zurück
Würzburg
Auftrag für Missbrauchsgutachten erteilt: Kanzlei soll Fälle im Bistum Würzburg aus mehreren Jahrzehnten untersuchen
Das Münchener Missbrauchsgutachten hat Anfang des Jahres für Schlagzeilen gesorgt. Eine Wiesbadener Kanzlei soll nun "vorhandene Dunkelfelder" in Würzburg aufhellen.
Das Würzburger Missbrauchsgutachten ist auf den Weg gebracht. Den Auftrag erhielt eine Wiesbadener Rechtsanwaltskanzlei.
Foto: Daniel Peter | Das Würzburger Missbrauchsgutachten ist auf den Weg gebracht. Den Auftrag erhielt eine Wiesbadener Rechtsanwaltskanzlei.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:34 Uhr

Die Vorbereitung dauerte etliche Monate, nun wurde das Würzburger Missbrauchsgutachten auf den Weg gebracht. Eine Wiesbadener Kanzlei für Wirtschafts- und Medizinalrecht erhielt am 19. November den Auftrag. Dies teilte die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Diözese Würzburg (UKAM) mit, nachdem Würzburgs Bischof Franz Jung die Vertragsurkunde unterschrieben hatte.

Untersuchungszeitraum ist von 1945 bis 2019

Erstellen wird das "Gutachten über die Bestandsaufnahme und Aufarbeitung von Fällen des sexuellen Missbrauchs in der Diözese Würzburg" – so der Titel – der unabhängige Sachverständige und Rechtsanwalt Prof. Hendrik Schneider. Als Zeitraum werden die Jahre zwischen 1945 und 2019 genannt. Grundlagen und Aufgaben des Gutachtens sowie die Fragen an den Sachverständigen seien "in enger Abstimmung mit den Mitgliedern des Betroffenenbeirats in der UKAM erarbeitet und festgelegt" worden, hieß es.

Die UKAM-Vorsitzende Prof. Anja Amend-Traut umriss bereits Anfang des Jahres in einem Gespräch mit dieser Redaktion die Vorstellungen: Es ginge nicht alleine um die Identifizierung von Tätern oder einzelner Taten. "Wir wollen auch die Verantwortlichen in den Fokus nehmen" – wie das bereits im Münchner Missbrauchsgutachten der Fall gewesen sei. Aktuell heißt es dazu, dass damit "die Untersuchung des administrativen Umgangs der Diözese Würzburg mit Tätern und Betroffenen und die Identifikation von Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglicht oder erleichtert oder dessen Aufdeckung erschwert haben" gemeint ist.

Prof. Anja Amend-Traut, Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg (UKAM) sowie Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte, Kirchenrecht und Bürgerliches Recht an der Universität Würzburg.
Foto: Johannes Kiefer | Prof. Anja Amend-Traut, Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg (UKAM) sowie Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte, ...

Ziel ist es laut einer UKAM-Mitteilung, Grundlagen zu schaffen, "dass künftig durch geeignete Präventionsmaßnahmen im kirchlichen Bereich sexuelle Missbrauchshandlungen möglichst verhindert, potentielle Opfer sexueller Übergriffe besser geschützt, die Aufdeckung, Aufklärung, Ahndung und Wiedergutmachung sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich verbessert und gewährleistet werden". Zudem sollen Betroffene Hilfe und Unterstützung erhalten und noch vorhandene Dunkelfelder aufgehellt werden.

Betroffener hat noch Fragen zum Vorgehen

Wichtig ist laut Amend-Traut die Einbindung eben jener Betroffenen. Dazu gehört zum Beispiel der Theologe Bernhard Rasche, ehemaliges Mitglied im Würzburger Betroffenenbeirat und eines der vielen Opfer eines Paters im ehemaligen Kloster Lebenhan bei Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld).

"Ja, ich mache beim Gutachten mit", sagt Rasche auf Nachfrage. Aber zuvor müssten für ihn strittige Punkte geklärt werden. Erst dann werde er seine Einwilligung geben, dass die Kanzlei seine personenbezogenen Daten in den Akten der Diözese Würzburg erheben und verarbeiten darf.

Bernhard Rasche stößt sich an einem Satz im Anschreiben des Rechtsanwalts Schneider. "Er schreibt, dass er und seine Mitarbeitenden nur der UKAM gegenüber berichtspflichtig seien." Rasche möchte wissen: "Was wird den Kommissionsmitgliedern mitgeteilt?" Nicht einverstanden ist er, dass die beiden Betroffenen, die in der UKAM sitzen, Einblicke in seinen Fall erhalten.

Wer darf in die Akten schauen?

Zudem fehlen ihm Angaben zur Methode. Was werde wie untersucht? Die Fragestellungen an Hendrik Schneider seien in den Anschreiben an die Betroffenen nicht aufgeführt. "Es fehlt die völlige Transparenz", so Rasche. Zudem möchte er wissen, wer bereits Einblick in seine Akte genommen hat. Als er sie gesichtet habe, sei ihm aufgefallen, dass Seiten mehrfach kopiert waren. Auf Nachfrage habe er die Antwort erhalten, es hätten bereits etliche Leute seinen Fall angesehen. Aber wer das war, sei ihm nicht gesagt worden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Christine Jeske
Bischöfe
Bistum Würzburg
Franz Jung
Kanzleien
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top