
Mit Kritik, da ist sich Baureferent Ralf Brettin ganz sicher, müsse man bei einem Projekt dieser Größenordnung umgehen können. Die Landesgartenschau, die 2026 in Schweinfurt stattfinden soll, steht seit Jahren im Blickpunkt öffentlichen Interesses. Nicht nur die Bürgerbegehren, die die LGS verhindern wollten, sorgten für einen offenen Diskurs zur Sinnhaftigkeit des Großprojektes. Die derzeit prekäre Finanzlage der Stadt spielt den Zweiflern sicher zusätzlich in die Karten. Doch Brettin betont, dass der Stadtrat die Freigabe für eine LGS erteilt habe. "Auch wenn es in der Coronakrise natürlich legitim ist, alles auf den Prüfstand zu stellen."
An diesem Nachmittag begutachtet Baureferent Ralf Brettin mit der für die Projektsteuerung der LGS zuständigen Carola Treiber das Gelände der Ledward-Kasernen. Hier, wo heute noch Bagger fahren, wo es staubt und große Berge voller Schutt in die Luft ragen, soll in sechs Jahren alles blühen und zahlreiche Besucher angelockt werden. "Wir sind gut in der Zeit", sagt Brettin während er einen Blick auf die Carusallee wirft. Der grün strahlende Rasen sowie die angelegten Steinpassagen lassen bereits erahnen, wie es dort im Ausstellungsjahr aussehen könnte. "Die Carusallee hat fast schon LGS-Qualität und wird bereits Ende des Jahres fertig", betont der Baureferent.

Ralf Brettin hat alle Baustellen rund um die Konversions-Areale im Kopf, kennt jedes Gebäude. Der Ehrenhof an der Niederwerrner Straße wird mitsamt den prägnanten Eingangstoren erhalten, die Nutzung der Gebäude ist bis auf zahlreiche Studentenappartements noch offen. Ebenfalls erhalten werden soll die ehemalige Panzerhalle, "die Halle 237", wie sie Brettin nennt. Dort, wo derzeit Fahrzeuge der Feuerwehr abgestellte werden, soll 2026 Platz für Blumen und Gastronomie sein. Anschließend gebe es Überlegungen der FH, die Räumlichkeiten zu nutzen.
Architektenwettbewerb im Oktober
Ansonsten ist auf dem Gelände der LGS weit und breit nichts als Baustelle zu sehen. Während im Osten der neue Campus der Fachhochschule in den Startlöchern steht, wurden hier bislang nur alte Gebäude abgerissen und die Flächen entsiegelt. Etwa zehn Hektar sind für die Landesgartenschau auf dem Gelände der Ledward-Kasernen vorgesehen. Zudem soll sie sich über Teile des Kesslerfields erstrecken. Auf die Frage, wann hier mit ersten sichtbaren Ergebnissen zu rechnen ist, greift Brettin zu einer Termin-Liste.

"Als nächstes steht der Architekten-Wettbewerb an. Erst dieser bringt die Idee oder den Entwurf für die eigentliche Landesgartenschau", sagt Brettin. Wie dieser Entwurf aussehen wird, sei völlig offen. Aber, und das ist dem Baureferent wichtig, die Meinungen und Vorstellungen der Bevölkerung sollen darin maßgeblich enthalten sein. Veranstaltungen wie die "Expertenwerkstatt", bei der sich etwa Vereine, Umweltverbände, Kleingärtner oder auch die Fachhochschule austauschen sollen, hätten eine große Bedeutung für die Aufgabenstellung beim Architektenwettbewerb.

Ebenso soll die "Bürgerwerkstatt" am 18. Juli Einfluss auf die Gestaltung nehmen. Zu der Veranstaltung lädt die Stadt Schweinfurt alle Interessierten ein, um über Anregungen und Ideen aus der Bürgerschaft zu diskutieren. "Schließlich ist die Meinung derer am wichtigsten, die das Gelände letztlich auch nutzen werden", erklärt Brettin.
LGS: Strahlkraft für Schweinfurt
Die daraus resultierende Aufgabenstellung werde, so Brettin, Ende September im Stadtrat behandelt. Der eigentliche Wettbewerb, auch "landschaftsplanerischer und städtebaulicher Realisierungs- und Ideenwettbewerb" genannt, soll dann in der zweiten Oktoberwoche starten. Geplant sei, 20 bis 25 Architekturbüros auszuwählen. Diese hätten bis Ende Januar 2021 Zeit, ihre Entwürfe vorzulegen, ehe ein Preisgericht, bestehend aus Fachleuten, das beste Projekt auswählt. "Laut unseres aktuellen Fahrplans haben wir dann Anfang März den eigentlichen Entwurf für die Landesgartenschau."

Läuft bis 2026 alles nach Plan, "haben wir dann einen unvergesslichen Sommer", sagt Brettin. Allerdings betont er, dass das "Danach" noch wichtiger als die eigentliche Ausstellung sei. Der Nachhaltigkeitsgedanke stehe stets im Vordergrund. Damit versucht der Baureferent gerade den Kritikern die Zweifel zu nehmen. Denn die entstehenden Grünflächen würden in Zeiten des Klimawandels eine enormen Stellenwert einnehmen. Zudem würden diese als öffentlicher Raum zur Entspannung, zur sportlichen Betätigung und zum sozialen Austausch dienen.
"Es wäre schön, wenn die LGS zu einem Bürgerprojekt wird"
Gerade für Studenten biete das Gelände die perfekten Voraussetzungen, "um mal den Kopf frei zu bekommen oder mal die Seele baumeln zu lassen", so Brettin. Zudem könne die Landesgartenschau auch zahlreiche Touristen anlocken und eine besondere Strahlkraft für Schweinfurt entwickeln. "Es wäre schön, wenn die LGS zu einem Bürgerprojekt wird und die Menschen letztlich stolz darauf sind." Bedenkenträgern, die sich vor allem über die Kosten sorgten, entgegnet Brettin mit zwei Argumenten. Zum einen werde die Landesgartenschau finanziell aus Landes- und EU-Mitteln gefördert, zum anderen schaffe die LGS etwas, "das bleibt" und das die Stadt längerfristig für den Klimawandel fit machen könne.
Eine Oase für die vielen neuen FH-Studenten, aber auch etwa die Bürger am Schelmsrasen und im Musikerviertel könnte die LGS werden. Und ein Projekt von nationaler Bedeutung, mit vier Millionen Euro gefördert vom Programm "Nationale Projekte des Städtebaus" durch das Bundesinnenministerium. Ralf Brettin steht neben einem Bagger. Hinter ihm stand zuletzt das Ankerzentrum für Flüchtlinge, vormals Erstaufnahmeeinrichtung. Heute ist davon nichts mehr übrig. "Blickt man zurück, so ist das Gelände auch ein geschichtsträchtiger Ort." Er ist zuversichtlich, dass dieser auch eine besondere vor sich Zukunft hat.