Kein Urlaub auf Mallorca, in dem Landrat Eberhard Nuß nicht durch den Jachthafen schlendert, um nach einem Schiff aus dem Landkreis Würzburg zu suchen. Und noch nie wurde er dabei enttäuscht. Segel- und Motorboote von Bavaria Yachtbau aus Giebelstadt sind in den europäischen Freizeithäfen allgegenwärtig. Dass das auch in Zukunft so bleiben wird, davon ist Nuß nach einem Besuch in dem Unternehmen überzeugt. "Es ist schon ein toller Betrieb, den wir hier haben", sagt er. Bavaria Yachtbau hat seine jüngste Krise überwundenund will an frühere Erfolge anknüpfen. Ohne Kurzarbeit wird es trotzdem auch in diesem Sommer nicht abgehen.
Die Firmenbesuche des Landrats haben Tradition. Gemeinsam mit führenden Mitarbeitern des Landratsamts, der Arbeitsagentur und anderer Behörden will er aus erster Hand erfahren, wo die Unternehmen der Schuh drückt und wie die öffentliche Verwaltung helfen kann. Aus Giebelstadt waren es diesmal vor allem hoffnungsvolle Nachrichten, die die Besucher mitnahmen.
Ein halbes Jahr, nachdem der Bootsbauer im April 2018 Insolvenzantrag gestellt hatte, kaufte die Berliner Beteiligungsgesellschaft CMP die Werft. Wie knapp Bavaria damals vor dem endgültigen Aus stand, ließ Restrukturierungsexperte Ralph Kudla Revue passieren.
Nach mehreren gescheiterten Versuchen, das Unternehmen zu erhalten, seien die Verträge mit den Zuliefern bereits gekündigt worden. Gerade die restlichen Aufträge hätten noch abgearbeitet werden sollen, bevor für immer das Licht ausgeht. In letzter Sekunde kam CMP ins Spiel. Die aus Anlagekapital finanzierte Gesellschaft hat sich auf die Sanierung von Unternehmen im deutschen Sprachraum spezialisiert, die vor allem durch Missmanagement in die Schieflage gebracht wurden. Bavaria scheint dafür ein Paradebeispiel zu sein, wie Geschäftsführer Michael Müller erkennen ließ. "Finanzinvestoren haben die Firma ordentlich heruntergewirtschaftet", sagt er.
Aufgeblähte Modellpalette
Seit 2007 ging das 1978 gegründete Unternehmen durch die Hände mehrerer ausländischer Finanzinvestoren. 15 Geschäftsführer gaben sich in kurzer Folge die Klinke in die Hand. Statt auf vorhandene Stärken zu bauen - solide Bauweise, günstige Serienfertigung und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis - sei über Jahre hinweg die Modellpalette aufgebläht worden, und das ohne Rücksicht auf die vorhandenen Kompetenzen in Entwicklung und Produktion. Am Ende standen chice Segel- und Motorjachten, die zwar Anklang beim Kunden fanden, aber noch lange nicht serienreif waren.
Der neue Eigner will sich nun auf alte Tugenden besinnen: eine deutlich gestraffte Modellpalette, eine maximale Fertigungstiefe am Standort Giebelstadt, auf die Erfahrung der überwiegend langjährigen Mitarbeiter und auf eine enge Verzahnung zwischen Entwicklung, Verkauf und Produktion.
Mitarbeiter haben Bavaria die Treue gehalten
Die Übernahme aus der Insolvenz könnte einem Wirtschaftsthriller als Vorlage dienen. 14 Tage hatte CMP Zeit, Bavaria zu bewerten und eine Entscheidung zu treffen, erzählt Ralph Kudla. An einem Samstag im September um fünf Uhr in der Früh wurde der Kaufvertrag nach durchwachter Nacht beurkundet.Damit begann der steinige Weg, die Produktion wieder anlaufen zu lassen. Zulieferer, die bei der Insolvenz Geld verloren hatten, mussten neu überzeugt werden. Weil Banken kein Vertrauen mehr in Bavaria setzten, finanziere sich die Firma bis heute ausschließlich aus Eigenkapital von CMP. Sicherste Bank waren die über 500 Mitarbeiter, die dem Unternehmen auch in der schwierigen Zeit die Treue gehalten haben.
Ein Vierteljahr hat es gedauert, bis die vier Produktionslinien wieder auf Touren gekommen waren. Im März verließen 55 neue Segel- und Motorboote die Werft. Inzwischen geht es in den Fertigungshallen wieder ruhiger zu. Das Frühjahr, in dem die meisten Schiffe gebaut werden, ist vorüber. Bootsbau bleibt ein Saisongeschäft.
Das ist auch der Grund, warum Geschäftsführer Michael Müller seit Monaten an einem neuen Arbeitszeitmodell arbeitet. Während der produktionsstarken Zeit sollen Überstunden aufgebaut und in den ruhigen Sommermonaten abgefeiert werden. Bei den Mitarbeiter stieß der Vorschlag anfangs auf Skepsis. Inzwischen hätten sich Geschäftsführung und Betriebsrat auf das Modell geeinigt, sagt Müller. Allerdings werde es erst im September in Kraft treten. Das heißt: Auch in diesem Sommer wird saisonbedingt kurz gearbeitet. Das letzte Mal, wie Müller hofft.
Jährliche Investitionen von sechs Millionen Euro
Die weiteren Entwicklungsschritte betreffen die Straffung der Modellpalette und die Modernisierung der Fertigung. Zwei Millionen Euro will Bavaria künftig jährlich in neue Maschinen und Anlagen investieren, vier Millionen Euro in die Entwicklung neuer Modelle. Schritt für Schritt sollen sie das alte Portfolio ablösen. Für die nächste "boot" in Düsseldorf, die weltgrößte Sportbootmesse, verspricht Michael Müller die Vorstellung einer 42 Fuß langen Segeljacht und einer 40-Fuß-Motorjacht.
Die neuen Modelle sollen sich mit geringem Aufwand an die unterschiedlichen Ansprüche von Eignern und Bootsverleihern anpassen lassen und durch ihre Praxistauglichkeit und Gediegenheit bestechen, statt durch komplizierte Technik. "Wir entwickeln Bavaria wieder zum Volkswagen unter den Segel- und Motorjachten", sagt Ralph Kudla, "und wollen nicht, wie unsere Vorgänger, einen BMW oder Mercedes draus machen."
Engagement auf Zeit
So verheißungsvoll die Ankündigung auch klingen mag: Auch für CMP ist Bavaria Yachtbau nur ein Engagement auf Zeit. Die Beteiligungsgesellschaft erzielt ihre Rendite dadurch, dass sie Unternehmen auf die Erfolgsspur zurückführt und anschließend gewinnbringend weiterverkauft. Im Fall von Bavaria werde dies wohl mindestens fünf bis sieben Jahre dauern, schätzt Kudla. Die Bavaria-Mitarbeiter brauche diese Aussicht nicht zu schrecken, sagt der Restrukturierungsexperte. Alle Unternehmen, die CMP in seiner 20-jährigen Geschichte neu aufgestellt und wieder in die Selbstständigkeit entlassen hat - unter ihnen der Hersteller von Windkraftanlagen Nordex - seien bis heute am Markt erfolgreich.
Naja ,zumindest die modernen Fahrtenjachten haben unterm Strich im Betrieb
zukunftsfähige Emissionswerte