
Camping bedeutet für viele wohl Urlaub machen im Grünen, mitten in der Natur. Doch auf dem asphaltierten Stellplatz mitten am Mainufer nahe der Würzburger Innenstadt stehen die Wohnmobile eng an eng in vielen Reihen nebeneinander. Kann Camping so Spaß machen? Und warum wählen die Ausflügler ausgerechnet den großen Parkplatz für ihre Übernachtung aus?
Diese Redaktion hat sich am alten Viehmarktplatz umgehört und mit verschiedenen Camperinnen und Campern gesprochen:
1. Florian, Elisabeth und Oscar Bonzol aus Bielefeld: Optik des Platzes ist ihnen nicht so wichtig

Florian und seine Ehefrau Elisabeth Bonzol zählen seit 2021 zu den Campern. "Für uns war es eine Umweltentscheidung, weil wir nicht mehr fliegen", sagt er. Seit zweieinhalb Wochen sind sie mit ihrem Sohn Oscar im Wohnmobil unterwegs und gerade auf dem Rückweg nach Bielefeld. Den Parkplatz in Würzburg haben sie ganz bewusst gewählt. "Als Zwischenstopp finde ich es genial, weil es direkt an der Stadt ist", sagt Bonzol. Die Optik sei ihm weniger wichtig als die Infrastruktur, auch wegen ihres Sohnes. Der ist quasi mit dem Campen aufgewachsen, denn das Ehepaar war zwei Monate auf Elternzeitreise bis nach Griechenland über Slowenien, Montenegro und Albanien. "Das war das Coolste, was wir bisher erlebt haben."
2. Per und Sylvia Pehle aus Berlin: Stehen immer nur auf Stellplätzen

Per und Sylvia Pehle aus Berlin bereisen seit 2011 mit ihrem Expeditionsmobil die Welt. Nach Südamerika und Afrika wollen sie jetzt Deutschland erkunden. Sie sind seit drei Tagen auf dem Stellplatz in Würzburg und sind "super happy" mit ihrer Wahl. "Wir finden den Stellplatz wirklich toll, direkt am Main im Grünen", sagt Per. Auf ihren Reisen durch die Welt sind sie sonst viel weniger gewohnt. Den Innenraum hat Per Pehle komplett selbst ausgebaut und auch so einige Sicherheitsvorkehrungen angebracht. "Die haben wir aber bisher nie gebraucht." Von Sandblechen für die Wüste bis zum Rolltor vor den Fenstern und Extra-Sicherheitsschlössern haben die Rentner in ihrem Mobil alles dabei. Als Nächstes geht es für das Ehepaar nach Enkirch an die Mosel.
3. Doris Hehn und Jasmin Skafidas aus Rieneck: Haben den Stellplatz nur für eine Nacht

Doris Hehn ist mit ihrer Tochter Jasmin Skafidas für einen Kurztrip aus Rieneck (Lkr. Main-Spessart) angereist. Hehn hat das Campen von ihrem Vater übernommen und reist fast ausschließlich auf diesem Weg. Für sie ist Camping eine Gewohnheitssache und ein Gefühl von Freiheit. Ihre Tochter ist nicht so begeistert vom Stellplatz. Ihr fehlt eine Dusche. Ein Spiegel wäre auch gut, stellt Jasmin Skafidas lachend fest. Die beiden haben den Würzburger Stellplatz nur für eine Nacht gewählt und fahren am nächsten Tag weiter nach Volkach. In Würzburg ist das Mutter-Tochter-Duo nicht zum ersten Mal. Eine ihrer Töchter wohnt hier. Für den Brückenschoppen treffen sich alle gemeinsam auf der alten Main-Brücke.
4. Eva und Martin Siewers aus Höxter: Haben den Parkplatz von Bekannten empfohlen bekommen

Eva und Martin Siewers sind aus Höxter nach Würzburg gekommen. Einen genauen Plan, wo es als Nächstes hingeht, haben sie noch nicht. Durch ihren Ruhestand sind sie zeitlich flexibel, auch wenn sie zu Hause viele Verpflichtungen haben. "Meine Frau sorgt immer dafür, dass wir eine Lücke im Terminplan haben." Dann reisen sie mal nach Holland, Italien oder innerhalb von Deutschland umher. Den Parkplatz in Würzburg haben sie von einer Bekannten empfohlen bekommen, da man unter der Brücke ruhig und zentral stehe. "Wir wollten erstmal die Stadt kennenlernen und da war das hier der zentralste Platz", sagt Martin Siewers.
5. Linda und Björn Siegeris mit ihren Kindern aus Selb: In der Umgebung habe sie keinen Stellplatz mehr bekommen

Linda und Björn Siegeris sind mit ihren beiden Kindern aus Selb nahe der tschechischen Grenze angereist. Auf dem Rückweg halten die Vier für zwei Nächte in Würzburg. Für ihren Mann ist es erst der zweite Campingausflug. "Ich war immer ein Hotel-Kind", sagt er. Linda Siegeris reist schon länger mit dem Camper. Trotz anfänglicher Bedenken, kann auch Björn gut auf minimalistischen Raum zu viert leben, sagt er. Auf dem asphaltierten Parkplatz sind sie nur gelandet, weil die anderen Campingplätze in der Umgebung ausgebucht waren. Ganz zufrieden sind sie damit nicht und bemängeln die Sanitäranlagen: "Ich bin nicht pingelig, aber da würde ich nicht gerne aufs Klo gehen", sagt Björn Siegeris. Er wünscht sich, dass die Anlagen besser gepflegt werden.
6. Sonja und Werner Nietschke aus Lindau: Ihr Sohn hat den Platz im Internet gefunden

Sonja und Werner Nietschke sind seit sieben Jahren mit ihrem Camper unterwegs. "Das Schöne am Campen ist, wenns mir wo nicht gefällt, fahre ich weiter", sagt sie. Die vergangenen zwei Tage haben sie in Würzburg verbracht und fahren nun weiter Richtung Nürnberg. Ihr Ziel ist: Eine komplette Tour durch Deutschland zu machen, angefangen in ihrem Zuhause am Bodensee. Planen wollen sie nichts, sondern lieber spontan bleiben. Schließlich hätten sie sich ja genau dafür den Camper gekauft. Den Parkplatz in Würzburg hat ihr Sohn im Internet entdeckt und weil man die Stadt so gut zu Fuß aus erreichen konnte, passt der Ort für sie. Dass es hier rustikaler zugeht, als an anderen Campingplätzen stört sie nicht.
@Martin Brenner
Ich vermute, dass mit "Umweltentscheidung" die Tatsache gemeint ist, dass in einem Flugzeug die Ansteckung eventueller Krankheiten erhöht sein könnte. Im Wohnmobil ist man relativ sicher. Während Corona explodierten die Wohnmobilkäufe geradezu. Die Familie um die es geht ist auch erst seit 2021 unterwegs und daher zu den sogenannten "Corona-Campern" zu zählen.
Wer Würzburg besichtigen will stellt sich nicht nach Neuses.