Es war eigentlich nur eine Formalie, die der Ferienausschuss am Montag beschließen sollte: Ein Feld- und Waldweg im Stadtteil Rügshofen, der sich auf dem im Herbst von der Firma Schäflein erworbenen Grundstück befindet, sollte eingezogen werden, weil er "jede Verkehrsbedeutung verloren hat". So stand es im Beschlussvorschlag. Nach einer ausgiebigen Diskussion, in der mehrere Stadträte Bedenken vorbrachten, wurde eine Entscheidung verschoben.
Der asphaltierte Weg befindet sich auf jenem Grundstück im Gewerbegebiet An der Mönchstockheimer Straße, auf dem Schäflein ein Lager- und Logistikzentrum errichtet. Kürzlich hatte der Stadtrat die Änderungen am Bebauungsplan verabschiedet, woraufhin erste Erdarbeiten auf dem rund 38.000 Quadratmeter großen Areal begonnen haben. Seitdem sind dort nicht nur reichlich Baumaschinen zugegen, sondern es wurde auch ein Bauzaun rings um das Gelände aufgestellt.
Der etwa mittig durchführende Weg, der vor allem als Zufahrt zu den beiden Aussiedlerhöfen Lindenhof und Rosenhof genutzt wird, ist seit dem 28. Juli für den Verkehr gesperrt. Eine neue, ebenfalls asphaltierte Straße, die um das Grundstück führt, soll erst im Laufe des nächsten Jahres gebaut werden.
Stadtrat Norbert Finster (SPD) hatte vor der Abstimmung seine Bedenken angemeldet. Er bedauere, dass man vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Die Bauarbeiten seien schon in vollem Gange. Ein Nein in der Sitzung würde die Baupläne gefährden. Günter Iff von der Fraktion der Freien Wähler sah darin kein Problem. Es gebe zudem eine Ersatzzufahrt zu den Aussiedlerhöfen. Iff verwies auf den mittlerweile vergrößerten Kreuzungsbereich, sodass Lastwagen und landwirtschaftliche Gefährte dort besser ausholen könnten, um zum Rosenhof zu gelangen.
Hauck: Ersatzzufahrt zu den Aussiedlerhöfen ist nicht ausreichend
Thomas Vizl von Geo-net vertrat dagegen die Auffassung seines Kollegen Finster. Sein Hauptgrund für die Ablehnung: Bei schlechtem Wetter droht Gefahr, dass große Lkw die beiden Höfe nicht mehr anfahren könnten. Die bisherige Zufahrt sei existenziell wichtig, das hat Vizl aus einem Gespräch mit dem Rosenhof-Eigentümer erfahren. Seine Fraktion sehe sich aktuell nicht imstande, der Entwidmung zuzustimmen, auch wenn man das Schäflein-Projekt grundsätzlich befürworte.
Hubert Hauck, der den Rosenhof in zweiter Generation führt und als Zuhörer die Sitzung verfolgte, bestätigte auf Anfrage dieser Redaktion die von Vizl vorgetragenen Befürchtungen: "Für mich ist es Existenz gefährdend ", klagte er. Dass der zu entwidmende Weg keinerlei Bedeutung mehr hat, stimme einfach nicht, so Hauck. Den lediglich geschotterten, nicht asphaltierten Ersatzweg hält er für nicht ausreichend. Insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten könne er aufgrund von Regenfällen aufweichen und sei dann unpassierbar für den Schwerlastverkehr.
7000 Liter Milch könnten schlimmstenfalls nicht abgeholt werden
Die Folgen wären dramatisch für den landwirtschaftlichen Betrieb: In diesen Fällen käme die Milch seiner 150 Kühe nicht vom Hof. Alle zwei Tage werden laut Hauck über 7000 Liter Milch von einem großen Transporter abgeholt. Regelmäßig werden am Rosenhof Futtermittel per Lkw angeliefert und Gülle per Anhänger abtransportiert. Das alles wäre nicht möglich, wenn die Ersatzzufahrt nicht befahrbar sei, betonte der Landwirt.
Den Erdweg mit seiner Schotterschicht hält er für den Schwerlastverkehr für nicht ausreichend und fordert deshalb die Stadt auf, das Teilstück auf einer Länge von rund 250 Metern zu asphaltieren. "Im Moment reicht es jedenfalls nicht." Er fragt rhetorisch: "Wie würden Stadträte, die ein Unternehmen führen, reagieren, wenn ihnen die Straße ohne entsprechenden Ersatz weggenommen wird?"
Möglicherweise auch Auswirkungen auf den Kaufvertrag mit Schäflein?
Im Ferienausschuss kam die Frage auf, inwieweit ein Entwidmungsbeschluss rechtskräftig wäre und möglicherweise auch negative Auswirkungen auf den Kaufvertrag mit Schäflein hätte. Thomas Vizl sprach diese Thematik an und erinnerte an den Flurbereinigungsvertrag von 1969, der zwischen Rügshofen, Gerolzhofen und Alitzheim geschlossen wurde.
"Begehen wir einen Rechtsbruch und können wir das überhaupt beschließen", fragte er in die Runde und forderte zunächst eine rechtliche Klärung der offenen Fragen. Aus seiner Sicht wäre der richtige Weg gewesen, im Vorfeld mit den Eigentümern der Aussiedlerhöfe zu sprechen. Sein Fazit: "Es wirft kein gutes Licht auf die Stadt Gerolzhofen."
Das Gremium beriet sich danach nichtöffentlich für längere Zeit, bevor es das Thema einstimmig von der Tagesordnung nahm. Nach der Unterbrechung der öffentlichen Sitzung teilte Zweiter Bürgermeister Erich Servatius (SPD) mit, dass die Stadt zunächst noch Gespräche mit den Betroffenen führen werde. Die Einziehung des teilgesperrten Weges soll nun in der nächsten Ferienausschuss-Sitzung am kommenden Montag zur Abstimmung kommen.
Stadt hofft immer noch auf gütliche Einigung nach einstweiliger Verfügung
Auf Nachfrage unserer Redaktion am Donnerstag berichtete Servatius, dass der Austausch mit dem Rosenhof-Eigentümer zwischenzeitlich stattgefunden habe. Man sei bestrebt, eine Lösung zu finden. Ob der Ersatzweg asphaltiert wird, sei noch offen. Er hoffe auf eine gütliche Einigung, nachdem der Landwirt eine einstweilige Verfügung beantragt habe.
Hubert Hauck bestätigte daraufhin, dass er zusammen mit dem Lindenhof gerichtliche Schritte eingeleitet habe, um einen Weg zu bekommen, der nicht schlechter sei als der Bestandsweg. Sein Fazit zum Gespräch mit dem Zweiten Bürgermeister: "Herr Servatius hat offensichtlich die Absicht die Situation zu entspannen. Als Urlaubsvertretung des 1. Bürgermeisters kann es ihm jedoch nicht gelingen ein Problem zu lösen, das über Monate durch die Ignoranz der Verwaltung entstanden ist."
Bald Überholverbot und Warnschilder auf der Staatsstraße im Bereich der Aussiedlerhöfe
Aufgrund der Sperrung des Weges durch das Schäflein-Grundstück hat das Landratsamt Schweinfurt an der benachbarten Staatsstraße jetzt mehrere Maßnahmen angeordnet, um die Verkehrssicherheit insbesondere an der neuen Ersatzzufahrt zu den Aussiedlerhöfen zu erhöhen. Dies betrifft den Bereich der Einmündung, für den die Stadt Gerolzhofen Ende Juli einen Antrag gestellt hatte. Das teilte die Behörde auf Nachfrage mit.
Demnach werden aus beiden Fahrtrichtungen Beschilderungen mit dem Hinweis auf Linksabbieger beziehungsweise auf die Ausfahrt aufgestellt. Außerdem wird in Fahrtrichtung Mönchstockheim, also im Bereich der Linksabbieger, ein Überholverbot angeordnet. Die Schilder sind bereits bestellt.
geo-net hat das Schäflein-Projekt grundsätzlich nicht befürwortet, aber im Rahmen des Verfahrens versucht negative Auswirkungen zu reduzieren.