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Schweinfurt
"Wir werden nicht gehört": Was Apotheker fordern und wie die Notversorgung am Protesttag in Schweinfurt läuft
Die meisten Schweinfurter Apotheken bleiben am bundesweiten Protesttag am 14. Juni geschlossen. Was die Gründe sind und wo es im Notfall Medikamente gibt.
Ein Großteil der Schweinfurter Apotheken will sich an einem bundesweiten Protesttag beteiligen. Laut Franz Bossle, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes, haben auch sie mit der hohen Belastung zu kämpfen.
Foto: Anand Anders | Ein Großteil der Schweinfurter Apotheken will sich an einem bundesweiten Protesttag beteiligen. Laut Franz Bossle, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes, haben auch sie mit der hohen Belastung zu kämpfen.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 14.06.2023 02:31 Uhr

Lieferengpässe bei Medikamenten, Personalnot und immer höhere bürokratische Anforderungen – auch nach Corona bleibt die Belastung der Apotheken bundesweit auf hohem Niveau. Ausreichend vergütet werde der Mehraufwand aber nicht, die Probleme der Apotheken würden in Gesetzesvorhaben der Bundesregierung nicht ausreichend berücksichtigt, kritisiert die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) und hat die Apotheken nun zu einem Protesttag aufgerufen.

Am Mittwoch, 14. Juni, sollen bundesweit nahezu alle Apotheken geschlossen bleiben. Auch in Stadt und Landkreis Schweinfurt werde ein Großteil der Apotheken ihren Dienst am Protesttag einstellen; die Bereitschaft, sich dem Protest anzuschließen, sei hoch, sagt Franz Bossle, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes für die Stadt Schweinfurt.

16 der 18 Apotheken im Stadtgebiet hätten ihre Teilnahme bereits angekündigt. Was am Protesttag für Schweinfurt erwartet wird, welche Filialen geöffnet bleiben und was Apotheken in der Region belastet.

Was ist für den Protesttag am 14. Juni in Schweinfurt geplant?

Am 14. Juni bleibt voraussichtlich ein Großteil der Apotheken in der Region ganztägig geschlossen. Laut Bossle sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu aufgerufen, sich um 10 Uhr auf dem Georg-Wichtermann-Platz in der Schweinfurter Innenstadt, nahe dem Rossmarkt, zu versammeln: "Wir rechnen etwa mit 200 bis 300 Menschen."

Dort sei eine Kundgebung geplant. Zudem werde man der Bevölkerung und einigen geladenen Politikerinnen und Politikern für Fragen zu den Forderungen und Problemen der Apotheken zur Verfügung stehen, so Bossle: "Wir wollen unsere Forderungen noch einmal begreiflich machen und aufzeigen, warum wir das hier machen müssen." Denn von der Politik fühle man sich unverstanden. "Wir werden nicht gehört", so Bossle. Die Versammlung soll bis 14 Uhr dauern.

Wo bekomme ich im Notfall am Protesttag Medikamente?

Damit niemand von geschlossenen Türen überrascht wird, weisen viele Apotheken mit Plakaten im Vorfeld auf den Protest hin. Auch mit hiesigen Arztpraxen habe man sich in Verbindung gesetzt. "Da haben wir großen Rückhalt", so Bossle.

Für Notfälle sei die Versorgung über Notdienstapotheken sichergestellt. Im Stadtgebiet wird dies voraussichtlich die Westen-Apotheke in der Luitpoldstraße sein, im Landkreis die Rathaus Apotheke in Euerbach. Planbare Medikationen sollten nach Möglichkeit aber bereits in den Tagen zuvor besorgt werden, rät Bossle.

Vor welchen Problemen stehen die Schweinfurter Apotheken?

Bundesweit klagen Apothekerinnen und Apotheker über immer höhere bürokratische Anforderungen. Hiesigen Apotheken gehe es da nicht anders, meint Bossle, der gemeinsam mit seiner Frau mehrere Apotheken in Stadt und Landkreis Schweinfurt betreibt. "Wir haben ein extremes Wachstum an Bürokratie, das auf uns niederprasselt. Das ist mittlerweile in vielen Berufen der Fall, aber bei uns ist es momentan sehr dramatisch geworden. Und die Arbeitsleistung, die dahintersteht, wird im Normalfall nicht vergütet", sagt er.

Mit Plakaten wie hier in der Hubertus Apotheke in Schweinfurt weisen Apotheken auf den Protesttag am 14. Juni hin. So soll niemand von verschlossenen Türen überrascht werden.
Foto: Anand Anders | Mit Plakaten wie hier in der Hubertus Apotheke in Schweinfurt weisen Apotheken auf den Protesttag am 14. Juni hin. So soll niemand von verschlossenen Türen überrascht werden.

Ein großer Teil des Mehraufwands werde nach wie vor durch Lieferengpässe bei Medikamenten verursacht. Gerade Antibiotikasäfte für Kinder seien bei den Apotheken in der Region weiterhin Mangelware. "Wir telefonieren täglich mindestens eine halbe Stunde mit Kollegen und Arztpraxen, um das Problem zu lösen. Dafür kriegen wir aber keinen Cent mehr", sagt Bossle.

Zudem sei es auch für hiesige Apotheken immer schwieriger, Personal zu finden. Gründe dafür sehe Bossle mitunter in den zum Teil harten Arbeitsbedingungen, wie häufige Notdienste, und einer fehlenden Planungssicherheit: "Deswegen gibt es kaum noch Mitarbeiter, die den Weg in die Selbstständigkeit gehen."

Wie steht es um die Versorgungssicherheit in der Region?

Für die Versorgungssicherheit könne der fehlende Nachwuchs gravierende Folgen haben, warnt der Apotheker: "Aus meiner Sicht sind wir in Bayern gerade noch so an der Grenze der Versorgungssicherheit. Wenn das aber so weiter geht, bleibt in fünf oder zehn Jahren nicht mehr viel davon übrig."

Denn mittlerweile sei das Apothekensterben auch in Schweinfurt zu spüren. "Als ich 1998 angefangen habe, gab es hier noch 27 Apotheken", erinnert sich Bossle. Jetzt seien es noch 18. "In Schweinfurt wird man das jetzt noch nicht so dramatisch merken, vielleicht muss man dann eben 500 Meter weiter zur nächsten Apotheke laufen. Kritisch wird es, wenn im Umfeld von zwei bis drei Kilometern gar keine Apotheke mehr erreichbar ist – gerade für ältere Leute", sagt Bossle.

Vor allem im Landkreis könnte das zum Problem werden. "In den großen Gemeinden gibt es meistens noch eine Apotheke, die alle umliegenden Gemeinden mitversorgt. Wenn eine davon schließen muss, stehen schnell 5000 Leute ohne Apotheke da", prognostiziert Bossle.

Für den Protesttag hofft er auf Verständnis aus der Bevölkerung. "Natürlich wird der ein oder andere schimpfen. Aber man muss es mal so sehen: Dahin könnten wir kommen, wenn jetzt nichts passiert."

 
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Jahrelang haben die Pharmaindustrie und die Apotheken von "günstigen" Medikamenten aus Fernost profitiert und gute Gewinne erzielt . Bei den aktuellen Lieferengpässen und Preissteigerungen verfluchen sie jedoch das System. Dass mehr Medikamente in Europa hergestellt werden müssen ist keine neue Erkenntnis ,sondern war schon vor Corona und dem Ukraine Krieg bekannt.
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