Die Trillerpfeife ist ihr Werkzeug gegen nächtlichen Lärm und unerlaubtes Urinieren in der Öffentlichkeit: Irmgard Münch wohnt im Eckhaus zwischen Badergasse und Maiergasse in Würzburg. Nur ein paar Schritte entfernt von der Sanderstraße. Vom Fenster ihrer Wohnung aus hat sie einen guten Blick auf die Hausecke der neu eröffneten Bar "Haltestelle" und die nervt sie gewaltig, wie sie selbst sagt.
"Jede Nacht kommen die Damen auf ihren Stöckelschuhen um die Ecke stolziert und lassen genau hier ihre Hosen runter", erklärt sie und zeigt auf den Sichtschutz an der Seitenwand der Bar. Regelmäßig lauert Münch daher nachts mit ihrer Trillerpfeife am Fenster. "Wenn ich dann wieder eine von denen erwische, pfeife ich laut. Sie sollten mal sehen, wie die Damen dann hochschrecken." Helfen tue das bisher aber wenig. Aufgeben wolle sie trotzdem nicht.
Anwohner sieht Verantwortung auch bei den Gastronomen
Doch es ist mehr als nur das unerlaubte Pinkeln gegen die Hauswände, das die Würzburgerin stört. Und sie ist nicht allein. Ein paar wütende Anwohner haben sich zusammengetan und wollen nun gegen die Zustände auf der Sanderstraße vorgehen. Allen voran Joachim Eich, der sich mit seinem Anliegen an diese Redaktion gewandt hat. Er findet noch deutlichere Worte für das, was sich nachts auch vor seiner Haustür abspielt: "Das sind alles Probleme einer verlotterten Stadtkultur." Urin, Glasscherben, Erbrochenes und Partylärm sowie illegales Graffiti an den Hauswänden, das sei das Programm, mit dem sich Eich die Nächte um die Ohren schlagen müsse.
Den Feiernden allein gibt er dafür aber nicht die Schuld. Verantwortlich seien auch die Gastronomen, besonders eine Neueröffnung ist ihm dabei ein Dorn im Auge: die Bar "Haltestelle" in der Sanderstraße. "Die Besitzerin vom Muck hat damals jeden Morgen um 8 Uhr dafür gesorgt, dass geputzt wird und auch die Überbleibsel vom Feiern beseitigt werden", pflichtet Münch ihm bei.
Die neuen Betreiber täten das nun nicht mehr, sagt sie. Und so seien die Straßen morgens mit den Hinterlassenschaften des Partyvolks gepflastert. Dem stimmt auch Jürgen Thein zu. Er wohnt in der Rosengasse und ist Chef der Bäckerei Gehrold in der Sanderstraße. Besonders am Wochenende müsse er morgens auf seinem Weg in die Backstube immer wieder Haufen von Erbrochenem und Glasscherben ausweichen.
Höheres Aggressionspotenzial bei den Feiernden
Weil auch er sauer über die Zustände auf der Sanderstraße ist, hat er sich Münch und Eich angeschlossen. Eich hatte sich daraufhin in einer E-Mail an die Konfliktstelle "Miteinander leben & feiern" in Würzburg gewandt. Jenifer Gabel ist eine der beiden Projektmanagerinnen und auch zuständig für die Nachtmediatorinnen und -mediatoren. Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt sie: "Insbesondere bei der Ansprache von Wildpinklern, von denen es leider auch bei den niedrigen Temperaturen noch viele gibt, ernten wir häufiger aggressive Reaktionen."
Vandalismus, wie ihn Eich und andere Anwohnende beschreiben, hätten sie jedoch nicht beobachtet. "Wir sind aber auch nicht immer vor Ort", fügt die Projektmanagerin hinzu. Die Bar "Haltestelle" sehe sie nicht als Hauptursache des Problems an – im Gegensatz zu Eich. Zwar ziehe das Lokal ein "anderes, jüngeres Publikum an", eine Zunahme der Verschmutzung oder größere Ansammlungen von Feiernden vor der Bar hätten ihre Mitarbeitenden allerdings nicht beobachtet. Vielmehr würden die Personen "im Laufe der Nacht von Location zu Location wandern, daher sei eine eindeutige "Zuordnung der Störenfriede zu einem Laden meist nicht möglich."
Barbesitzer stellen ihre Toiletten der Öffentlichkeit zur Verfügung
Marcel Demand, Inhaber der "Haltestelle" und des "Wohnzimmers" sagt, angesprochen auf die Vorwürfe, dass die Situation schwierig sei. Auch ihm sei aufgefallen, dass sich seit dem Ende der Coronapandemie die Dynamik unter den Feiernden verändert hätte. "Die Ausschweifungen der Gäste, auch im Wohnzimmer, werden schlimmer." Von Erbrochenem, Urin und Glasscheiben sei auch er genervt.
Die Schuld dafür sei jedoch nicht unbedingt bei den Gastronomen zu suchen, sagt er. "Punkt eins, wir haben auch Putzkräfte, die vor den beiden Bars kehren. Punkt zwei haben wir Personal, dass darauf achtet, dass sich keine Menschengruppen vor der Bar versammeln", so Demand. Dass sich Anwohnende von dem wieder aufkommenden Lärm gestört fühlen, könne er zwar verstehen, "das ehemalige Muck stand nun auch ein Jahr leer", er hätte sich jedoch gewünscht, dass die Personen ihn direkt ansprechen.
"Wir tun unser möglichstes, um die Straßen sauber zu halten." Beispielsweise werde offen kommuniziert, dass seine Bars eine öffentliche Toilette haben, sodass sich niemand auf der Straße entleeren müsse. Für Eich und seine Mitleidenden ist das nicht genug. Mit der Neueröffnung der Bar hätten sich die ohnehin schlimmen Zustände noch einmal zugespitzt, sagen sie.
Die getroffenen Regelungen wie beispielsweise das Alkohol- oder Nachtfahrverbot auf der Sanderstraße hält er für leere Politik und gibt auch der Polizei Schuld an den Zuständen. Diese würde ihrer Kontrollfunktion nicht ausreichend nachkommen und häufig wegschauen. Die Forderungen von ihm, Münch und Thein: "Wir wollen eine Sperrstunde, mindestens von 1 Uhr nachts bis 6 Uhr morgens. Das ist der Schlüssel zum Erfolg", ist sich Eich sicher.
macht doch mal Bilderstrecken von besoffenen ..sich nicht benehmenden Menschen
ob sie dann immer noch stolz sind im Netz zu erscheinen!
das Problem ist auch das der Alkohol erstens zu billig
und in der Gesellschaft integriert ist...
man muss sich ja schon rechtfertigen wenn man keinen Alkohol trinkt.
und die Gruppendynamik..einer allein ist meistens harmlos
aber in der Gruppe ham se alle die große Fresse...
habe 4 Jahre nachts in der Sanderstr gearbeitet
hab da NIE Polizei gesehn
außer es hat wieder mal "geknallt".
Die haben auf der Straße kein Hausrecht.
Und wie sollen dann -zig Hausverbote überwacht werden?
das Verb lautet "anwohnen", wie im Duden zu lesen ist: https://www.duden.de/rechtschreibung/anwohnen
Freundliche Grüße
Lukas Will
Digitales Management
Ich hab vor 25 Jahren schon mal in der Sanderstraße/Ecke Tiepolostrasse gewohnt. Da war um 1 Uhr Sperrstunde und man konnte normal schlafen. Jetzt bin ich seit September 2022 wieder zurück in die Innenstadt gezogen (damals war noch Corona- Nachtruhe ab 22 Uhr - ein Traum) - jetzt ist es unerträglich für Anwohner. Letzte Nacht gegen 3 Uhr erst wieder aufheulende Autos und eine kurze Raserei auf der Sanderstrasse. Vorletzte Nacht umgeschmissene Mülltonnen.
Eine Nachtruhe ab 1 Uhr würde auch ich sehr begrüßen.
An diskreter Präsenz von Polizei und Ordnungsdienst sollte es nicht fehlen. Die vorgeschlagene Sperrstunde zwischen 1 und 6 Uhr ist wahrscheinlich eine gute Lösung. "Leben und feiern" sollten hierunter jedoch gänzlich zu kurz kommen. So wie in ferner Vergangenheit, als Würzburg noch abseits gelegene Provinz war.
Übrigens: "Spiesig" is doch mittlerweile so eine leere und abgedroschene Worthülse aus der 68er Altherren-Riege bzw. dem, was davon übrig geblieben ist. Es wird halt noch ein wenig nachgebetet, wenn man nix anderes weiß.....