Der Vergleich ist abgedroschen, aber angesichts des derzeitigen Wetters angebracht: Die Gewerbesteuer für die Stadt Schweinfurt schmilzt angesichts der Coronakrise wie Eis in der herrlichen Sommersonne. Das Problem: Wenn das Eis weg ist, kann man sich nicht einfach ein Neues kaufen. Denn die Stadt hat dafür kein Geld. Für Finanzreferentin Anna Barbara Keck gibt es nur ein Adjektiv, um die Lage zu beschreiben: "Es ist dramatisch."
Die Finanzverwaltung warnte schon früh zu Beginn der Ausgangsbeschränkungen Mitte März vor den finanziellen Auswirkungen für den städtischen Haushalt. Schnell war angesichts der Firmenschließungen klar, dass der Stadt Millionen Euro im Haushalt fehlen werden. Doch dass es so schlimm wird, wie sich nun abzeichnet und das Ende der Talsohle bei weitem nicht erreicht ist, hätte vor acht Wochen niemand prognostizieren können. Keck erließ eine Haushaltssperre, alle Abteilungen müssen ein Drittel ihrer Ausgaben wo möglich im laufenden Haushalt kürzen.
Die Hiobsbotschaften in Sachen Gewerbesteuer haben auch zur Folge, dass wirklich alle Projekte der Stadtentwicklung von der Landesgartenschau 2026 über den Bau des Kulturforums bis zur Sanierung des Theaters auf dem Prüfstand stehen: Kann man es sich leisten? Muss man es sich leisten und wenn ja, in welcher Form und wann? Im Moment ist klar, dass nur solche Ausgaben für Projekte genehmigt werden, die unabdingbar sind oder deren Nicht-Durchführung rechtliche Konsequenzen für die Stadt hätte. "Wir sind eine der Kommunen, die massiv von der Coronakrise beeinträchtigt ist", so Keck im Hauptausschuss.
Im Grund geht es vor allem darum, die Stadt mit ihren rund 1000 Mitarbeitern liquide zu halten, auch deswegen gab es die strikte Haushaltssperre, "damit wir noch Handlungsfähigkeit haben", so Keck. Natürlich kann eine Kommune per Gesetz nicht pleite gehen und das wird sicher auch in Schweinfurt nicht passieren. Keck verdeutlichte aber, dass die bisher stattliche Rücklage der Kommune aus glänzenden Vor-Corona-Jahren mit 103 Millionen Euro alleine in diesem Jahr um 55 Millionen Euro sinken könnte, wenn es keine staatliche Hilfe gibt.
Das Problem ist, dass die Rücklage auch dafür eingesetzt hätte werden sollen, die vielen Projekte der nächsten zehn Jahre umzusetzen. "Es ist noch nie dagewesen, dass wir innerhalb eines Jahres die Rücklagen halbieren", beschreibt die Finanzreferentin den Ernst der Lage.
Bei welchem Niveau der Gewerbesteuer die Stadt am Ende des Jahres tatsächlich landet – geplant waren 60 Millionen Euro Einnahmen – ist fraglich. Die Finanzreferentin hofft, dass es sich bei 25 Millionen Euro einpendelt. Vier der wichtigsten fünf Gewerbesteuerzahler können dieses Jahr gar keine Gewerbesteuer zahlen, auch von zahlreichen mittelständischen Firmen liegen Stundungsanträge vor. In ihrer Prognose für die nächsten Jahre geht Anna Barbara Keck davon aus, dass bis 2023 noch einmal mehr als 70 Millionen Euro Gewerbesteuer weniger als geplant zu erwarten sind.
Ihre Schlussfolgerung ist klar und wird auch von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) geteilt: "Ohne ein Konjunkturpaket für Kommunen geht es nicht", erklärt Anna Barbara Keck. Dabei müsse auf die besondere Situation in Schweinfurt Rücksicht genommen werden und es dürfe nicht nur den im Moment geplanten pauschalierten Ersatz der Gewerbesteuer geben. Die vom Bund angekündigte Erhöhung der Beteiligung an den Mietkosten für Hartz-IV-Empfänger bringt der Stadt wohl gut drei Millionen Euro mehr.
Um für Schweinfurt zu retten, was zu retten ist, wird auch hinter den Kulissen politische Lobbyarbeit bei der CSU geleistet. Oberbürgermeister Sebastian Remelé schrieb bereits an den bayerischen Finanzminister. CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk wandte sich bereits Anfang Juni in einem dreiseitigen Brief an Ministerpräsident Markus Söder, den er seit vielen Jahren persönlich kennt.
Stefan Funk appelliert an Ministerpräsident Markus Söder
Funk begrüßt in dem Schreiben ausdrücklich das geplante Konjunkturpaket von Bund und Ländern für die Kommunen, verweist aber auch auf die besondere Lage der Stadt. "Schweinfurt ist von den Ausfällen der Gewerbesteuer überdurchschnittlich betroffen", schreibt Funk und erläutert, dass der Anteil der Sozialausgaben an den Gesamtausgaben des Haushaltes kontinuierlich ansteigt. "Die Stadt", so Funk in seinem Brief, "ist trotz der im Konjunkturpaket beschlossenen Hilfen für Kommunen auf Unterstützung angewiesen."
"Schweinfurt möchte die aktuelle Situation aktiv und mutig als Chance nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern eine Zukunftsperspektive zu geben", betont Stefan Funk und bittet nicht nur um spezielle Hilfe für Schweinfurt, sondern auch um einen Besuch Markus Söders. Funk wirbt in seinem Brief mit Schweinfurt als Standort für die geplante Behördenverlagerung von 300 Arbeitsplätzen aus dem Finanzamt München sowie den zügigen Ausbau der Fachhochschule in der Ledward-Kaserne, insbesondere den Robotik-Studiengang sowie die i-Factory.
Für die Ausrichtung der Landesgartenschau 2026 verweist Funk nicht nur auf das geplante urbane Modell, sondern bittet den Ministerpräsidenten auch um mehr als die in Aussicht gestellte Förderung von fünf Millionen Euro. "Die LGS steht ohne weitere finanzielle Hilfen eventuell auf dem Prüfstand", so Funk.
Denn 800 000 Beschäftigten in der Autoindustrie und Zulieferer, die im Einkommen eh schon am oberen Ende der Einkommenskala stehen mit Einer Förderung der Verbrenner Pkw unter die Arme zu greifen wäre der größte Hohn gewesen. Gerade die Autoindustrie, jammern rum wegen Gewinneinbruch,hat uns betrogen (Dieselskandal) .
Denken Sie mal an die vielen Kleinselbständige die wegen Corona um ihre Existenz kämpfen. Die Mataller sind in Kurzarbeit, die Kohle fließt doch. Ein Selbsständiger hat gar nix ausser der Soforthilfe gehabt.