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Würzburg
Corona: Bundeswehr schickt keine Sanitäter ins Seniorenheim
Die Lage im Heim St.Nikolaus bleibt nach dem Corona-Ausbruch angespannt, Versäumnisse sieht Würzburgs Oberbürgermeister nicht. Unterstützung durch die Bundeswehr bleibt aus.
Blick auf das Seniorenheim St. Nikolaus der Stiftung Bürgerspital im Würzburger Stadtteil Sanderau. Neun Bewohner sind dort am Coronavirus gestorben.
Foto: Daniel Peter | Blick auf das Seniorenheim St. Nikolaus der Stiftung Bürgerspital im Würzburger Stadtteil Sanderau. Neun Bewohner sind dort am Coronavirus gestorben.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:39 Uhr

Nach neun Todesfällen durch das Coronavirus steht das Würzburger Seniorenheim St.Nikolaus bundesweit im Blickpunkt. Auf Anfrage der Redaktion hat sich am Dienstagabend Oberbürgermeister Christian Schuchardt zur Situation in der Einrichtung geäußert. Sie gehört wie das benachbarte Ehehaltenhaus zum Bürgerspital.

Kein neuer Todesfall bis Dienstagabend

Schuchardt ist dessen Stiftungsratsvorsitzender und für die Stadt auch als Heimaufsicht verantwortlich. Immerhin: Am Dienstag gab es erneut keinen weiteren Todesfall im Heim, es war der vierte Tag in Folge.

Was die Ausbreitung des Virus und die Infektion von fast 40 Bewohnern und mehr als 30 Pflegekräften angeht, sieht Schuchardt keine Versäumnisse oder Fehler im Heim selbst. Mitarbeiter würden "im Rahmen des Menschenmöglichen engagiert und couragiert" arbeiten, heißt es in einer schriftlichen Antwort auf Fragen der Redaktion.

Die Infektionsquelle ist weiterhin nicht bekannt. Sicher ist laut OB nur, dass das Virus von außen ins Heim getragen wurde, zum Beispiel über Angehörige, Personal oder dritte Firmen, die im Haus zu tun hatten. Die Grundlage für Spekulationen unter anderem von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, wonach die Verbreitung über einen Pfleger erfolgt sein soll, "ist nicht bekannt."

Über einen Anbau ist das Seniorenheim St.Nikolaus (blau) mit dem Ehehaltenhaus verbunden, das ebenfalls zum Bürgerspital gehört.
Foto: Daniel Peter | Über einen Anbau ist das Seniorenheim St.Nikolaus (blau) mit dem Ehehaltenhaus verbunden, das ebenfalls zum Bürgerspital gehört.

Weiterhin wartet man in dem schwer getroffenen Heim vergeblich auf Hilfe bei der dringend benötigten Schutzkleidung. Die Bestände an Schutzmasken, -kittel und Handschuhen seien bald aufgebraucht, heißt es. Laut Schuchardt werde das Personal nun mit Nachschub versorgt. Die sichere auch die ärztliche Versorgung ab. Als weitere Maßnahme habe man an Michael Schwab, Arzt des Bürgerspitals, vergangene Woche die zusätzliche medizinische Betreuung des Hauses übertragen. Er soll die dort tätigen Hausärzte unterstützen.

Auch könne er notwendige Testungen auf das Coronavirus schnellstmöglich vornehmen. Allerdings verfügt das Heim, wie berichtet, nur noch über wenige Testsets. Sie reichen nicht aus, um alle Bewohner und Pflegekräfte prophylaktisch zu testen. Und Nachschub ist hier nicht in Sicht.

Bundeswehr hat Entsendung von 20 Sanitätern abgelehnt

Immerhin dürfen Pflegekräfte, die negativ getestet sind, wieder an ihren Arbeitsplatz im Heim zurückkehren, müssen aber alle drei Tage neu getestet werden. Aufgenommen hat Schuchardt als Katastrophen-Einsatzleiter die Bitte des Bürgerspitals, Sanitäter der Bundeswehr für das Heim anzufordern. Doch die Bundeswehr hat laut OB am Dienstag eine Bereitstellung von 20 Sanitätern und eines Artzes abgelehnt. Die geforderte Personalressource sei derzeit nicht verfügbar. Noch am Dienstag wollte die Stadt erneut eine Anforderung bei der Bundeswehr stellen.

Mit der Umschichtung von Personal aus Geriatrie und Reha-Zentrum unternehme die Stiftung Bürgerspital selbst alles Machbare, um die Pflege der Bewohner in der schwierigen Situation zu gewährleisten. Ob die Hygienevorschriften im Heim eingehalten werden, wird derzeit laut Auskunft des OB nur bei Einzelbeschwerden überprüft. Aus Infektionsschutzgründen seien die Regelprüfungen aller Altenhilfe-Einrichtungen vorübergehend ausgesetzt. Eigene Anordnungen zum Infektionsschutz beurteile das Gesundheitsamt als anordnende Stelle.

 
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  • C. S.
    Irgendwann werden wir alle die Konsequenzen des Pflegenotstandes spüren, ich bin Krankenschwester und auf Applaus kann ich gerne verzichten. Davon verbessern sich die Arbeitsbedingungen und das Gehalt nicht. Und die Anerkennung in von der Gesellschaft hat sich davor auch in Grenzen gehalten. Nach der Corona-Krise wird alles wieder beim Alten sein. Geld ist dann keines mehr für Pflegekräfte da, weil die Finanzen in die Wirtschaft gesteckt wurde. Natürlich ist das auch wichtig, aber wir sind eben auch wichtig.
    Hygienemaßnahmen sind wichtig, aber umso weniger Personal da ist, desto schwieriger wird es, diese auch konsequent umzusetzen. Schon ohne Hygienemaßnahmen ist die Versorgung kaum möglich, wenn man alleine in einer Schicht ist. Doch die Versuchung liegt nahe, dies dann auf die Pflegekräfte zu schieben, damit man jemanden die Schuld geben kann....die aber ganz wo anders liegt.
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  • A. S.
    "Schuchardt ist dessen Stiftungsratsvorsitzender (Anm. Bürgerspital) und für die Stadt auch als Heimaufsicht verantwortlich." Wie kann das sein, dass keine übergeordnete neutrale Stelle für die Heimaufsicht zuständig ist? Er soll sich so ja quasi selbst kontrollieren!!! Es stimmt schon nachdenklich, dass es ausgerechnet in diesem Heim so viele Infizierte gibt und in anderen Heimen nicht. Irgendwo muss es eine Schwachstelle geben! Wenn diese nicht gefunden wird, kann es weitere Infizierte geben.
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  • K. S.
    ausgebeutet und alleingelassen. Die Pflegekräfte. So siehts aus. Der einzige, der hier seine überbordende Güte hat zuteil werden lassen, ist der MDK. Setzt er doch gnädigerweise die Prüfungen aus und legt mal nicht soviel Wert auf Dokumentation. Eine Schande für unser Land
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  • E. E.
    Traurig ist es allemal wenn man die Lage dieses Alten/Pflegeheims betrachtet. Es gibt eine Frau Humml, einen Herrn Spahn und natürlich auch verantwortliche zeichnende der Bundeswehr. Mit welchem Recht, stellen sich diese Leute vor die Kamera und reden als würden sie alles tun, wenn hier im Hot Spot der BRD das Personal überlastet, die notwendigen Tests und Schutzmittel zu knapp sind. Ich denke doch ein solcher Brennpunkt sollte zur Chefsache werden und entsprechend unterstützt und ausgestattet. Weitere Bekundungen der oben erwähnten sehe ich nur als unnötige Sprechblasen. Liebe verantwortliche Politiker, redet nicht sondern macht und helft.
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  • J. G.
    Wo will die Bundeswehr anfangen? Wenn man in der einen Einrichtung hilft, dann kommen gefühlte hundert andere, die auch Hilfe anfordern. Unbegrenzte Kapazitäten hat man auch nicht. Die Bundeswehr hilft ja schon in einigen Bundesländern z. B. bei den Labortests, usw. Vielleicht ist es sinnvoller, dass man das Personal zur Mithilfe in Kliniken bereit hält, falls diese an ihr Limit geraten. Dies wäre auf jeden Fall sinnvoller. Klar, dieses Alten-/Pflegeheim ist besonders betroffen, aber auch andere Einrichtungen dieser Art haben mit Personalproblemen zu kämpfen. Und warum? Weil jede Einrichtung und die Politik nur auf Gewinne aus ist und am Personal spart.
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  • A. K.
    Dankeschön für die treffende Aussage. Mal ernsthaft. Wenn aus dem System der Altenpflege in dem ja jetzt eh nicht so wirklich viel Geld kreist auch noch Gewinne im Sinne von "AG " gezogen werden sollen dann bleibt halt unter dem Strich nicht viel übrig für solche Ausnahmezustände. Das JuSpi ist natürlich keine AG. Aber viele andere, die's demnächst sicher auch treffen wird schon. Da helfen auch keine markigen Sprüche der Vorstände etc. wie sehr man doch um das Wohl der Bewohner besorgt ist und was man nicht alles tut für die anvertrauten Menschen. So als Pfleger fällt mir spontan ein, dass sich bundesweit sicher hunderte Pflegefachkräfte in QM, EL, PDL, Regio etc. Positionen gerade wahrscheinlich im Homeoffice befinden, oder ihre Mitarbeiter mit dem Mund unterstützen...Denen rufe ich zu - Bewegt euch, zieht Funktionskleidung an und schafft mal was auf euren Stationen, anstatt rumzuflennen wie schlimm doch alles ist !!!! Dem JuSpi und seinen Bewohnern wünsche ich alles erdenklich Gute
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Was soll die Bundeswehr dort? Die Aufgabe der Bundeswehr ist alleinig und ausschliesslich die Landesverteidigung. Und dies übrigens ausschliesslich innerhalb des NATO-Gebietes!
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  • M. Z.
    Das Grundgesetz sieht das etwas anders. Und Würzburg ist meines Wissens NATO-Gebiet. Im Gegensatz z.B. von Afganistan.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    man kann jetzt treffend über die Bundeswehr schimpfen. Sicher wurden nicht nur in den letzten Jahren die Ausstattung deutlich vernachläßigt. Auch die Aussetzung durch den CSU Posterboy, der es mit der Wahrheit (zumindest bei seiner Doktorarbeit nicht so genau nahm) war ein schwerwiegender Fehler. Ausgebildete Sanitäter könnten uns jetzt gerade in den Altenheimen und auch bei der Betreuung der noch zuhause lebenden Alten gut helfen. Denn die vielen polnischen Altenbetreuer (man schätzt ca. 250.000) werden wegen Sorge um ihre Gesundheit nicht (mehr) so schnell kommen.
    Die Bundeswehr selbst leistet viel und ist nicht so schlecht wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Es sind die verantwortlichen Politiker und dieVerteidigungsminister der letzten Jahre( alle CSU/CDU) die unser Armee vernachläßigt haben. Viell diskutieren wir bald wieder über die Einführung einer Wehrpflicht. Wir sehen ja, daß wir die jungen Leute (auch Ersatzdienstleistende) in Notsituationen brauchen.
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  • W. B.
    Die Bundeswehr wurde von unfähigen Ministern / Ministerinnen in Grund und Boden gewirtschaftet. Was soll die Bundeswehr da leisten? Vom Heimpersonal lernen! Die BW hat doch weniger als die Heilsarmee.
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  • M. S.
    habe Verantwortliche der Bundeswehr in mehreren Berichten gehört wie sie großspurig Hilfe etc. zusagten! (es war nicht die Ministerin).

    Aber letztlich spielt es keine Rolle ob es sich um die Bundeswehr oder sonstwem geht - mir scheint dieses Altenheim spielt nirgends eine Rollen wenn es um KONKRETE Hilfen geht! Das ist sehr beschämend und verunsichert!
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  • M. S.
    finde es Wahnsinn - dieses Altenheim ist ein "Hotspot" - nirgends in Deutschland scheint es auf kleinerer Fläche und den vorhandenen Einwohnern/Pflegekräften mehr Corona-Erkrankte zu geben (zusätzlich zu den Sterbefällen)!

    Ich sehe schwarz sollte es mehr solcher Hotspots in Deutschland geben.

    Verstehe auch nicht weshalb man da so wenig in den Medien hört was die fehlende Unterstützung betrifft... zur Antwort der Bundeswehr sag ich lieber mal nichts...

    Überall werden im TV von allen Seiten großspurige Hilfen und Unterstützungen zugesagt und dann funktioniert das nicht einmal im Kleinen? - eine Schande...

    Genau dadurch verunsichert man Leute!
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  • J. H.
    Man könnte dieses Pflegeheim als Modell für Deutschland sehen, was passieren würde, wenn man nicht die Massnahmen ergriffen hätte.

    Das soll keine Kritik am Pflegeheim sein. Bevor man merken konnte, was los war, waren leider schon viele Menschen dort infiziert.

    Trotzdem zeigt es im Kleinen, was passiert, wenn wir in Deutschland/Europa/Welt wie gewohnt unser Leben weiter geführt hätten. Wer also immer noch zweifelt, ...
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