zurück
Würzburg
Bistum: Unterstützer des Priesters sollen Urteil und Leid anerkennen
Um den wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Priester hat sich ein Unterstützerkreis gebildet. Das Bistum Würzburg reagiert mit einer deutlichen Stellungnahme.
Kirche St. Laurentius in Bad Bocklet: Laut Stellungnahme der Diözese Würzburg hat der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Priester auf die Pfarreiengemeinschaft 'Heilig Kreuz  Bad Bocklet' verzichtet.
Foto: Christine Jeske | Kirche St. Laurentius in Bad Bocklet: Laut Stellungnahme der Diözese Würzburg hat der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Priester auf die Pfarreiengemeinschaft "Heilig Kreuz  Bad Bocklet" verzichtet.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 09.02.2024 12:00 Uhr

Unterschriftenlisten aus mehreren Pfarrgemeinden aus dem Landkreis Bad Kissingen sind am Montag abgeschickt worden, adressiert an Bischof Franz Jung in Würzburg. Weitere sollen folgen, heißt es. Die Personen wollen mit ihrer Unterschrift etwas erreichen, was unmöglich erscheint: Der Bischof soll sich für "seinen Mitbruder" einsetzen, für einen wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Geistlichen. Die Unterzeichner sind der Meinung, dass die Kirche nicht auf so einen "fähigen Priester" verzichten könne.

Bistum: Es gilt, Fakten anzuerkennen

Bistumssprecher Bernhard Schweßinger lässt jedoch keine Zweifel. In seiner Stellungnahme auf die Berichterstattung dieser Redaktion über den verurteilten Pfarrer heißt es unmissverständlich: "Der bisherige Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft 'Heiliges Kreuz Bad Bocklet' ist mit der Rücknahme der Berufung in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Schweinfurt am 18. Februar 2021 rechtskräftig zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Priester ist damit schuldig gesprochen. Dieses Urteil und das Leid der Betroffenen gilt es vor Ort zu akzeptieren und die Fakten anzuerkennen."

Erstmals nennt das Bistum damit die betroffene Pfarrei, macht somit den Pfarrer außerhalb seines näheren Umfelds identifizierbar. Die Unterstützer meinen dazu: "Bei uns weiß eh jeder, wer gemeint ist."

Stelle wird neu ausgeschrieben

Der Freundeskreis des Priesters hat diese Redaktion zudem bereits informiert, dass wohl schon feststehe, dass er nicht mehr in seine Gemeinden zurückkehren könne. Dies bestätigte am Montag das Bistum. Laut Stellungnahme habe der Priester am 25. Februar – nach der rechtskräftigen Verurteilung – auf die Pfarreien der Pfarreiengemeinschaft "Heiliges Kreuz Bad Bocklet" verzichtet. "Bischof Dr. Franz Jung hat den Amtsverzicht angenommen. Die Stelle wird neu ausgeschrieben", so Bistumssprecher Schweßinger.

Darüber hinaus heißt es in der Stellungnahme, dass alle weiteren Maßnahmen der Diözese gegenüber dem Priester "im zusätzlichen kirchlichen Verfahren geklärt" werden. Das von Bischof mit Dekret vom 28. Februar 2020 ausgesprochene Verbot der Ausübung des priesterlichen Dienstes bleibe weiterhin bestehen.

Kirchenrechtliches Verfahren soll bald beginnen

Kurz nach diesem Dekret des Bischofs vor gut einem Jahr gab die Diözese erstmals bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Schweinfurt gegen den Priester ermittelt. Ebenso, dass das Bistum die betreffenden Gemeinden darüber informiert hat – deren Mitglieder über die Vorwürfe damals sehr geschockt waren und teilweise heute noch sind. Wenige Wochen später hat die Staatsanwaltschaft Schweinfurt Anklage erhoben. Der erste Prozess gegen Pfarrer K. war am 20. August 2020 vor dem Amtsgericht Bad Kissingen.

Laut Bistumssprecher Schweßinger ist Pfarrer Stephan Hartmann, Leiter der Pfarreiengemeinschaft "Der Gute Hirte im Markt Burkardroth" seit der Suspendierung von Pfarrer K. Administrator der Pfarreiengemeinschaft "Heiliges Kreuz Bad Bocklet". Er wird den Angaben zufolge vom Burkardrother Pastoralteam und derzeit zusätzlich von Mitgliedern des Interventionsteams der Diözese Würzburg unterstützt.

Ein Diözesanrichter habe wegen der jetzt anstehenden kirchlichen Untersuchung bereits Kontakt mit Pfarrer K. aufgenommen. Das Verfahren werde in Kürze beginnen, heißt es aus dem Unterstützerkreis des Pfarrers.

Kirchliche Untersuchung gegen verurteilten Priester

Grundlage für eine kirchliche Voruntersuchung ist das kirchliche Gesetzbuch, der Codex Juris Canonici – der Codex des Kanonischen Rechts, kurz CIC. Die Einleitung der kirchlichen Voruntersuchung regelt Canon 1717. Sie erfolgt per Dekret durch den Bischof.
Voraussetzung ist eine wenigstens wahrscheinliche Kenntnis einer Straftat. Diese Kenntnis ist gefordert, um die Vorermittlung nicht schon bei jedem Gerücht und jeder üblen Nachrede in Gang zu setzen.
Im Fall des Priesters K. wurde nach Absprache mit Bischof Franz Jung und den staatlichen Behörden entschieden, mit der Durchführung der kirchlichen Voruntersuchung bis zum Abschluss des staatlichen Verfahrens zu warten. Einsichtnahme in die staatlichen Akten wurde beantragt.
Laut kirchlichem Gesetzbuch soll der Ordinarius, wenn ein wahrscheinlicher Fall einer Straftat vorliegt, alle Voraussetzungen der Strafbarkeit prüfen lassen. In der Voruntersuchung werden neben dem Beschuldigten eventuell auch Zeugen vernommen sowie Einsicht in Urkunden und sonstige Unterlagen genommen.
Ein Abschlussbericht über die Voruntersuchung geht mit einem Brief des Bischofs an die Glaubenskongregation in Rom; sie ist bei Sexualdelikten gegen Minderjährige zuständig. Der Bischof teilt dabei auch mit, welche Maßnahmen bereits gegen den Beschuldigten getroffen wurden.
Die Glaubenskongregation entscheidet über das weitere Verfahren. Ebenso, ob ein eigenes kirchliches Strafverfahren zu führen ist (gemäß Canon 1341 CIC).
Quelle: Bistum Würzburg
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Bad Kissingen
Bad Bocklet
Burkardroth
Christine Jeske
Amtsgericht Bad Kissingen
Bischöfe
Bistum Würzburg
Franz Jung
Geistliche und Priester
Kirchengemeinden
Landgericht Schweinfurt
Sexualdelikte und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
Sexueller Missbrauch
Staatsanwaltschaft Schweinfurt
Strafprozesse
Straftaten und Strafsachen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. N.
    Sicherlich ist das hier ein Sonderfall, den man vielleicht wirklich etwas anders hätte bewerten können.

    Andererseits: Sonst wird immer (zu Recht!) über die katholische Kirche hergefallen, dass sie Missbrauchsfälle vertuscht, entsprechende Aufarbeitungen verhindert, ihre missbrauchenden Priester schützt, usw. usf.
    Und hier nimmt sie ausnahmsweise mal klar Stellung gegen den Pfarrer, und das ist der Bevölkerung auch nicht recht?

    Wobei sich in diesem Fall sehr die Vermutung aufdrängt, dass dieser Pfarrer gezielt von seinen Vorgesetzten fallen gelassen wurde - nicht wegen des Missbrauchs sondern wegen des Bruchs des höchstheiligen Zölibates...

    Was könnten wir daraus lernen?
    Kindesmissbrauch ist für die Kirche OK.
    Eine öffentliche Beziehung zu einer Frau ist hingegen ein Sakrileg und wird durch Ächtung gestraft.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. F.
    Gilles de Rais (1405-1440) war ein Weggefährte der Jeanne d´Arc im 100jährigen Krieg. Von den Kriegsggräueln traumatisiert, missbrauchte und meuchelte er unzählige Kinder auf seiner Burg Champtocé. Ja, vielmehr vergab man ihm und betete für sein Seelenheil. Gottes Wege sind seltsam umd ermöglichen manchmal Skurriles. Bei Gott ist alles möglich! Wenn die Gemeindemitglieder, etwa 50 an der Zahl, meinen, dass der Pfarrer unschuldig ist, dann ist das ein mutiger Schritt gegen die Justiz, welche die Wahrheit ermitteln musste. Sollte man nicht einem jeden Menschen eine zweite Chance einräumen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. M.
    @Apfelkorn: Es ist schon bezeichnend, wenn man einen heutigen Missbrauchsfall mit einem Fall aus dem tiefsten Mittelalter vergleicht!!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. F.
    Gilles de rais, Ritter Blaubart, war ein Weggefährdte der Jungfrau von orleans im 100jährigen Krieg. Traumatisiert von den Gräueln des Krieges begann er grausame Kinderschändungen auf seiner Burg. Man schnappte ihn, und obwohl schuldig, verziehen im die Eltern der missbrauchten und gemeuchelten Kindern, weil Blaubart zum katholischen galuben konvertierte. Er wurde gehenkt und von den Eltern fast "selig" gesprochen. Kann es eine verquerere Logik geben?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten