
Die erfolgreichen Ermittlungen gegen Pädophile rund um einen Würzburger Logopäden seit März 2019 waren ein Achtungserfolg für Bayerns Justiz. Sie sollen kein Einzelfall bleiben, wenn es nach Justizminister Georg Eisenreich (CSU) geht. So soll etwa die „Keuschheitsprobe“ Pädophilen künftig keinen Schutz mehr vor Entdeckung bieten.
Neues Zentrum im Kampf gegen Kinderpornografen und Sextäter
Im Zentrum von Eisenreichs Plänen steht ein bayernweites "Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet", das der Minister am Mittwoch vorstellte. "Wir wollen jetzt den Verfolgungsdruck auf die Täter weiter erhöhen", so Eisenreich. Immer häufiger werden Netzwerke von Pädophilen entdeckt, die im Schutz des schwer nachverfolgbaren Darknets Kinder missbrauchen. Bundesweit machten zuletzt dramatische Fälle Schlagzeilen: Campingplatz in Lügde, Kinderporno-Plattform „Elysium“, Bergisch-Gladbach oder im vergangenen Jahr der Missbrauchsfall in Würzburg.
„Keuschheitsprobe“ heißt im zynischen Jargon der Kinderpornografen eine Schutzmaßnahme der Täter vor Entdeckung: Wer Zugang zu verbotenen Geheimzirkeln bekommen will, muss erst einmal strafbare Kinderpornos liefern – das ist Ermittlern verboten. „Das heißt, uns bleiben diese Foren verschlossen und so auch viele Missbrauchstaten unentdeckt“, so Bayerns Justizminister.
Nun sollen die Internet-Fahnder diese Klippe umschiffen dürfen – aber nicht mit Sexbildern, die ihrerseits wieder mit dem Leid von Kindern erkauft wären. Am Computer sollen täuschend echt wirkende Aufnahmen entstehen, die den Internet-Fahndern Zugang zu den Pornografen und Missbrauchstätern verschaffen.
Ressourcen verdoppelt: Künftig acht Staatsanwälte für den Bereich Kinderpornografie im Internet
Die Justiz will Ermittlungsstrukturen verbessern, „um die Täter in der digitalen Welt zu ermitteln und zur Verantwortung ziehen zu können“, machten Eisenreich und Generalstaatsanwalt Thomas Janovsky am Mittwoch in Bamberg deutlich. Das neue Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet (ZKI) wird bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg angesiedelt. Oberstaatsanwalt Thomas Goger - bisher Sprecher bei den Internet-Fahndern - soll es leiten.
Das neue Zentrum nimmt im Oktober offiziell seinen Betrieb auf, die Ressourcen sollen dadurch verdoppelt werden: Statt vier sollen künftig acht Staatsanwälte ausschließlich im Bereich Kinderpornografie im Internet ermitteln, so Eisenreich. Unterstützt werden sie von vier IT-Forensikern für besonders komplexe, herausgehobene Missbrauchsfälle. Das Team soll sich "vor allem auf die Betreiber und Nutzer von Darknet-Foren konzentrieren, die kinderpornografisches Material herstellen, posten oder damit handeln".
Eisenreich: "Hinter jedem Bild steht das Leid eines Kindes"
Der Minister und einer seiner drei ranghöchsten Strafverfolger im Freistaat sind sich einig: „Notwendig wäre die Erlaubnis, die Verbindungsdaten für die Strafverfolgung wieder erheben und speichern zu dürfen.“ Auch für die Onlinedurchsuchung und die Telekommunikationsüberwachung solle der Anwendungsbereich erweitert werden, so Janovsky: „Das würde unseren Strafverfolgungsbehörden sehr helfen.“
In der bayerischen Justiz steht das Thema ganz oben auf der Prioritätenliste. „Hinter jedem Bild steht das Leid eines Kindes“, warnt Eisenreich. Die Justiz setze sich mit Nachdruck für ausreichende Sanktionsmöglichkeiten und effektive Ermittlungsbefugnisse ein. Auch die Strafbarkeit von Cybergrooming-Versuchen und Strafschärfungen im Bereich der Kinderpornografie gehe auf bayerische Initiativen zurück.