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Estenfeld
Als Namenspate ungeeignet: Nikolaus-Fey-Straße in Estenfeld wird umbenannt
Die Debatte um die Namensänderung der Nikolaus-Fey-Straße spaltet den Estenfelder Gemeinderat. Aus der CSU gab es heftigen Widerstand – und am Ende ein enges Abstimmungsergebnis.
Wird umbenannt: die Nikolaus-Fey-Straße in Estenfeld
Foto: Julian Bandorf | Wird umbenannt: die Nikolaus-Fey-Straße in Estenfeld
Julian Bandorf       -  Julian Bandorf wuchs im Landkreis Schweinfurt auf und absolvierte zunächst eine Berufsausbildung als Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung. Danach machte er Abitur am Schweinfurter Bayernkolleg und studierte Germanistik und Political and Social Studies an der Uni Würzburg. 2021 begann er seine freie Mitarbeit bei der Main-Post, seit April 2024 ist er Redaktionsvolontär.
Julian Bandorf
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:07 Uhr

Es war das am kontroversesten diskutierte Thema bei der jüngsten Gemeinderatssitzung in Estenfeld: Eignet sich der fränkische Mundartdichter Nikolaus Fey (1881-1956) noch als Namenspate für eine Straße? Dass sich der in Wiesentheid (Lkr. Kitzingen) geborene Nikolaus Fey in den Dienst des NS-Regimes stellte und nicht nur ein reiner Mitläufer war, ist inzwischen umfangreich dokumentiert. Und nach längerer Debatte im Gemeinderat steht fest: Die Nikolaus-Fey-Straße in Estenfeld wird umbenannt.

Nach dem NSDAP-Beitritt 1933 erklomm Fey die parteiinterne Karriereleiter. Als Redner verbreitete er völkisches Gedankengut und im Amt des unterfränkischen Beauftragten der Reichsschrifttumskammer überwachte er das Schaffen anderer Dichterinnen und Dichter. Während dem Zweiten Weltkriegs leistete er einen relevanten Beitrag zur sogenannten "Germanisierung" des besetzten Polens. Nach Kriegsende sprach die amerikanische Besatzungsverwaltung ein Schreibverbot für ihn aus. Fey distanzierte sich später nie explizit von seinem Wirken während der Zeit des Nationalsozialismus.

Nikolaus Fey in den 1920er Jahren.
Foto: MP-Archiv | Nikolaus Fey in den 1920er Jahren.

Die 2015 vom Würzburger Stadtrat ins Leben gerufene "Würzburger Straßennamenkommission" sprach sich Ende 2020 dafür aus, dass Fey, sowie auch andere Persönlichkeiten mit vergleichbarer Biografie, für eine solche Würdigung wie eine Straßennamenspatenschaft ungeeignet seien. Für die nach Fey benannte Straße im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld empfiehlt die Kommission eine  Umbenennung. Ein Beschluss des Würzburger Stadtrates hierzu steht noch aus. 

Der Historiker Prof. Dr. Peter Hoeres von der Universität Würzburg war Mitglied der Würzburger Straßennamenkommission. Er hatte bei einem Sachvortrag in Estenfeld über die Einschätzung zu Fey informiert. Laut Bürgermeisterin Rosi Schraud (CSU) war das Info-Angebot jedoch nur spärlich angenommen worden.

Eine Befragung der Anwohnerinnen und Anwohner der Estenfelder Nikolaus-Fey-Straße ergab allerdings eine eindeutige Tendenz: Eine Umbenennung wird nicht gewünscht. Dennoch stand genau dies nun im Gemeinderat zur Abstimmung.

Die Fraktionen sprachen sich zu Beginn der Debatte dafür aus, dass die Mitglieder des Ratsgremiums, losgelöst von ihrer Parteizugehörigkeit, eine persönliche Entscheidung treffen dürfen und auch sollen. Der 2. Bürgermeister Tobias Grimm verkündete als Erster das Stimmungsbild der SPD/B*F/UWG-Fraktion. Für ihn steht außer Frage, dass Fey aus voller Überzeugung hinter den Machenschaften des Nazi-Regimes stand, auch wenn er "nicht der war, der die Pistole in der Hand hatte".

Seinen Vorgängerinnen und Vorgängern im Gemeinderat von 1958 will Grimm dabei keinesfalls in den Rücken fallen. Als die Straße damals ihren aktuellen Namen bekam, fehlten die Kenntnisse über das Ausmaß von Feys Beitrag. Diese seien nun vorhanden und eine Umbenennung sei der logische Schritt.

Großteil der CSU-Fraktion war gegen die Umbenennung 

Die CSU-Fraktion äußerte sich zunächst über ihren Sprecher Ersoy Karakoc. Dieser schloss sich in der Bewertung zu Feys NS-Beziehungen den Worten von Grimm an. Er betonte jedoch, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger selbst gegen eine Änderung des Namens seien. Karakoc befürwortet eine Umbenennung, verwies aber darauf, dass es "Kollegen mit verschiedener Meinung gibt."

Der Großteil der CSU stimmte gegen die Umbenennung, darunter auch die Bürgermeisterin Rosi Schraud. Peter Pospiech (CSU) begründete seine Ablehnung mit dem Ergebnis der Bürgerumfrage. Außerdem müsse man Feys Verhalten, das Pospiech nicht in Frage stellt, in den zeitlichen Kontext einordnen. Sein Parteifreund Albin Wolz merkte noch an, dass das Thema über 70 Jahre keinen interessiert habe und es den bürokratischen Aufwand nicht rechtfertige. Bürgermeisterin Schraud äußerte sich während der Sitzung nicht zu ihrem Abstimmungsverhalten.

Die Fraktion EinS sprach sich in einer Pressemitteilung geschlossen für eine Namensänderung aus. "Für uns ist nach dieser intensiven Meinungsbildung klar: Nikolaus Fey war ein Mann, der denn nationalsozialistischen Machthabern loyal und linientreu gefolgt ist und weit mehr als nur ein Mitläufer war", so die Pressemitteilung. Die Fraktion beruft sich vor allem auf die Empfehlung der Kommission des Würzburger Stadtrats und warnt vor einem Image-Schaden für die Gemeinde. Wer von einer Adressänderung betroffen ist, solle von der Gemeinde bei den anfallenden bürokratischen Maßnahmen unterstützt werden.

Die Grünen-Fraktion zeigte sich enttäuscht von der geringen Resonanz auf den Info-Vortrag und stimmte aus vergleichbaren Gründen wie die EinS-Fraktion für den Entzug der Namenspatenschaft. Mit einem Abstimmungsergebnis von zwölf zu acht fasste der Gemeinderat den Beschluss für die Umbenennung. Nun sollen Vorschläge für einen neuen Straßennamen gesammelt werden. 

 
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  • Albatros
    Familie Quandt: Beteiligung des Unternehmens am NS-Regime; Volkswagen: 20.000 Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und auch KZ-Häftlinge wurden für die Produktion von Rüstungsgüterndabei eingesetzt; Bertelsmann: Zahlreiche Verbindungen in die höchsten Kreise des NS-Regimes; Deutsche Bank: Bis zum Kriegsende wurde das Vermögen jüdischer Kunden fast zur Gänze an das Deutsche Reich abgeführt. Auch an Unternehmen, die am Bau des Konzentrationslagers Auschwitz beteiligt gewesen waren, hatten Filialen der Deutschen Bank Kredite vergeben; Deutsche Bahn: Erst durch die Reichsbahn, das Vorgängerunternehmen der Deutschen Bahn AG, wurden Deportationen in die Konzentrationslager möglich. Die Reichsbahn verdiente an den Massentransporten von Gefangenen aus ganz Europa in die Vernichtungslager: pro Kilometer erhielt sie vier Pfennig. Wo bleiben unsere Moralapostel wenn es um die Großen geht? Was ist das für eine verlogene Debatte.
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  • norbert.zirnsak@igmetall.de
    Ja, das stimmt. Das ist auch ein Problem. In dem Beitrag hier ging es jedoch um Nikolaus Fey. Nicht um die Familie Quandt, oder um die Deutsche Bank.
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  • redaktion@funkhaus.com
    Man muss aber auch sagen, dass sich nur ein kleiner Bruchteil der Anwohner vorab dazu geäußert hat. Der überwiegende Teil schwieg und beteiligte sich auch im Vorfeld nicht an der Diskussion.
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  • gerbrunn
    Natürlich gibt es „andere Probleme“ - den geschichtsvergessenen Umgang mit Befürwortern und glühenden Anhängern des NS Regime wie Fey deshalb aus Bequemlichkeit zur Seite zu wischen wäre trotzdem falsch. Gute (mehrheitliche) Entscheidung in Estenfeld.
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  • norbert.zirnsak@igmetall.de
    Sehr gute Entscheidung. Schlimm genug, daß erst die Enkelgeneration dazu in der Lage ist, klar Schiff mit Leuten wie Fey zu machen.
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  • hildegard2024
    Ohne Worte..
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  • Franken48
    Wenn ich alles verstehen kann, dies nicht.
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  • bundmufr@web.de
    Na dann sollten sich die Herrschaften mal mit den Geschichtsbüchern befassen. Auch im Kirchenbereich gab es viele Bösewichte denen Straßen und sonstiges gewidmet wurde. Auch da würde Handlungsbedarf bestehen.
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  • waldtom1
    Zählt der Wille der Anwohner nichts mehr? Warum wird über den Willen der Bürger hinweg bestimmt?
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  • thomas_loesel@yahoo.de
    Ich weiß nicht, ob allen Anwohner klar war welche Rolle Fey während der NS-Zeit gespielt hat. Und laut dem MP Bericht hat er sich auch nach dem Krieg nicht davon distanziert... das rechtfertigt doch wohl die Umbenennung- auch wenn die Adressänderung für die Anwohner einen gewissen Mehraufwand bedeutet
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  • waldtom1
    Haben wir keine anderen Probleme?
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  • stotch
    https://www.diepresse.com/3831013/das-dummste-argument-haben-wir-keine-wichtigeren-probleme
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