Das Wetter hat heuer noch einen drauf gesetzt: Nachdem die hiesige Landwirtschaft zwei extrem trockene Jahre zu überstehen hatte, die beide - nach dem immerhin sehr ergiebigen Jahr 2017 - mit hohen Ernteverlusten verbunden waren, droht auch das laufende Jahr zu einem sehr schwierigen zu werden, was den Ertrag auf Äckern und Wiesen betrifft. Zu wenig Regen von Januar bis Mai hat dazu geführt, dass weiterhin zu wenig Grundwasser im Boden ist.
Zusätzlich gab es heuer noch ein Ereignis, das auch älteren Landwirten, die so einige Wetterkapriolen schon erlebt haben, Fragezeichen auf die Stirn schreibt: Die Wintergerste ist zu großen Teilen erfroren. "Das ist ein Phänomen", sagt Manfred Kraus, Geschäftsführer des Kreisverbands Schweinfurt im bayerischen Bauernverband. Er sei jetzt 64 Jahre alt und könne sich "an ein solches Ereignis in keinster Weise erinnern".
Flächendeckend hoher Ernteausfall
Vor rund zwei Wochen, als die Main-Post ihn zum Thema Frost und Wintergerste befragt hatte, war das Ausmaß des Schadens noch nicht klar erkennbar, er ging davon aus, dass "viele Landwirte ihre Schäden" noch nicht begutachtet oder gar bemerkt hätten. Aber er nahm damals schon an, dass es kein partielles Problem darstelle (Frostschäden kommen bei Wintergerste in einigen Lagen durchaus vereinzelt vor), sondern dass flächendeckend hohe Ernteausfälle zu befürchten sind.
Diese Annahme sollte sich bestätigen: Auf manchen Feldern im Raum Gerolzhofen sind die Verluste bei nahezu 100 Prozent. Dominik Keller, Landwirt aus Frankenwinheim, hat Wintergerste auf etwa 15 Hektar seiner Flächen angebaut. Auf zehn Hektar beträgt der Verlust seinen Schätzungen zufolge im Schnitt 50 Prozent, etwa fünf Hektar waren gar ein Totalausfall. Diese fünf Hektar hat er frühzeitig abgemäht und die Wintergerste gehäckselt, "da wird Silage draus gemacht", sagt er. Da in dem Getreide keine Frucht ausgebildet wurde, ist es "eigentlich wie Stroh". Seine rund 120 Milchkühe brauchen eiweishaltiges Futter, die gehäckselte Wintergerste alleine würde das nicht liefern, also wird sie hochwertigerem Futter beigemischt.
Schlechtes Timing
Durch Gespräche mit Berufskollegen und aus Beiträgen in landwirtschaftlichen Fachmagazinen hat Keller erfahren, dass die Wintergerste heuer deutschlandweit hohe Ausfälle zu verzeichnen hat. Das als Viehfutter angebaute Getreide wird normalerweise im September oder Oktober gesät und blüht im Mai. Die Pflanze ist laut Keller robust und kältebeständig, aber wenn die relativ kurze Blütezeit (einige wenige Tage) auf eine sehr kalte Frostnacht trifft, kann es zu besagten Schäden kommen. Allerdings passiert das nur äußerst selten. Heuer war das so: Die Eisheiligen Mitte Mai schlugen voll zu, niedrige Temperaturen setzten der Wintergerste flächendeckend zu. Auf einem Feld in der Nähe seines Hofes in Frankenwinheim hat Dominik Keller in einer Nacht bis zu minus sieben Grad Celsius gemessen, eine außergewöhnlich niedrige Temperatur auch für die Eisheiligen.
Für viele Bauern stellte sich nun die Frage: Was tun? Die Wintergerste vorzeitig ernten und häckseln, um noch einmal eine Zwischenfrucht zu säen, oder stehen lassen und hohe Ernteverluste in Kauf nehmen? In Schallfeld etwa haben nur wenige Landwirte die teils erfrorene Wintergerste gehäckselt. Die Schallfelder Bauern erklärten auf Anfrage der Main-Post, dass sie abwägen mussten, weil zum Beispiel bei 50 Prozent Getreidefrostschaden der Düngewert berücksichtigt werden muss. Phosphor und Kali gehen beim Häckseln nämlich verloren, während bei der regulären Getreideernte bis zu 60 Prozent des Düngers, der im Stroh enthalten ist, wieder in den Kreislauf zurückgeführt wird. Der Düngewert beträgt bei der Getreideernte etwa 130 Euro je Hektar. Außerdem sei das Stroh ein guter biologischer Dünger und wichtig zur Humusbildung. Beim Häckseln des Getreides fallen zudem Kosten für Häcksler, Arbeitskraft und Transport an.
Auf einigen der abgeernteten Felder in Schallfeld wurde unmittelbar nach dem Häckseln Mais gesät, der bereits etwa zehn bis 15 Zentimeter gewachsen ist. Auch mit der Saat einer anderen Zwischenfrucht haben manche Bauern etwas Schadensbegrenzung betrieben, so wird vielerorts etwa Klee- oder Weidelgras gesät, welches durch den in den vergangenen Wochen verhältnismäßig üppigen Regen nun ganz gut gedeiht.