Geschäfte wechseln in der Kaiserstraße schon länger schneller ihre Mieter als in der übrigen Innenstadt. Doch jetzt finden hier immer mehr Läden überhaupt keinen Nachmieter mehr: Neun sind es aktuell und einige davon stehen seit Jahren leer. "Der Leerstand in der Kaiserstraße macht uns Sorgen", sagt Volker Wedde, unterfränkischer Bezirksgeschäftsführer vom Handelsverband Bayern. Wie hat sich die Verbindungsstraße zwischen Bahnhof und Innenstadt zum Sorgenkind entwickelt und was kann man jetzt tun?
Die H&M-Filiale in der Kaiserstraße hat bereits 2018 dicht gemacht, als der Modekonzern deutschlandweit kleinere Läden aufgab. Die Laufgeschäft-Kette Runners Point machte 2020 pleite, die Modekette Orsay im vergangenen Juni. Als nächstes schließt Ende April Gamestop - der Videospielhändler macht jede zweite Filiale in Deutschland dicht.
"Es liegt also nicht an der Kaiserstraße, dass diese und andere Filialen weg sind", sagt Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins "Würzburg macht Spaß". Allerdings habe die Häufung dieser Schließungen in den vergangenen Jahren Folgen.
Die Nach-Unten-Spirale der Kaiserstraße in Würzburg
Denn je mehr der rund 50 Läden leer stehen, desto schwerer lässt sich das ändern: Weil Geschäftsleute glauben, in dieser Umgebung kein Geld mehr verdienen zu können, siedeln sich immer mehr Läden im niedrigeren Preissegment wie Fastfood, Deko-Artikel oder Billigmode an. Weier: "In der Kaiserstraße hat leider ein klassischer Downtrading-Prozess eingesetzt."
Deutlicher Beweis für die Nach-unten-Spirale im Handel ist die Schließung der Benetton-Filiale Anfang des Jahres. Laut Weier sucht der italienische Modehändler neue Räume: Er will in Würzburg bleiben, aber nicht in der Kaiserstraße.
Hauseigentümer berichten der Redaktion, dass sie ihre Ladenflächen bis zu einem Drittel günstiger anbieten - und trotzdem keine Mieter finden. An der Frequenz liegt es nicht: Denn durch die rund 300 Meter zwischen Röntgenring und Juliuspromenade laufen viele Menschen. "Doch die bleiben nirgendwo stehen", sagt Handelsverbandsgeschäftsführer Wedde. "Die Kaiserstraße ist eine Durchgangsstraße geworden." Stadtmarketing-Chef Weier nennt sie "Rennstrecke ohne Stopps".
Was hat die Umgestaltung der Kaiserstraße in Würzburg für 5,8 Millionen Euro gebracht?
Dabei sind Umbau und Sanierung der Kaiserstraße erst fünf Jahre her. Für 5,8 Millionen Euro wurden Pflaster und Asphalt durch einen einheitlichen Granitbelag ersetzt, die Beleuchtung wurde erneuert und die Gehsteige abgesenkt. Das Ziel: Die Fußgängerzone sollte zum Schlendern einladen.
Geklappt hat das nicht. Zum einen dominieren Straßenbahn und Anlieferverkehr weiter die Fahrbahn. Zum anderen hält die Passanten beim Durchlaufen wenig auf. Wedde: "In der Planung hätte man einiges besser machen können."
Dabei waren die Probleme der Straße lange bekannt. Geschäftsleute hatten 1992 die Einführung der Fußgängerzone und vor allem 1998 den Wegfall der Straba-Haltestelle beklagt. Um die Straße neu zu gliedern, waren 2014 deshalb fünf "Inseln" geplant. Ensembles aus Bank, Plakatsäule, Pflanzkübeln und Abfallkorb, die in einem grellen Grün das graue Einerlei der Straße unterbrechen sollten. Verwirklicht wurden dann drei geschwungene Bänke auf der rechten Seite, umstrittene Palmen-Kübel und einige Mülltonnen sowie ein Leuchtband, dessen Leuchten laut Anwohner zum größten Teil kaputt sind.
"An städtebaulichen Gründen liegt es nicht, dass in der Kaiserstraße einige Geschäfte leer stehen", sagt Peter Wiegand, der im Baureferat den dreijährigen Umbau leitete. Soll heißen: Mehr könne man aufgrund der Gegebenheiten, wie zum Beispiel der Straßenbahn und den Leitungen im Untergrund, die das Pflanzen von Bäumen nicht ermöglichen, aus der Straße nicht machen. "Über die Ästhetik der Umgestaltung kann man streiten", räumt Wiegand ein. "Aber wir würden bei der Gestaltung heute sicher wieder denselben Weg gehen."
Wie Hauseigentümer die Situation sehen: Die Leute kommen nicht mehr in die Kaiserstraße
"Der Umbau der Straße war nötig, aber er hat die Entwicklung nicht verhindert", sagt Hauseigentümer Franz Wohlfart. Denn die Aufenthaltsqualität der Straße sei nicht wirklich verbessert worden. Der 70-Jährige lebt seit seiner Geburt in der Kaiserstraße und ist über den Niedergang seiner Straße traurig.
Was kann man jetzt machen? Volker Wedde vom Einzelhandelsverband schlägt zum Beispiel vor, dass den Geschäften mehr Werbeschilder erlaubt werden. Stadtmarketing-Chef Wolfgang Weier weiß, dass viele Hausbesitzer bereit wären, Patenschaften für Pflanzen zu übernehmen. "Viele wünschen sich auch wieder besondere Werbeaktionen für ihre Straße." Beide Handelsexperten glauben, dass auch mehr Außengastronomie der Straße helfen würde.
Die Erlaubnis, mehr Tische und Stühle auf die Gehwege zu stellen, stellt städtischer Projektleiter Wiegand zumindest für die Ostseite der Straße in Aussicht. Er glaubt, dass dadurch mehr Gastronomie in die Kaiserstraße kommt und Passanten länger in ihr bleiben.
Die Entwicklung der Kaiserstraße ist laut Wiegand kein spezifisches Problem, sondern finde in anderen Städten in Straßen in Bahnhofsnähe ähnlich statt. "Dennoch wollen wir das nicht so einfach hinnehmen." Auch Hauseigentümer Wohlfart gibt seine Straße nicht auf und appelliert an Anwohner, Geschäftsinhaber und Vertreter von Stadt und Verbänden: "Wir müssen uns alle zusammensetzen, um das Sterben der Straße aufzuhalten."
Sehr sehr viele Passanten in dieser Straße gehen in irgendeine Schule oder Bildungseinrichtung. Das bedeutet, in der Regel jünger als 25 Jahre und somit überwiegend Einkäufer im Internet (egal ob Stadt-oder Landkreisbuerger/-in).
Veränderte Gesellschaft: Teilzeit arbeitende Mütter rund Väter gehen auch zügig durch die Stadt, um ihr Tagespensum zu erledigen. Da wird auch nicht lange gebummelt.
Fehlende Mischung des Angebots (z.B auch abends geöffnete Eisdiele bzw. Restaurant).
Für Touristen ist das Ziel der Bahnhof. D.h. In der Regel: zeitgebundene Abfahrt oder Ankunft und somit auch kein Interesse mit mitführenden Gebäck in den Läden in der Kaiserstrasse zu bummeln. Und vom Hotel geht es zu Fuß in die Richtungen, wo touristische Ziele vorzufinden sind.
usw
vor gut 70 Jahr war die Kaiserstr. noch lang nit neu aufgebaut. Ungefähr in der Mitte , war in einen Ruinenprovisorium ein "Bratwurstbrater. Dort war für die aufs Land geflüchteten WÜer
immer ein Halt. Oma und ich sind noch unter Dampf aus den Lkr. KT nei die Stodt gfohrn und da war dann in dera Strass "Kerm. Bratwürste gab es auf den Land nur an der Kerm.
Heut is es auf den Heimweg "die Tasse Kaffee UND a Hörnla vom "Brandstetter. Bloss die Oma ist nimmer dabei. Aber sonst .... fehlt mir nur die Strabahaltestelle im unteren Teil.
Weil einfach viele Strabanutzer nicht zwingend in die Innenstadt wollen oder müssen. Fuss-
gängerfreundlich ist die derzeitige Situation nicht gerade. GRÜN hin oder her.....
Ich halts noch aus .......
Kommentar bitte am 1. April veröffentlichen
gab es mal ein Buch mit dem Titel "Die Unwirtlichkeit unserer Städte", und man fragt sich, ob der Autor prophetische Gaben hatte oder Würzburg kannte...
Irgendwo hab ich mal gelesen, im englischsprachigen Raum findet man unser Wort "Verschlimmbesserung" faszinierend. Tja, wie man es schafft, mit einem Heidenaufwand die Situation gegenüber früher nicht zu verbessern, sondern eher im Gegenteil - an Stuttgart 21 werden die hier in WÜ zwar (vmtl.) niemals drankommen, aber die Steinwüste (und die damit verbundene Aufenthalts-"Qualität") in der Kaiserstraße zu "zementieren", haben sie eindrucksvoll geschafft.
Stinkende Abfallkörbe direkt neben Ruhebänken? – Sehr einladend! Animiert natürlich zum Verweilen… . Palmen? Wir sind in Deutschland und nicht an der Riviera! – Sehr authentisch… . Wie wär´s denn hier mit bunten blühenden Pflanzen zwischen all dem Grau?
Bekanntlich liegt am Kopf der Kaiserstraße der Bahnhof. Ich selber stamme aus einer stadtnahen Gemeinde mit Bahnhaltepunkt. Bei meinen letzten 3 Versuchen p. Bahn zum Hauptbahnhof zu fahren, hatte d
Die hunderte Millionen aus dem Theater, (das keiner möchte) sollte in eine unterirdische Verkehrslösung unter der Altstadt gesteckt werden.
Da werden wohl "die hunderte Millionen aus dem Theater" nicht reichen. Und sehr viele aktuell lebende Einwohner und Besucher werden das auch nicht mehr "erleben".
Allerdings, dort wo keine Geschäfte mehr sind, ist dann auch nichts mehr los! Die Vermieter der leerstehenden Geschäftshäuser freuen sich, müssen sie sich doch keine Gedanken mehr machen, wie sie ihr Geld loswerden...
Ich kenne Städte, da haben Fußgängerzonen (mindestens) 50 % Leerstand, da geht gar nichts mehr!
Und ich bin sehr froh, dass uns in Würzburg dieses Einkaufsmonster am Bahnhof erspart geblieben ist, denn diese Monster sind die Totengräber der Innenstädte!
In Berlin geschieht dies aktuell im Hinblick auf City West. Dieses renommierte Institut ist führend bei Marktforschung und Beratung. Die Situation in Würzburgs Kaiserstraße kann nur besser werden. Schließlich ist diese Meile eine Visitenkarte der insgesamt so schönen Stadt!
Die hunderte Millionen aus dem Theater, (das keiner möchte) sollte in eine unterirdische Verkehrslösung unter der Altstadt gesteckt werden.