Möbelwagen stehen in der Gotengasse, kräftige Männer laden Schreibtische und andere Einrichtungsgegenstände aus und schleppen sie in den rückwärtigen Eingang der künftigen Polizeiinspektion Würzburg-Stadt. Die Sanierung des Hauses in der Augustinerstraße liegt buchstäblich in den letzten Zügen. Wenn alles wie geplant verläuft, werden Ende März die rund 300 Beamte und Beamtinnen aus ihren Ausweichquartieren in die dann größte Polizeiinspektion Bayerns einziehen, sagt Sabine Schmincke, Abteilungsleiterin im staatlichen Bauamt Würzburg.
Archäologen auf der Spurensuche.
Begonnen hatte der Umbau mit Grabungen auf dem Gelände: Ab März 2013 waren die Archäologen auf der Spurensuche.
Was sie fanden, ließ die Fachleute staunen. Die ältesten Funde waren Scherben eines Knickwandgefäßes aus der Zeit zwischen 600 und 700 nach Christus. Und unter dem jetzt abgerissenen Seitenflügel zur Gotengasse hin fanden sich Spuren eines so genannten Grubenhauses aus der Zeit um 900. Aufsehen erregte auch eine aus Tierknochen geschnitzte Schachfigur, die wohl zwischen 1100 und 1200 mit den Kreuzfahrern aus dem Nahen Osten nach Würzburg gekommen sein könnte.
Ein wenig gruseln durfte es einen im Juli 2015, als bei Grabungen vor dem Gebäude mehrere Skelette zum Vorschein kamen. Fachleute vermuteten, dass es sich um die Überreste von Mönchen und Priestern handelte, die im Kreuzgang und in der Kirche des Klosters bestattet worden waren. Denn ab etwa 1260 hatte auf dem Gelände – bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein – das Augustinerkloster gestanden, das der Straße ihren Namen gab.
Das komplette Haus entkernt.
Parallel zu den archäologischen Untersuchungen war der marode Seitenflügel abgebrochen und das komplette Haus entkernt worden. Anschließend wurde das zwischen 1956 und 1958 errichtete, denkmalgeschützte Gebäude von Grund auf saniert.
Die wohl augenfälligste Veränderung stellt der zweigeschossige neue Baukörper dar. Zur Wirsbergstraße hin ruht er auf einem Sockelgeschoss. Dort, wo später hinter dem Gebäude auf der Tiefgarage die Dienstfahrzeuge der Inspektion parken werden, ist er auf Betonstützen aufgeständert. 40 Fahrzeuge werden auf den 1500 Quadratmetern Nutzfläche der Tiefgarage Platz finden, 48 darauf.
Historische Sgraffito-Brüstungsfelder am Altbaus.
Verkleidet ist der neue Baukörper mit Aluminium-Verbundelementen, einer sogenannten Alucobond-Fassade. „Die Farbgebung lehnt sich an die Farben der historischen Sgraffito-Brüstungsfelder des Altbaus an“, erläutert Schmincke. Vor dem Hauptgebäude wurde der Eingangsbereich erneuert, mit einem schwebenden Dach an das historische Vorbild angelehnt, und mit viel Glas verkleidet.
122 Diensträume und insgesamt 2900 Quadratmeter Nutzfläche, davon 1100 Quadratmeter im neuen Anbau, wird die neue Polizeiinspektion Würzburg-Stadt haben, sagt Projektleiter Werner Bausenwein. Beim Rundgang durch das komplett neu ausgebaute Haus fällt das Treppenhaus mit dem Messinghandlauf und dem feinen Stabgeländer aus den 1950er Jahren ins Auge. Dessen Erhalt war dem staatlichen Bauamt ein Anliegen, ebenso wie der Erhalt der filigranen Dachkonstruktion, die der Materialknappheit aus der Bauzeit nach dem Krieg geschuldet ist und die heute ihresgleichen sucht.
Mayener Basalt aus der Eifel.
Der Bodenbelag im Erdgeschoss ist jetzt aus dem gleichen Material wie die Treppenstufen aus der ursprünglichen Bauzeit. „Das ist Mayener Basalt aus der Eifel“, erklärt Schmincke. In den Obergeschossen liegen dunkles Linoleum und Teppichböden, in den Dienstzimmern gibt es dunkle Einbauschränke und Schreibtische und Türen aus hellem Holz. Beheizt wird das Gebäude mit Fernwärme vom Heizkraftwerk an der Friedensbrücke, auf dem Dach den Anbaues stehen Photovoltaik-Elemente.
Der Gartenpavillon im Rückbereich, dessen Erbauung Joseph Greising zugeschrieben wird, wird der Öffentlichkeit auf einer Art Plateau zugänglich gemacht, sagt Schmincke. „Es soll ein Ort der Geschichte werden, wo auf Schautafeln alles dargestellt wird, was dort bei Ausgrabungen gefunden worden ist. Auch die Geschichte des Ortes ,Augustinerkloster‘ wird in dieser Weise dargestellt.“
Was sind die Gemeinsamkeiten?
Mit im Boot bei der Gestaltung sind die vier Institutionen, die an diesem Ort im Laufe der Jahrhunderte involviert waren: die Polizei, die Augustinerpatres, das evangelische Dekanat, weil im Augustinerkloster einstmals Martin Lutherübernachtete, sowie die Schulleitung des Wirsberg-Gymnasiums, das bis zum 16.
März 1945 auf den Überresten der Klosteranlage errichtet worden war. „Unsere große Frage war, was sind die Gemeinsamkeiten? Da haben wir welche gefunden, aber mehr wird noch nicht verraten“, sagt Sabine Schmincke. Das Plateau wird erst im Sommer fertig und öffentlich zugänglich sein.
Ebenfalls öffentlich zugänglich wird schon vorher der Platz vor dem Gebäude sein. Dieser wird auf der linken Seite mit einer Treppenanlage von der Wirsberg- und der Augustinerstraße her versehen, mit Bäumen, Grün und Sitzbänken zum Verweilen im Schatten, rechts mit Behindertenparkplatz und Stellflächen für Lieferanten.
„Knackpunkt“ für den Einzugstermin ist der Oberflächenbelag.
Rund 21,2 Millionen Euro hat sich der Freistaat die neue Polizeiinspektion in der Innenstadt kosten lassen. Die komplette Projektleitung und die Eigenplanung für den Hochbau erfolgten durch das staatliche Bauamt Würzburg, betont Schmincke. „Wir haben versucht etwas zu schaffen, das städtebaulich als Blickpunkt wirkt.“
Der einzige „Knackpunkt“ für den Einzugstermin ist der Oberflächenbelag des Parkdecks auf der Tiefgarage, erläuterte Schmincke. „Um den dauerhaft aufbringen zu können, brauchen wir mindestens vier Wochen ständig Temperaturen über fünf Grad.“