Es war das am kontroversesten diskutierte Thema bei der jüngsten Gemeinderatssitzung in Estenfeld: Eignet sich der fränkische Mundartdichter Nikolaus Fey (1881-1956) noch als Namenspate für eine Straße? Dass sich der in Wiesentheid (Lkr. Kitzingen) geborene Nikolaus Fey in den Dienst des NS-Regimes stellte und nicht nur ein reiner Mitläufer war, ist inzwischen umfangreich dokumentiert. Und nach längerer Debatte im Gemeinderat steht fest: Die Nikolaus-Fey-Straße in Estenfeld wird umbenannt.
Nach dem NSDAP-Beitritt 1933 erklomm Fey die parteiinterne Karriereleiter. Als Redner verbreitete er völkisches Gedankengut und im Amt des unterfränkischen Beauftragten der Reichsschrifttumskammer überwachte er das Schaffen anderer Dichterinnen und Dichter. Während dem Zweiten Weltkriegs leistete er einen relevanten Beitrag zur sogenannten "Germanisierung" des besetzten Polens. Nach Kriegsende sprach die amerikanische Besatzungsverwaltung ein Schreibverbot für ihn aus. Fey distanzierte sich später nie explizit von seinem Wirken während der Zeit des Nationalsozialismus.
Die 2015 vom Würzburger Stadtrat ins Leben gerufene "Würzburger Straßennamenkommission" sprach sich Ende 2020 dafür aus, dass Fey, sowie auch andere Persönlichkeiten mit vergleichbarer Biografie, für eine solche Würdigung wie eine Straßennamenspatenschaft ungeeignet seien. Für die nach Fey benannte Straße im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld empfiehlt die Kommission eine Umbenennung. Ein Beschluss des Würzburger Stadtrates hierzu steht noch aus.
Der Historiker Prof. Dr. Peter Hoeres von der Universität Würzburg war Mitglied der Würzburger Straßennamenkommission. Er hatte bei einem Sachvortrag in Estenfeld über die Einschätzung zu Fey informiert. Laut Bürgermeisterin Rosi Schraud (CSU) war das Info-Angebot jedoch nur spärlich angenommen worden.
Eine Befragung der Anwohnerinnen und Anwohner der Estenfelder Nikolaus-Fey-Straße ergab allerdings eine eindeutige Tendenz: Eine Umbenennung wird nicht gewünscht. Dennoch stand genau dies nun im Gemeinderat zur Abstimmung.
Die Fraktionen sprachen sich zu Beginn der Debatte dafür aus, dass die Mitglieder des Ratsgremiums, losgelöst von ihrer Parteizugehörigkeit, eine persönliche Entscheidung treffen dürfen und auch sollen. Der 2. Bürgermeister Tobias Grimm verkündete als Erster das Stimmungsbild der SPD/B*F/UWG-Fraktion. Für ihn steht außer Frage, dass Fey aus voller Überzeugung hinter den Machenschaften des Nazi-Regimes stand, auch wenn er "nicht der war, der die Pistole in der Hand hatte".
Seinen Vorgängerinnen und Vorgängern im Gemeinderat von 1958 will Grimm dabei keinesfalls in den Rücken fallen. Als die Straße damals ihren aktuellen Namen bekam, fehlten die Kenntnisse über das Ausmaß von Feys Beitrag. Diese seien nun vorhanden und eine Umbenennung sei der logische Schritt.
Großteil der CSU-Fraktion war gegen die Umbenennung
Die CSU-Fraktion äußerte sich zunächst über ihren Sprecher Ersoy Karakoc. Dieser schloss sich in der Bewertung zu Feys NS-Beziehungen den Worten von Grimm an. Er betonte jedoch, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger selbst gegen eine Änderung des Namens seien. Karakoc befürwortet eine Umbenennung, verwies aber darauf, dass es "Kollegen mit verschiedener Meinung gibt."
Der Großteil der CSU stimmte gegen die Umbenennung, darunter auch die Bürgermeisterin Rosi Schraud. Peter Pospiech (CSU) begründete seine Ablehnung mit dem Ergebnis der Bürgerumfrage. Außerdem müsse man Feys Verhalten, das Pospiech nicht in Frage stellt, in den zeitlichen Kontext einordnen. Sein Parteifreund Albin Wolz merkte noch an, dass das Thema über 70 Jahre keinen interessiert habe und es den bürokratischen Aufwand nicht rechtfertige. Bürgermeisterin Schraud äußerte sich während der Sitzung nicht zu ihrem Abstimmungsverhalten.
Die Fraktion EinS sprach sich in einer Pressemitteilung geschlossen für eine Namensänderung aus. "Für uns ist nach dieser intensiven Meinungsbildung klar: Nikolaus Fey war ein Mann, der denn nationalsozialistischen Machthabern loyal und linientreu gefolgt ist und weit mehr als nur ein Mitläufer war", so die Pressemitteilung. Die Fraktion beruft sich vor allem auf die Empfehlung der Kommission des Würzburger Stadtrats und warnt vor einem Image-Schaden für die Gemeinde. Wer von einer Adressänderung betroffen ist, solle von der Gemeinde bei den anfallenden bürokratischen Maßnahmen unterstützt werden.
Die Grünen-Fraktion zeigte sich enttäuscht von der geringen Resonanz auf den Info-Vortrag und stimmte aus vergleichbaren Gründen wie die EinS-Fraktion für den Entzug der Namenspatenschaft. Mit einem Abstimmungsergebnis von zwölf zu acht fasste der Gemeinderat den Beschluss für die Umbenennung. Nun sollen Vorschläge für einen neuen Straßennamen gesammelt werden.