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Gerolzhofen
"YOLO!"- Kunstunterricht mal anders in Gerolzhofen: Upcycling mit Jugendwörtern und knallbuntem Anstrich
Es ist ein Premierenprojekt, das gut ankommt: Was es mit der ersten Zusammenarbeit der Mittelschule und des Jugendhauses in Gerolzhofen auf sich hat.
Aus Alt macht Neu: Die Achtklässler der Mittelschule Gerolzhofen bereiten im Kunstunterricht gespendete Stühle für eine Nutzung im Jugendhaus auf - natürlich im Jugend-Style. Marie, Florian und Denisha (von links) sind begeistert von der erstmaligen Zusammenarbeit ihrer Schule mit der städtischen Einrichtung.
Foto: Anand Anders | Aus Alt macht Neu: Die Achtklässler der Mittelschule Gerolzhofen bereiten im Kunstunterricht gespendete Stühle für eine Nutzung im Jugendhaus auf - natürlich im Jugend-Style.
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 17.02.2025 02:31 Uhr

Es sind kryptische Buchstabenkombinationen, die auf den alten Holzstühlen stehen, zumindest für etwas ältere Semester: "Talahon", "NPC", "goofy", "sus" oder "YOLO!" sind dort zu lesen, auf Rücklehnen, Sitzflächen und Stuhlbeinen. 

Was sich zunächst seltsam anhört, ist das Ergebnis eines Upcycling-Projekts der Mittelschule in Zusammenarbeit mit dem Jugendhaus in Gerolzhofen. Seit Januar sind die Schülerinnen und Schüler der Klasse 8m damit im Kunstunterricht beschäftigt und dürfen ihre künstlerische Kreativität voll und ganz ausleben.

Komplett neuer Look für ausrangierte Stühle

Ideengeberin ist Johanna Kassner, die neue Stadtjugendpflegerin. Sie hat das Jugendhaus in den vergangenen Monaten auf Vordermann gebracht, teilweise neu eingerichtet und im Herbst wieder geöffnet. Dieser Prozess ist nicht ganz abgeschlossen, so fehlen noch Sitzgelegenheiten. 

Auf einen Aufruf in den sozialen Netzwerken erhielt sie jene alten Stühle von den Veteranenfreunden aus Herlheim. "Eine großzügige Spende", sagt sie und freut sich ungemein darüber. Zehn an der Zahl waren es, die gut und gerne ein halbes Jahrhundert oder noch älter sind und früher, der Optik nach zu urteilen, vermutlich in einem Wirtshaus standen.

Die Eichenholzstühle haben nach mehreren Schulstunden einen komplett neuen Look erhalten, das wird bereits auf den ersten Blick deutlich. Knallbunt sind sie jetzt, ergänzt um Muster, versehen mit Verzierungen und anderen Symbolen, wie Herzchen, Elefanten, Zebrastreifen oder Flaggen; und beschriftet mit eben jenen seltsamen Begriffen. Es handelt sich hierbei um Jugendwörter aus den vergangenen Jahren, klärt der zuständige Fachlehrer für Technik und Kunst, Jonas Hornung, auf. 

Hauptsache bunt, dazu Jugendwörter: Die alten Eichenstühle, gespendet von den Veteranenfreunden aus Herlheim, sind mittlerweile kaum mehr wiederzuerkennen.
Foto: Anand Anders | Hauptsache bunt, dazu Jugendwörter: Die alten Eichenstühle, gespendet von den Veteranenfreunden aus Herlheim, sind mittlerweile kaum mehr wiederzuerkennen.

Sein erstes Resümee fällt überaus positiv aus. Die Schüler seien "toll bei der Sache", könnten kreativ werden und ihre Botschaften rausbringen. "Sie haben schon fleißig an den Stühlen gearbeitet. Heute geht's an den Feinschliff", gibt er die Devise für die kommenden zwei Schulstunden aus. An Werkzeug und Materialien wie Pinsel, Farben und vieles mehr mangelt es im Technikraum nicht. Man habe ideale Voraussetzungen in der Schule, meint auch Johanna Kassner.

Nachhaltigkeit ein wichtiger Aspekt des Projekts

Die Begeisterung ist den Jungen und Mädchen im Alter von 13 bis 15 Jahren sichtlich anzumerken. Der Kunstunterricht sei "viel cooler als sonst", sagt Miley, während sie den Pinsel in die Farbe eintaucht. Sie ist mit ihrer Mitschülerin Kathrin gerade dabei, dem Stuhl weitere Farbtupfer zu verpassen. "Hauptsache bunt" soll dieser später ausschauen. Ihre Jugendwörter haben sie danach ausgewählt, welche sie selbst oft verwendeten, erklärt Kathrin.  

Nebenan arbeiten Jamie und Ben gemeinsam an ihrem Stuhl. "Wir entscheiden spontan, welche Wörter wir malen", so Jamie. Der Unterricht mache richtig Spaß. Er würde sich freuen, wenn es solche Projekte öfters an der Schule gäbe.

Die erste Kooperation von Jugendhaus und Mittelschule kommt bei den Verantwortlichen gut an. Stadtjugendpflegerin Johanna Kassner und Jonas Hornung, Fachlehrer für Kunst und Technik, freuen sich, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Kreativität im Kunstunterricht und für ein nachhaltiges Projekt ausleben.
Foto: Anand Anders | Die erste Kooperation von Jugendhaus und Mittelschule kommt bei den Verantwortlichen gut an. Stadtjugendpflegerin Johanna Kassner und Jonas Hornung, Fachlehrer für Kunst und Technik, freuen sich, dass die ...

Glücklich ist Kassner auch deshalb, weil erstmals eine Kooperation zwischen der Schule und dem Jugendhaus zustande gekommen ist. "Ich bin der Mittelschule dankbar, dass es geklappt hat und die Zusammenarbeit gut funktioniert", freut sie sich, während sie sich selbst ein Bild vom Fortschreiten des Projekts und von den künstlerischen Fähigkeiten der Jugendlichen macht. 

Das Thema Nachhaltigkeit ist ohnehin ein guter pädagogischer Ansatz, davon ist nicht nur die Stadtjugendpflegerin, sondern auch Lehrer Hornung überzeugt: "Die Stühle wären sonst auf dem Sperrmüll gelandet. Jetzt werden sie zum neuen Leben erweckt." Nun, davon ist Johanna Kassner überzeugt, könnten die Jugendlichen voller Stolz sagen: "Hey, das ist mein Stuhl." So etwas stärke das Selbstbewusstsein und präge fürs Leben.

Werbung für das Jugendhaus

Sobald die Stühle in den kommenden Wochen neu aufbereitet sind, werden sie im Jugendhaus ihren neuen Zweck erfüllen. Einige Schülerinnen und Schüler kennen das Jugendhaus bereits. Andere, wie Florian und Marie, wollen der städtischen Einrichtung an der Ecke Bahnhofstraße und Dreimühlenstraße demnächst einen ersten Besuch abstatten. "Ich kannte das Jugendhaus nicht, ich will aber hin und meinen Stuhl sehen", sagt Marie mit einer gewissen Vorfreude.

Johanna Kassner hat somit zugleich Werbung in eigener Sache gemacht. Für eine Fortsetzung der Kooperation mit der Mittelschule ist sie offen. Kunstlehrer Jonas Hornung kann sich das ebenso vorstellen, zumindest wenn ein Vorhaben sich dafür anbietet. "Es muss nicht das letzte derartige Projekt gewesen sein, denn es gibt viele kreative Köpfe in der Schule", sagt die Stadtjugendpflegerin.

Jugendwort des Jahres

Der Langenscheidt-Verlag kürt seit 2008 das Jugendwort des Jahres. Jeder kann über das Internet Vorschläge machen. Das erste Jugendwort war "Gammelfleischparty", das eine Feier für Menschen über 30 Jahren bezeichnet; das vorläufig letzte "Aura" (Ausstrahlung einer Person).
Die eingangs im Text erwähnten Jugendwörter lassen sich wie folgt erklären:  Talahon (2. Platz 2024; Bezeichnung für Menschen mit stereotypen Merkmalen), NPC (2. Platz 2023; Abkürzung für "non-player-character", bezeichnet einen sehr passiven Menschen), goofy (1. Platz 2023; tollpatschige Person oder Verhaltensweise), sus (2. Platz 2021; Zustimmung, dass eine Situation verdächtig ist), YOLO (1. Platz 2012; Abkürzung für "you only live once", Aufforderung, eine Chance zu nutzen).
Quelle: Wikipedia
 
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