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Gerolzhofen
Weiterer Logistik-Standort in Gerolzhofen: Stadtrat macht nach kontroverser Debatte rechtlich den Weg frei
Das Unternehmen Schäflein plant eine fast 24.000 Quadratmeter große  Lager- und Logistikhalle. Der Stadtrat schwankte zwischen Beifall und dem Vorwurf unnötigen Flächenverbrauchs.
Im Industriegebiet 'An der Mönchstockheimer Straße' in Gerolzhofen möchte das Unternehmen Schäflein AG einen Lager- und Logistik-Standort errichten. Das Unternehmen hat hierzu das Areal rechterhand der Straße gekauft.
Foto: Michael Mößlein | Im Industriegebiet "An der Mönchstockheimer Straße" in Gerolzhofen möchte das Unternehmen Schäflein AG einen Lager- und Logistik-Standort errichten. Das Unternehmen hat hierzu das Areal rechterhand der Straße gekauft.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:15 Uhr

Anfang Oktober hat das Logistik-Unternehmen Schäflein AG aus Röthlein seinen Plan öffentlich gemacht, im Industriegebiet "An der Mönchstockheimer Straße" in Gerolzhofen bis Ende kommenden Jahres ein großes Lager- und Logistik-Gebäude zu errichten. Den dafür notwendigen Grund hatte das Unternehmen da bereits gekauft.

Und weil die Baupläne für die vorgesehene 228 Meter lange, 103 Meter breite und gut zwölf Meter hohe Halle dem gültigen Bebauungsplan weitgehend entsprechen, war das Projekt fast schon in trockenen Tüchern, bevor sich der Gerolzhöfer Stadtrat am Montagabend erstmals öffentlich damit befasst hat. Fast wie zu erwarten, kam es dort dennoch zu einer kontroversen Debatte. Diese kreiste weniger um das konkrete Bauvorhaben als um Grundsatzfragen, wie die Stadt mit großen Gewerbeansiedlungen umgehen soll.

Gegen das eingangs von Achim Schäflein, dem Vorstandsvorsitzenden der Schäflein AG, vorgestellte Bauprojekt erhob letztlich kein Ratsmitglied offen das Wort. Denn anders, als man es sich beim Stichwort "Logistik" oft vorstellt, gehe es beim Standort in Gerolzhofen "nicht nur um Stapler und Lastwagen", versicherte Schäflein.

Vielmehr würde dort ein Industrie- und Dienstleistungszentrum entstehen, in dem beispielsweise vorgefertigte Bauteile zusammengestellt und Waren im Kundenauftrag gepackt werden. Angedacht sei auch ein Testzentrum für Industrieroboter sowie ein Angebot zur Ansiedlung von Unternehmensgründungen (Startups). 175 neue Arbeitsplätze sollen anfangs vor Ort entstehen, zudem Ausbildungsplätze.

Plädoyer für mehr Steuereinnahmen

Dies fand breite Zustimmung im Stadtrat. Arnulf Koch (CSU) sah den Bedarf, in der Stadt große Unternehmen als "maßgebliche Steuerzahler" anzusiedeln, um die Pflichtausgaben der Stadt sowie die vom Stadtrat befürworteten freiwilligen "Subventionen" von Einrichtungen bezahlen zu können. Dieses Geld "muss irgendwo herkommen", machte Koch deutlich.

Günter Iff (Freie Wähler) sah die Balance weiter gewahrt, Gerolzhofen als Wirtschaftsstandort und "lebenswerte Stadt" weiterzuentwickeln. Innovative Berufe seien hierzu wichtig. Und er erfuhr von Schäflein, dass alle vorgesehenen Arbeitsplätze sozialversicherungspflichtig seien. Etwa zehn Prozent der Beschäftigten im Unternehmen hätten einen Hochschulabschluss, erklärte der Firmenchef auf Nachfrage von Norbert Finster (SPD). Für dessen Fraktion begrüßte Erich Servatius das Vorhaben mit Verweis auf die entstehenden Arbeitsplätze und die Steuereinnahmen.

Führt der zusätzliche Schwerlastverkehr zum Kollaps?

Doch es gab auch Einwände. Für Thomas Vizl (Geo-net) fällt neben der möglichen zusätzlichen Lärmentwicklung am Standort vor allem eines ins Gewicht: der zusätzliche Schwerlastverkehr. Laut Schäflein werden pro Tag 30 Laster den Standort an- und von dort abfahren, also 60 Bewegungen verursachen. Vizl sieht vor allem die Rügshöfer Straße ("dort gibt es keinen durchgehenden Radweg") bereits jetzt überlastet. Zudem verändere der große Bau das Erscheinungsbild am Stadteingang wesentlich.

Darauf verwies auch Burkhard Wächter (CSU), der davon sprach, dass der Schäflein-Bau das gerade im Bau befindliche, nicht weit entfernte Norma-Logistik-Zentrum nochmals deutlich überragen werde, weil der Baugrund hier 14 Meter über dem dortigen Bodenniveau liege. Zudem kritisierte Wächter die "extrem starke Versiegelung" des Geländes, warnte vor möglichen Problemen bei der Ableitung des Oberflächenwassers und bezeichnete den vorgesehenen Anfahrtsweg mit einer Fahrbahnbreite von achteinhalb Metern als zu schmal, wenn dort am Rand womöglich Laster parkten und landwirtschaftliche Fahrzeuge passieren wollten.

Dem widersprach Frank Braun von der Planungsschmiede Braun (Würzburg), der den Bebauungsplan überarbeitet hat. Laut ihm sind alle Fahrwege ausreichend dimensioniert. Und auch die Frage der Entwässerung werde in einem eigenen Verfahren noch zuverlässig geklärt.

Bürgermeister Wozniak: Stadt entwickelt sich nach Plan

Die Stadt habe eine ihrer letzten großen Gewerbeflächen hergegeben, bemängelte Benedikt Friedrich (CSU). Statt diese einem Unternehmen zu verkaufen, hätte man besser Grundstücke zurückhalten sollen für einheimische Betriebe, die sich erweitern wollten. Ein solcher Bedarf sei aktuell nicht vorhanden, entgegnete Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU).

Er unterstrich nicht nur, dass das Bauvorhaben auch ohne eine Änderung des vorhandenen Bebauungsplans zulässig sei, sondern erinnerte auch an Aussagen übergeordneter Behörden, wonach Gerolzhofen zunächst vorhandene, zur Bebauung vorgesehene Flächen entwickeln müsste, bevor neue Bereiche zur Bebauung ausgewiesen werden könnten. Laut Wozniak verfolge die Stadt konsequent ihren Plan, am südlichen Stadtrand (Baugebiete am Nützelbach) Wohnraum zu schaffen und im Norden Gewerbeflächen vorzuhalten.

Auf Vorschlag von Vizl bekräftigte der Stadtrat einstimmig den Wunsch, in künftigen Bebauungsplänen für Gewerbe- und Industriebetriebe die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf dem Dach zur Pflicht zu machen. Für den Bebauungsplan "An der Mönchstockheimer Straße" soll dies noch eingearbeitet werden. Die geplante Logistik-Halle von Schäflein ist ohnehin bereits mit einer Photovoltaikanlage geplant und soll allen dort benötigten Strom klimaneutral herstellen.

Aus mehreren kleinen Parzellen entsteht eine große

Dann stand die Abstimmung über den geänderten Bebauungsplan für den nördlichen Abschnitt des Industriegebietes an. Die Änderungen betreffen letztlich Details, etwa eine Verlegung der Straßen- und Wegetrassen sowie eine Änderung der Baugrenzen, da für den künftigen Logistik-Standort ursprünglich acht geplante Parzellen zu einer großen zusammengefasst werden. Die Bebauungsplanänderungen wurden mit 11:6 Stimmen genehmigt. Dagegen votierten Wächter, Friedrich (beide CSU) sowie die vierköpfige Fraktion von Geo-net.

Dasselbe Abstimmungsergebnis kam auch beim Bauantrag der Schäflein AG zustande. Das Projekt sieht eine bebaute Grundfläche von knapp 23.800 Quadratmetern vor (zum Vergleich: Norma-Logistik wird eine Gebäudegrundfläche von gut 36.700 Quadratmetern haben). Davon entfallen auf Büro- und Sozialräume gut 1400 Quadratmeter.

Einer möglichen Erweiterung mit weiteren knapp 500 Quadratmetern wurde ebenfalls zugestimmt. Zudem sollen 73 Auto- und sechs Lastwagen-Stellplätze entstehen. Die Betriebszeit beträgt laut dem Unternehmen 24 Stunden an Werktagen, an Sonn- und Feiertagen ruht der Betrieb. Die Hauptanfahrtszeit liegt zwischen 6 und 22 Uhr.

Auf Nachfrage von Vizl erklärte Johannes Lang als Vertreter der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen, dass die aus Brandschutzgründen vorgeschriebenen Aufstellflächen für Feuerwehrzeuge und die Umfahrung der Logistikhalle nicht auf öffentlichem Grund, sondern auf dem Areal des Unternehmens liegen müssen. Wie aus den vorliegenden Plänen ersichtlich, könnte es deshalb nötig werden, dass das Unternehmen nachträglich kleine Flächen von der Stadt erwirbt.

 
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  • F. R.
    Wenn die Ausbreitung von Logistik im Raum Schwebh.-Röthlein-GEO so weiter geht, wie in einem(!) Jahr (Norma/Schäflein) kann man sich die Zukunft auch ohne Phantasie vorstellen. Wenn GEO-Nord voll ist kommt Kolitzheim und die B 286 wird beiderseits zw. Schwebheim & GEO industrialisiert - was landesplanerisch besser ist, als Streuung.

    Man sollte deshalb jetzt agieren statt später nur noch schlecht reagieren. Der dreispurige Ausbau-Pfusch der B 286 sollte gestoppt werden und wo die Brücken für den vierspurigen Ausbau vorgesehen sind, zw. Schwebheim & GEO-Nord, diesen JETZT vollziehen.

    Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Nord-Süd-Achse A 71-B 286
    >Oerlenbach (Amazon etc.)
    >Oberes Werntal
    >Conn Barracks
    >SW-Hafen
    >Schwebheim/Röthlein
    >GEO-Nord
    ein (nahezu) durchgängiges Industrieband von 30 km Länge ist.

    Wenn die Losangelisierung des Schweinfurter Beckens nicht mehr aufzuhalten ist, sollte man in Flucht nach vorne auch die Highways bauen & die Steigerwaldbahn reaktivieren.
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  • F. R.
    PS: Jetzt muss ein Masterplan her, statt kommun. Stückwerk

    Die B 286 sollte unter Beibehaltung v. GEO-Nord eine weitere AS zw. den beiden Industriegebieten erhalten.

    Jetzt zeigt sich die Notwendigkeit der Steigerwaldbahn:
    >für Güter/Spezial-/Schwertransporte
    >hohen Spritpreise & existenzieller Nöte für Pendler.
    Übernacht können Gebiete ohne Bahn abgehängt werden, auch trotz oder gerade wg. E-Mobilität (explodierende Strompreise, wirtschaftl./energiepolitische Unwägbarkeiten, Probleme Auto-Industrie/Mangel an Komponenten, etc.). Regionen ohne Bahn befinden sich auf dünnen Eis!

    Neben GEO-Bf. könnten S-Bahn-ähnlich neue Stationen entstehen:
    >GEO-Nord (2 Ind. Geb.)
    >Gochsheim-Nord (IG Nord-West)
    >Hafen-Ost (GG & IG)
    >Hbf (Großindustrie)
    ...die Steigerwaldbahn könnte rückw. weiter fahren über:
    >SW-Mitte (viele Behörden-Jobs)
    >SW-Stadt (dto. & Leo)

    Mit 49-Euro-Ticket bekäme die Steigerwaldbahn eine völlig neue Perspektive. Die Mainbrücken würden entlastet, das Neubau-Chaos entschärft
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  • M. S.
    Die großflächige Stadtverschandelung schreitet also weiter mit dem Segen der Politik munter voran.
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