risiko einer Hirnvenenthrombose bei Geimpften über 60 Jahren?

Bei Frauen unter 60 beziffert die Stiko das Risiko für eine Hirnvenenthrombose nach Astrazeneca Impfung auf eins zu 100 000. Im Alter über 60 Jahren ist das Risiko so gering, dass es Kurzai zufolge nicht mehr seriös in Zahlen zu benennen ist. Das generelle Risiko ohne Impfung für Frauen unter 60, an einer Sinusvenenthrombose zu erkranken, liegt laut Stiko zwischen zwei und drei von 100 000. Männer haben generell ein niedrigeres Risiko für diese Komplikation.

Ist auch für den Impfstoff von Johnson & Johnson eine Altersempfehlung für Über-60-Jährige zu erwarten?

Die Zahlen aus der dritten Studienphase sind noch nicht veröffentlicht. Die Stiko und die Europäische Zulassungsbehörde können sie einsehen, eine Entscheidung dazu gibt es aber noch nicht. Kurzai hält eine Beschränkung analog zu Astrazeneca für denkbar.

Sind die mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna gleichwertig?

Ja, bei Sicherheit und Wirksamkeit hat sie die Stiko als gleichwertig eingestuft. Einen Unterschied gibt es beim Mindestalter der Impflinge: Biontech/Pfizer ist ab 16 Jahren, Moderna erst ab 18 Jahren zugelassen.

Um welche Art Impfstoff handelt es sich beim angekündigten Vakzin der Tübinger Firma CureVac?

CureVac hat ebenfalls einen mRNA-Impfstoff entwickelt. Die Daten der Phase 3 werden in nächster Zeit erwartet, dann kann die Zulassung schnell geprüft werden. Oliver Kurzai erwartet bei entsprechender Datenlage einen ähnlich wirksamen und sicheren Impfstoff wie von Biontech und Moderna.

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Stößt Astrazeneca wegen seines schlechten Images auf Ablehnung bei den Über-60-Jährigen?

Vereinzelt ist dies der Fall. In der Breite hätten sich die Menschen aber nicht verunsichern lassen, ist Prof. Kurzai überzeugt. "Viele sind sehr gut informiert und entscheiden sich auf dieser Basis ganz rational für eine Impfung mit Astrazeneca." Dies zeigten Erfahrungen aus den Impfzentren. Wer ein Impfangebot mit Astrazeneca ausschlägt, muss sich bis zu einem neuen Termin mit einem anderen Vakzin gedulden. Eine Wahlmöglichkeit gibt es aktuell noch nicht.

Wie hoch ist mein Impfschutz nach der ersten Impfung und wann ist er aufgebaut?

Ein Impfschutz beginnt frühestens eine Woche, spätestens zwei Wochen nach der Erstimpfung. Laut Kurzai liegt dieser Impfschutz Studien zufolge zwischen 50 und 90 Prozent und hält auf jeden Fall bis zu den Zweitimpfungen.

Ist der vorläufige Schutz nach der Erstimpfung bei Astrazeneca größer als bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna?

Dazu gibt es noch keine Vergleichsstudien. Generell, so Kurzai, werde mit allen zugelassenen Impfstoffen ein sehr guter Impfschutz aufgebaut.

Warum erfolgt die Zweitimpfung mit Astrazeneca erst zwölf Wochen nach der Erstimpfung?

In der Zulassung des Vakzins ist ein Abstand von vier bis zwölf Wochen zwischen erster und zweiter Impfung festgelegt. Studien haben gezeigt, dass der Abstand zwischen beiden Dosen die Wirksamkeit beeinflusst: Liegt mehr Zeit dazwischen, hat dies laut Robert Koch-Institut (RKI) einen positiven Effekt auf den Impfschutz.

Hat ein Imageproblem: Der vektor-basierte Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers Astrazeneca. 
Foto: Stefan Sauer, dpa | Hat ein Imageproblem: Der vektor-basierte Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers Astrazeneca. 
Wer jünger als 60 Jahre ist und bei der Erstimpfung Astrazeneca erhalten hat: Welcher Impfstoff ist für die Zweitimpfung zu empfehlen?

Für alle Erstgeimpften unter 60 Jahren empfiehlt die Stiko den Abschluss der Impfung mit einem mRNA-Impfstoff zwölf Wochen nach der Erstimpfung. Eine Präferenz für Biontech oder Moderna gibt es hier nicht. Nach persönlicher ärztlicher Abklärung ist auch eine Zweitimpfung mit Astrazeneca nicht ausgeschlossen.

Braucht es bei einem Wechsel des Impfstoffes eine doppelte Zweitimpfung – also insgesamt drei Impfungen?

Das wird von Stiko nicht empfohlen und scheint nach Einschätzung von Kurzai auch immunologisch nicht sinnvoll.

Sollten sich Betroffene nach überstandener Corona-Infektion noch impfen lassen?

Das ist sinnvoll, empfohlen wird von der Stiko allerdings nur eine einzelne Impfdosis – frühestens sechs Monate nach der Infektion.

Behalte ich ohne eine Zweitimpfung wenigstens einen Teilschutz oder war die Erstimpfung "umsonst"?

Umsonst ist die Erstimpfung wohl nicht, aber der Schutz ist weniger ausgeprägt und hält nicht so lange an wie nach einer Zweifachimpfung.

Die US-Behörden haben die Auslieferung des Impfstoffes von Johnson & Johnson vorübergehend ausgesetzt. Anlass waren Sinusvenenthrombosen bei mehreren Geimpften. 
Foto: Rogelio V. Solis, dpa | Die US-Behörden haben die Auslieferung des Impfstoffes von Johnson & Johnson vorübergehend ausgesetzt. Anlass waren Sinusvenenthrombosen bei mehreren Geimpften. 
Sollten sich Impfkandidaten über 60 Jahren lieber an die Impfzentren oder die Hausärzte wenden?

Beides ist möglich, je nach persönlicher Präferenz. Experte Kurzai rät aber zumindest Menschen mit schweren Grunderkrankungen oder medizinischen Sorgen eher den Gang zum Hausarzt: "Er kennt die medizinische Geschichte und kann individuell beraten."

Kann die Corona-Impfung mit anderen Impfungen, zum Beispiel gegen Zecken, kollidieren?

Das hängt vom Impfstoff ab: Bei Corona wird ein so genannter Totimpfstoff eingesetzt. Ist dies auch bei einer parallelen Impfung der Fall (wie gegen Zecken), braucht man keinen Mindestabstand zu beachten. Eine zeitliche Entzerrung wäre nur bei einem Lebendimpfstoff geboten, wie er bei Masern, Mumps, Röteln zum Einsatz kommt. Wichtig: Impfen nur, wenn man gesund ist. Also nicht bei Fieber zum Beispiel nach einer Corona-Impfung.

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  • F. K.
    ...die Vektorimpfstoffe bei ü60-Jährigen weniger gefährlich seien? Nochmal: Die Vermutung wird stärker, dass es sich tatsächlich um ein Problem jener Impfstoffe handelt, weil es ein Vektorproblem ist. Nicht, weil Frauen unter 60 gleichzeitig die Antibabypille nehmen. Wenn es daran läge, hätte man Astrazeneca ja nicht auch für Männer unter 60 stoppen müssen (denn die nehmen die Pille idR nicht). Wenn es aber tatsächlich ein Vektorproblem ist, warum ist dies dann nur gefährlich für unter 60-Jährige, und nicht auch für über 60-Jährige? Das verstehe ich nicht.
    Ich habe aber auch noch niemanden gesehen (weder in der Presse, noch im TV), der diese Frage stellt. Diese Frage muss aber dringend beantwortet werden, wenn man will, dass sich die ü60-Jährigen auch mit Astrazeneca impfen lassen. Ich kenne einige Personen über 60, die genau aus diesem Grund und aufgrund der besseren Wirksamkeit lieber noch auf den BioN-Tech-Impfstoff warten. Solange jene Frage unbeantwortet ist, nachvollziehbar.
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  • F. K.
    Was ich mich die ganze Zeit frage und auch hier nicht beantwortet wurde: Zunächst wurde Astrazeneca ausdrücklich nur für Personen unter 60 zugelassen. Dann traten vermehrt jene Thrombosen auf. Da hat man zunächst gesagt, dass es wohl nichts mit dem Impfstoff zu tun hat, sondern mglw. auf die Antibabypille zurückzuführen ist, da die viele junge Frauen nehmen (ein dort bekanntes Problem). Als sich die Fälle häuften, vermutete man dann doch einen Zusammenhang, insb. da solche Fälle auch vermehrt bei Joh.&Joh. auftraten, nicht aber bei BioN-Tech und Moderna. Also vermutete man dahinter ein Vektorproblem. Und genau deshalb wurde Astrazeneca dann (auch) für unter 60-Jährige gestoppt. Gleichzeitig aber plötzlich für ü60-Jährige freigegeben, mit dem Argument, dass bei denen ja keine Thrombosen auftraten. Ja natürlich traten bei denen keine auf - die wurden damit ja auch ursprünglich nicht geimpft! D.h. es fehlen schlicht die Vergleichswerte. Wie kann man dann aber umgekehrt sagen, dass die...
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  • D. E.
    Allein in GB wurde mehr als als 20 Millionen mal AstraZeneca verimpft. Und geschätzt weltweit mehr als 100 Millionen Mal AstraZeneca.
    Das hat vermutlich einigen zehntausend Menschen das Leben gerettet haben.
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